(H) Von der Romantik zur Bio-Art. Zum Verhältnis von Moderne und Ökologie

Kann die Kunst als Medium der Sinne, Hort kultureller Zeichen und kollektives Traumreservoir angesichts Klimakrise und schwindender Biodiversität unser überkommenes Naturverhältnis erweitern bzw. verändern? Kann die Kunstgeschichte übersehene Spuren und Blickwinkel dieses Reservoirs erforschen und die dem Kanon der Werke eingeschriebene Tonlagen der Interpretation variieren? Das Industriezeitalter prägte auch unsere dynamische Moderne und hat sich somit in die schönen Künste selbst eingeschrieben.
Einerseits überboten sich mit wachsender Beschleunigung der aufkommenden Industriegesellschaft auch die Kunst-Ismen: von den impressionistischen Elogen auf die Stadt bis zur futuristischen Feier des Fortschritts, von den expressionistisch dynamisierten Körperbildern bis zu den konstruktivistischen Technikutopien, den elektrisch durchleuchteten Erlösungssehnsüchten des Orphismus bis zur Warenwelt der Popart.
Andererseits sind in der Moderne Fortschrittsglaube und seine Kritik unzertrennliche Geschwister. Das humane Kapital der Selbstreflexion verschob deswegen auch immer wieder die ästhetischen Wahrnehmungsweisen. In der Veranstaltung geht es um Leerstellen und Kraftpotentiale seit Aufklärung und Romantik. Nicht nur bezeugten die Bilder ein sich verschiebendes Naturverhältnis, sondern auch ein neues Zeitbewusstsein: Die Erde als materielle Verfügungsmasse und ein von Skepsis und leiser Melancholie durchzogener Himmel.
Es ist dieser fragile, brüchige Horizont der damals aufbrechenden Zukunftserwartungen, der im zweiten Teil der Veranstaltung ins Zentrum rückt. Fast zeitgleich mit den Botschaften des Club of Rome über die Begrenztheit unserer natürlichen Ressourcen entstanden bzw. veränderten sich, erst vereinzelt und abseits vom breiten Kunstgeschehen, die ästhetischen Erfahrungsräume. Wir sehen Rückgriffe auf unerwartet vormoderne Praktiken ebenso wie zunehmend interdisziplinäre Ansätze, die die Kunst gleichsam im doppelten Sinne entgrenzten.
Heute steht eine insgesamt schlechte Ökobilanz des Kunstbetriebs mit seinem sich jagenden Messe- und Ausstellungswesen und ihren logistischen und energetischen Kosten neben einer jungen Generation von Künstler/innen, denen es um einen ressourcenschonenden Materialumgang geht. An welche jüngere Traditionen knüpfen sie an?
In der Veranstaltung werden - von heute her gesehen - exemplarische Ansätze seit den 70er Jahren vorgestellt, gleichsam von Beuys bis zur Bio-Art. Es geht um Beispiele konzeptioneller, projektorientierter Arbeiten, die die Beziehungen zwischen biologischer Entwicklung, geografischen Bedingungen, klimatischen Veränderungen, geologischen Prozessen und menschlichen Einwirkungen thematisieren und auf ganz unterschiedliche Weise zur ästhetischen Darstellung bringen.
Dozentin: PD Dr. Ruth Wöbkemeier
Termine: 3 x dienstags
- 18.02., 25.02., 04.03.2025
Zeit: 12:00 (s.t.) bis 13:30 Uhr
Entgelt: 45.- Euro
Veranstaltungsart: hybrid, in Präsenz (Akademie, Raum B 0660) oder wahlweise Online-Teilnahme
Hinweis: Teilnehmerbegrenzung: 40 Personen in Präsenz