Projektdetails

Crack, Freebase, Stein. Eine Untersuchung zum Konsumverhalten und zu Kontrollstrategien von Konsumenten rauchbaren Kokains

Laufzeit: 01.06.2005 - 31.12.2010
Forschungsteam:

Susann Hößelbarth (Projektleitung);

 
Projektpartner:innen: Prof. Dr. Heino Stöver, Prof. Dr. Henning Schmidt-Semisch
Projekttyp: Promotionsprojekt

Beschreibung

Kokain, das durch seine Umwandlung in seine basische Variante rauchbar wird, wird unter der Bezeichnung Crack stets mit einem massiven Bingingkonsum, einer schnellen, starken Abhängigkeits¬entwicklung und einer daraus fast zwangsläufig folgenden gesundheitlichen und sozialen Verelendung der Konsumenten gleichgesetzt. In den USA wurde Crack vor allem Mitte und Ende der 1980er Jahre als ‚Todesdroge‘ bezeichnet und massenmedial wirksam als solche inszeniert. In der Folge wurde auch in Deutschland eine epidemische Verbreitung in alle sozialen Schichten vermutet. Gleichwohl ist Crack nur in wenigen offenen Drogenszenen von Bedeutung, insbesondere in Frankfurt am Main, Hamburg und Hannover. Auch wenn eine starke Verbreitung nicht eintraf, das mediale Bild der Schreckensdroge blieb erhalten.

Die meisten Studien, die sich bislang mit Crack befassten, legten ihren Fokus auf die problematischen Folgen eines exzessiven Konsums für marginalisierte Drogenabhängige der offenen Szenen. Andere Studien, die sich auch mit Konsummustern von sozial integrierten Kokainkonsumenten befassten, richten ihren Blick auf Kokainhydrochlorid und erwähnen Crack nur am Rande. Studien mit dem Fokus auf das rauchbare Kokain und möglicherweise unterschiedliche Konsummuster in verschiedenen Konsumentenkreisen fehlen bislang.

Hier setzt das vorliegende Forschungsprojekt an. Es geht der Frage nach, welche Konsummuster rauchbaren Kokains sich unter verschieden erreichten Konsumenten finden lassen, inwieweit eine Kontrolle oder Regulierung des Konsums durch die Gebraucher stattfindet und mit Hilfe welcher Verhaltensweisen sie versuchen, ihren Konsum zu regulieren sowie negativen Folgen vorzubeugen. Dazu wurde das Forschungsprojekt als eine multimethodische Studie angelegt, die sich aus zwei Untersuchungsarmen zusammensetzt. Zum einen wurde ein im Internet veröffentlichter quantitativer, teilstandardisierter Fragebogen entwickelt und Teilnahmeaufrufe auf Internetseiten und Internetforen über Drogengebrauch hinterlegt. Dabei bietet das Internet als Erhebungsraum den Vorteil einer größeren Erreichbarkeit sozial integrierter Konsumenten. Ergänzt wird die quantitative Erhebung durch einen qualitativen Untersuchungsarm, der vertiefende Einblicke in das Konsumverhalten und angewandte Kontrollstrategien der Interviewpartner bieten soll. Dazu wurden Konsumenten rauchbaren Kokains in den drei Städten mit einer bekannten Crack-Szene in leitfadengestützten Tiefeninterviews zu ihrem Umgang mit Crack befragt. Zusätzlich konnten Konsumenten, die sich nicht regelmäßig in der Drogenszene aufhalten, zu ihrem Crackkonsum interviewt werden.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen den Crackgebrauch als Teil eines polyvalenten Drogenkonsums, der nicht nur von marginalisierten Drogenkonsumenten sondern auch sozial integrierten Gebrauchern praktiziert wird. Neben problematischen Konsummustern (Kontrollverlust, Bingingkonsum, negativen sozialen und gesundheitlichen Folgen etc.) zeigen die Konsumenten auch vielfältige Verhaltensweisen, mit denen sie ihren Crackgebrauch regulieren, Konsumpausen realisieren und versuchen, negative Folgen zu minimieren. Den einen, zwangsläufig in Abhängigkeit und Verelendung führenden Konsumverlauf gibt es auch bei Crack nicht. Vielmehr kann der Konsum rauchbaren Kokains ebenso wie der Gebrauch anderer Drogen ganz unterschiedlicher Ausprägung sein. Aus den Ergebnissen der Studie zeigt sich einmal mehr die Notwendigkeit der Anerkennung unterschiedlicher Konsummuster illegaler Drogen und der Entwicklung einer bedarfsgerechten, ressourcenorientierte Hilfe, die Selbsthilfepotentiale fördert und negative Erwartungs- und Zuschreibungs¬effekte minimiert.




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