Vorträge

Vortrag 1 – Donnerstag, 23.05.2024, 17:00 Uhr

Chris Wahl

„Ikonographie der Nazizeit“ – Versuch einer Biographie des berüchtigten Propagandafilms TRIUMPF DES WILLENS

Chris Wahl (Potsdam)

Die zeitgenössischen Rezensionen feierten Leni Riefenstahls Triumph des Willens nicht nur als eine getreuliche Wiedergabe des Nürnberger Reichsparteitags, sondern auch als eine künstlerische Meisterleistung. Laut Völkischem Beobachter gelang es hierdurch „die Seele des Nationalsozialismus [...] lebendig“ werden zu lassen. In der hybriden Struktur des Films erkannte man einen genuin deutschen Filmtypus, der als „Schule Riefenstahl“ betitelt wurde.

Das Licht der Welt bzw. das Licht des Projektors erblickte Triumph des Willens also als ein gestaltetes Dokument. Als Reservoir der NS-Imagination diente er abwechselnd als Waffe, Beweis, Kultgegenstand, Fundstück oder Inventar. Der Vortrag zeigt auf, wie sich der Status des Films in den knapp 90 Jahren seit seiner Entstehung immer wieder verändert hat. Grundlage dieser Überlegungen sind die verschiedenen Bearbeitungen des Films, seine Aufführungsgeschichte und die Geschichte seiner Verwendung in anderen Filmen.

Chris Wahl ist Professor für das Audiovisuelle Kulturerbe an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF und leitet dort unter anderem das DFG-Langfristprojekt „Bilder, die Folgen haben – Eine Archäologie ikonischen Filmmaterials aus der NS-Zeit“. Er ist Mitglied des Boards der UNESCO City-of-Film Potsdam.

FILMPROGRAMM ZUM VORTRAG                                                              
| Zur filmischen Biographie von TRIUMPF DES WILLENS – Kommentierte Materialsichtung
Vorbilder und Zeitgeist – Eine kurze Bewegtbildanalyse zu TRIUMPH DES WILLENS
D 2023, Regie: Chris Wahl, 19 Min. (+ zahlreiche Filmausschnitte)
| moderiert von Chris Wahl (DO 23.5. / 15:30)

Vortrag 2 – Donnerstag, 24.05.2024, 16:30 Uhr

Sebastian Schädler

Bewegung und Stillstand – Ungleichzeitigkeiten in Prozessen geschlechtlicher Transition und filmästhetischer Reflektion

Sebastian Schädler (Berlin)

„Trans*“ - das Kürzel steht für eines der großen strittigen Themenfelder der letzten Jahre, das sich in der aktuellen Debatte um das für 2024 geplante „Selbstbestimmungsgesetz“ von Trans*Personen noch weiter zugespitzt hat. Der emanzipatorische Impuls dieser Veränderungen hat auch zu zahlreichen filmischen Produktionen geführt – meistens in unterstützender Absicht.

Sebastian Schädler zeigt in seinem Vortrag anhand ausgewählter Kriterien, dass einige der ästhetischen Mittel, die in aktuellen Filmen mit Trans*-Thematik zum Einsatz kommen, als fragwürdig oder sogar kontraproduktiv einzustufen sind. Insbesondere geht es um Reflektionen von Trans*-Körperlichkeit vor Spiegeln, die in fast allen Spielfilmen zum Thema vorkommen. Der Körper wird als „Problem“ inszeniert. In anderen Formaten wird hingegen nicht der Körper, sondern die „Identität“ als problematisch dargestellt.  Die Selbstverständlichkeit von Trans* im Hinblick auf Körper und Identität scheint, zumindest in filmischen Inszenierungen, aus dem Takt geraten zu sein

Sebastian Schädler ist Professor für Sexualpädagogik an der Medical School Berlin. Zuvor war er Professor für Medienpädagogik an der Evangelischen Hochschule Berlin (2008-2022). Er promovierte 2008 an der Universität Bremen. Seine neueste Veröffentlichung BilderBildung. Medien und Politik: 5 Einführungen | 5 Ausführungen erschien 2023 im Bertz und Fischer Verlag Berlin.

FILME ZUM VORTRAG                                                                                               
| ORLANDO, MA BIOGRAPHIE POLITIQUE
Orlando, meine politische Biografie, F 2023, Regie: Paul B. Preciado, 98 Min., OmdtU
| mit Einführung von Sebastian Schädler (DO 23.5. / 20:00)

| EN HELT ALMINDELIG FAMILIE (Eine total normale Familie)                  
DK 2020, Regie: Malou Reymann, 93 Min., OmdtU (FR 24.5. / 14:30)