Workshops und Symposien

Gelungener Start

Weser-Kurier / 16 November 2017 Maren Brandstätter

In einer geförderten Forscher-Klasse an der Wilhelm-Focke-Oberschule arbeiten Schule und Uni zusammen.

Lehesterdeich. SebastianHuhn gibt Anweisungen: „Das Fünf-Volt-Kabel muss in die Fünf – dann soll die LED ausgehen.“ Die 22 Jungen und Mädchen im Computerraum wissen genau, was SebastianHuhn damit meint. Es werden emsig Kabel gesucht und gesteckt. Schließlich soll das LED-Lämpchen am Ende der Stunde blinken. Geleuchtet hat es schon vergangene Woche, jetzt muss es neu programmiert werden. Die Fünftklässler der Forscherklasse sind konzentriert bei der Sache. „Es blinkt nicht“, ruft es aus einer Ecke des Computerraums. „Es kann noch nicht blinken – das kommt noch“, sagt Huhn. Erleichterung auf den Gesichtern.

SebastianHuhn ist Informatiker und Doktorand an der Uni Bremen. Gemeinsam mit drei Kollegen und Lehrer Markus Leuschner betreut er zurzeit das zweite Modul der Forscher-Klasse, einem Gemeinschaftsprojekt von Uni und Wilhelm-Focke-Oberschule (WFO). Seit Sommer gibt es diese Klasse für Kinder, die den Dingen gerne auf den Grund gehen. Dabei ist Informatik nicht das einzige Themenfeld. Im ersten Modul haben sich die jungen Forscher mit Werkstoffen und ihrer Beschaffenheit beschäftigt. Da wurden zum Beispiel Dinge zusammengetragen unter dem Motto „Wenn Du ein Außerirdischer wärst, welches Material fändest Du am interessantesten?“. Auf den Tisch seien neben Stein, Holz, Gras und Knete unter anderem auch Katzenhaare gekommen, erinnert sich Claudia Sobich, Mitarbeiterin im Institut für Werkstofftechnik der Uni Bremen. Damit war der Grundstein für das Erforschen unterschiedlicher Konsistenzen gelegt. Wie die Profis sich diesem Thema nähern, testeten die Schüler kurz darauf in den Laboren der Universität.

Mit LED, Rechner und Steckboard

Im Computerraum der WFO hat Leonie inzwischen allerhand in den Computer getippt. Jetzt hofft die Zehnjährige auf ein blinkendes LED-Lämpchen im Steckboard neben ihrem Rechner. Fehlanzeige. „Es leuchtet nur“, ruft sie in Richtung der Experten. Der Fehler ist schnell gefunden: Leonie hat zweimal „einschalten“ eingeben. „Wenn du aus einem „Einschalten“ ein „Ausschalten“ machst, klappt es“, versichert Cornelia Große. Leonie korrigiert die Eingabe. Das Lämpchen blinkt, Leonie strahlt. Heute arbeitet sie unter erschwerten Bedingungen: Ihre Team-Partnerin Josepha ist krank, Leonie muss sich darum ausnahmsweise alleine durchschlagen.

Kaum blinken sämtliche LED-Lämpchen im Raum, steht auch schon die nächste Herausforderung an. Markus Leuschner hält einen Stoß Mappen hoch. In jeder befindet sich die Anleitung zu einem neuen Projekt. Die grünen Mappen sind für alle diejenigen, die den Ball erst mal noch flach halten wollen, die Gelben sind etwas für sichere Informatik-Forscher und in den roten stecken Aufgaben für Spezialisten, etwa eine Ampelschaltung zu programmieren – im Modell, versteht sich. Die Kinder rutschen auf ihren Stühlen hin und her, alle bangen um ihren Favoriten bei der anstehenden Wahl der Mappen. Zunächst aber beantwortet Leuschner Fragen. Und von denen gibt es einige. Hannes würde sich gerne an einem SOS-Signal versuchen, bevor er ins nächste Projekt einsteigt. „Als Vorübung“, sagt er. Leuschner hält das für eine gute Idee und nickt. Joris würde gerne ein eigenes Projekt verwirklichen, keines aus einer der Mappen. Kurzes Stirnrunzeln bei den Experten, dann ein Kompromissvorschlag: erst ein vorgegebenes Projekt, hinterher das eigene. Joris ist einverstanden.

Claudia Sobich, Mitarbeiterin im Institut für Werkstofftechnik der Uni Bremen, ist zufrieden mit dem Start der Forscher-Klasse. Es spreche Kinder in einem Alter an, in dem sie offen und neugierig für Umwelt und Naturwissenschaft seien. In der Regel setze die Förderung im Bereich Technik im Grundschulalter an und dann zumeist erst wieder in der Studienorientierungsphase. Mit der Forscherklasse wolle man diese Lücke nun schließen. Doch nicht nur die Kinder betreten damit Neuland, auch die Uni-Mitarbeiter. „Die Dinge in einfacher Sprache zu erklären, war für uns anfangs eine ziemliche Herausforderung“, erzählt Sobich. „Inzwischen klappt es aber schon ganz gut.“ Dass es auch aus Sicht der Teilnehmer gut läuft, hätten die Gesprächsrunden im Anschluss an die Stunden gezeigt, und auch in einem eigens eingerichteten Blog im Internet könne das Projekt reflektiert werden.

Der Ansturm auf die Projekt-Mappen ist ohne Streit über die Bühne gegangen. Leonie hat sich für einen Füllstandsensor entschieden und sucht in ihrer Materialkiste alle aufgelisteten Utensilien zusammen. Einen Tisch weiter bereiten Alecia und Melek alles dafür vor, eine Tonleiter zu programmieren. Die LED-Konstruktion wird abgebaut, und Melek hält nach einem blauen Kabel Ausschau, das sie für die Tonleiter brauchen. Ein Instrument spielt sie nicht, Alecia verneint ebenfalls. „Aber wir singen beide gerne“, sagt sie. Darum sei ihre Wahl auf die Tonleiter gefallen. Die Mädchen sind optimistisch, dass sie das hinbekommen. Zu Hause habe sie erst kürzlich eine alte Lampe zerlegt, erzählt Alecia, um sich das Innenleben genauer anzuschauen. Melek hat sich unlängst an die Reparatur eines defekten Leuchtstabs gemacht. Bislang ohne Erfolg. „Deshalb bin ich ja hier“, sagt sie.

Zum Artikel im Weser-Kurier gelangen Sie hier.

Aktualisiert von: MAPEX