09-30-P1-30A / 09-30-P2-33A / 09-30-PS-22S | Cannibal Metaphysics: For a Post-structural Anthropology 'Kannibalische Metaphysiken' ist der Versuch des brasilianischen Anthropologen Eduardo Viveiros de Castro, die Welt der indigenen Gruppen Südamerikas der westlichen (…) 'Kannibalische Metaphysiken' ist der Versuch des brasilianischen Anthropologen Eduardo Viveiros de Castro, die Welt der indigenen Gruppen Südamerikas der westlichen Philosophie gegenüberzustellen. Diese Metaphysiken sind kannibalisch, nicht nur, weil sie von Kannibalen stammen, sondern auch, weil ihr Verhältnis zur westlichen Metaphysik ein kannibalisches ist: sie fressen westliche Philosophen auf, um selber Philosophie zu werden. 'Werden', das bezeichnet hier im deleuzeschen Sinn einen Prozess, der in der Differenz zwischen zwei Polen wirkt (hier: westlicher und indigener Metaphysik), und sich damit der Identifikation sowohl mit dem einen wie dem anderen verwehrt. Weder ganz 'kannibalisches Cogito', noch ganz europäische Philosophie, sollen die kannibalischen Metaphysiken zwischen zwei Denkformen stehen, die als 'radikal verschieden' vorgestellt werden, um eine Möglichkeit abzustecken, sie auf eine Stufe zu stellen, ohne die eine zur anderen zu machen: Kannibalen denken, indem man philosophisch frisst, und (metaphysisch) Philosophen fressen, indem man kannibalisch denkt. Diese Äquivokation zwischen Philosophie und Kannibalismus stellt also beide als Denkformen vor, um ein nicht zuletzt politisches Ziel zu erreichen: dem aus der Philosophie und der Anthropologie traditionell ausgeschlossenen indigenen Denken zu vollem Recht zu verhelfen, ohne es als bloß eine weitere Form von Philosophie ihr gleichzumachen - und damit möglicherweise auch unserer Denkform zu einer Revolution verhelfen, die sich nicht auf Denken beschränkt. Im Seminar werden wir versuchen, uns diesem Denken/Fressen der Differenz zwischen philosophischem und kannibalischem Cogito anzunähern. Dafür werden wir neben Viveiros de Castros Buch ausgewählte Texte der amazonischen Anthropologie und europäischen Philosophie lesen, die uns als empirische und philosophische Grundlagen zum Verständnis der 'kannibalischen Metaphysiken' dienen werden.
Literatur: Zuerst erschienen auf Französisch als: Viveiros de Castro, Eduardo: (Übers. Oiara Bonilla) Métaphysiques Cannibales. Lignes d'anthropologie post-structurale, Paris: Presses Universitaires de France, 2009 Deutsche Ausgabe: Viveiros de Castro, Eduardo: (Übers. Theresa Mentrup) Kannibalische Metaphysiken. Elemente einer post-strukturalen Anthropologie, Leipzig: Merve Verlag, 2019.+ You can find course dates and further information in Stud.IP. | Eike Kroner Niklas Hartmann |
09-M52-04-27 | Philosophical and ethical aspects of digitalisation Die Digitalisierung bringt eine Vielzahl von ethischen Herausforderungen und philosophischen Fragen mit sich, die neuerdings durch das in der Philosophie schon länger (…) Die Digitalisierung bringt eine Vielzahl von ethischen Herausforderungen und philosophischen Fragen mit sich, die neuerdings durch das in der Philosophie schon länger diskutierte Thema der Künstlichen Intelligenz noch einmal neue und verstärkte Aufmerksamkeit erhalten. Die Vielfalt der mit Blick auf Digitalisierung diskutierten philosophischen Themen – zum Beispiel Autonomie, Privatsphäre, Freiheit, Wahrheit, Täuschung, Manipulation, Bildung, Demokratie, Gerechtigkeit, Kontrolle, Wohlergehen, Selbstbilder und Menschenwürde – zeigt die Breite und Reichweite ihrer Auswirkungen an. In diesem Seminar werden wir mithilfe von Theorien der (Angewandten) Ethik und technikphilosophischen Konzepten an einigen ausgewählten beispielhaften Themen der Digitalisierung, darunter auch KI, philosophische Betrachtungsweisen und Bewertungen erarbeiten und untersuchen. Dazu lesen und diskutieren wir wichtige und zentrale Aufsätze (deutsch und englisch) zur Philosophie und Ethik der Digitalisierung.
Literatur zur Einführung (optional): Floridi, Luigi: Die 4. Revolution, Suhrkamp Ramge, Thomas: Mensch und Maschine, Reclam You can find course dates and further information in Stud.IP. | Björn Haferkamp, M.A. |
09-30-P2-32A / 09-30-T1-47A | "Ich bin. Aber habe mich noch nicht. Darum werden wir erst noch“ verkündet der bloch`sche Dreisatz einer gelebten Utopie (Bloch1996, Tübinger Einleitungen, S. 217, (…) "Ich bin. Aber habe mich noch nicht. Darum werden wir erst noch“ verkündet der bloch`sche Dreisatz einer gelebten Utopie (Bloch1996, Tübinger Einleitungen, S. 217, Suhrkamp). Mit Ernst Bloch sind Utopien keine bloßen und unerreichbaren Idealvorstellungen. Sondern sie sind uns wesentlich und etwas Wirkliches. Sie beschreiben eine Realität in unserem Denken und liegen unserem Sein prinzipiell als Ontologie-des-noch-nicht-seins zugrunde. Weder die Angst noch die Sorge oder der Schrecken treibe die Menschwerdung voran. Es sei das Prinzip der Hoffnung, worin unser eigentliche Goldgrund einer humaneren Gesellschaft liege. Utopien schweben in uns zwischen einem Tendenz-Latenz-Verhältnis und wenn sie sich zum real-Möglichen ausrichten, erblühen sie. Die Entfaltung von Utopien können also gelernt und einverleibt werden. Mit Bloch lernen wir einen Denker des Aufbruchs, des Widerstandes, des antizipierenden Bewusstseins, der marxistischen und hegelianischen Philosophie kennen. Mitunter begegnen wir in ihm dem wohl einzigen expressionistischen Prosaautoren.
Literatur: Anhand von ausgewählten Textauszügen und Aufsätzen, werden wir uns dem bloch`schen Ansatz über Utopien nähern. You can find course dates and further information in Stud.IP. | Anna-Lena Cohrs |