Dabei wird die Verbindung sprachlich-kommunikativer, sozial-kultureller und kognitiv-psychologischer Prozesse der anthropologischen Welterschließung am Beispiel der Mythologisierung von Naturgewalten und der diskursiven Naturalisierung übernatürlicher Kräfte in unterschiedlichen geographisch-kulturellen Kontexten exemplifiziert. In allgemeinverständlicher Sprache, aber mit deutlich erkennbaren Bezügen zu semiotischen, soziolinguistischen, kultursemiotischen und kognitivistischen Theoriebildungen, beginnt Peters seine Vorlesung über "Menschen, die ihre Umwelt beobachten, ihren Beobachtungen einen Sinn geben, Sprache finden, ihre Erfahrungen zu beschreiben und Menschen, die die Sprache ihrer Mitmenschen beobachten, um deren Weltsicht nachzuvollziehen“ in der Rolle des vortragenden Linguisten, „der dem Publikum von diesen Zusammenhängen erzählt“.
Im Folgenden werden verschiedene wissenschaftsgeschichtliche Lesarten von Kultur (als Kunst, Weltwissen, Kommunikation, soziale Praktiken und Teilhabesysteme) und Kognition (als mentale Wahrnehmungs-, Kategorisierungs- und Sinnbildungsprozesse, als Konzeptualisierungen und sozial geteilte emergente Wissensbestände) miteinander in Bezug gesetzt. Die Universalität kulturspezifischer Phänomene der soziokognitiven Verarbeitung von Alltags- und Umwelterfahrungen erörtert der Vortrag am Beispiel von drei Kulturphänomenen aus der südafrikanischen, germanisch-keltischen und grönländischen kulturellen Kognition: anhand des südafrikanischen Wassergeists Tokoloshi in seiner mythologischen Tradition und diskursiven Gegenwart, anhand der nordischen Konzeptverschmelzung aus Frau und Seehund in der Figur des Selkie bzw. der Kópakona(n) und anhand des aus verschiedenen Körpern zusammengefügten Wesens Tupilak und seiner kulturgeschichtlich dynamischen Rezeption in verschiedenen nordpolaren Kulturkreisen.
Peters schließt mit dem Ausblick auf eine verstehende, zuhörende linguistische Anthropologie, die die Gemeinsamkeiten und Unterschiede kultureller Erfahrungs- und Deutungskontexte zu einem vertieften Verständnis bedrohter Kulturlandschaften und Kommunikationsgemeinschaften nutzt und zugleich die existentiellen Erfahrungen drohender Naturgewalten und klimatischer Verhältnisse in alltägliche Sinnstiftungen übersetzt und dabei in Zeiten von Klimawandel und neuen globalen Herausforderungen eine hohe Aktualität erhält.