(Y) „Die Gedanken sind frei…" - über Freiheit

Hoffmann von Fallersleben
Hoffmann von Fallersleben

Im deutschen Vormärz fasste Hoffmann von Fallersleben das alte deutsche Volkslied „Die Gedanken sind frei“ neu und veröffentlichte es (1842); es kann als anrührender Ausdruck für die Sehnsucht nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung verstanden werden. Eine gescheiterte Revolution und zwei Weltkriege haben seither viele Menschenleben gekostet oder schwer beschädigt und das Land verwüstet.

Seit 75 Jahren garantiert nunmehr die deutsche Verfassung die sogenannten Freiheitsrechte als Teil der freiheitlich demokratischen Grundordnung jedem Einzelnen darunter die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Wahlfreiheit - wobei diese Freiheitsrechte allerdings auch rechtlich eingeschränkt werden können, z. B. durch Notstandsgesetze oder Kriegsrecht. Dies alles und schon ein kurzer Blick in die europäische Geschichte der letzten Jahrhunderte zeigen:

Freiheit ist voraussetzungsvoll, facettenreich und muss offenbar – wie alle echten Werte – immer wieder errungen, geschützt und verteidigt werden. Bis heute ist die wirtschaftliche und politische Freiheit in vielen Teilen der Welt ein Privileg nur weniger Menschen, das auf der Unfreiheit der Mehrheit anderer Menschen basiert. Und nicht nur in Europa verloren und verlieren verzweifelte und mutige Menschen seit jeher in Kämpfen für mehr persönliche, wirtschaftliche und politische Freiheit ihr Leben.

Ebenso scheint es jedoch bis heute so zu sein, dass Menschen, die an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit (Sicherung von Grundbedürfnissen und -rechten, Bildung eigener Urteilsfähigkeit, Fähigkeit zur Selbst- und Mitbestimmung) gehindert wurden und werden, sich oft eher vor der Freiheit fürchten und es stattdessen vorziehen, sich Autoritäten zu unterwerfen, die vor allem das eigene ökonomische Auskommen, Schutz und Sicherheit versprechen, befriedigende und/oder beruhigende Narrative verbreiten und für ausreichend Ablenkung und Unterhaltung sorgen. Anscheinend müssen Menschen den Gebrauch von Freiheit lernen und einüben – wie nahezu alles andere auch; dies wiederum scheint nur möglich zu sein, wenn nicht nur grundlegende rechtliche, sondern auch materielle Voraussetzungen erfüllt sind.

Nach Hannah Arendt beginnt dann auch die Freiheit erst mit der Befreiung von Not und Furcht. Erst auf dieser Basis sei überhaupt ein sinnvoller Umgang mit Freiheit möglich, der nicht sehr bald wieder in neuen Unfreiheiten oder gar Terror ende: „Die Freiheit, frei zu sein.“

So betrachtet, stellen sich viele Fragen, wie etwa diese:

Was verstehen wir heute – insbesondere hier im „freien Westen“ – unter Freiheit? Von was oder für was sind wir frei? Welche Qualität hat unsere Freiheit oder sollte sie haben und in welchen Lebensbereichen? Müssen wir uns noch befreien, und wenn ja: wovon und wofür? Lohnt es sich, für Freiheit – in welchem Verständnis auch immer – zu kämpfen, auch unter Einsatz des eigenen Lebens? Im Seminar soll gemeinsam nach Antworten auf diese Fragen gesucht werden.

 

Literatur:
Berlin, Isaiah (2006): Freiheit. Vier Versuche. Frankfurt/M.
Dierksmeier, Claus (2016): Qualitative Freiheit. Selbstbestimmung in weltbürgerlicher Verantwortung. Bielefeld
Fromm, Erich (1995): Die Furcht vor der Freiheit. München
Honneth, Axel (2011): Das Recht der Freiheit. Grundriss einer demokratischen Sittlichkeit. Berlin
Nida-Rümelin, Julian (2005): Über menschliche Freiheit. Stuttgart
Taylor, Charles (1999): Negative Freiheit? Zur Kritik des neuzeitlichen Individualismus. Frankfurt/M.
 


Dozentin:    Dr. Roswitha Peters

Termine:   2 Termine

  • Dienstag,  25.02.2025
  • Mittwoch,   26.02.2025

Zeit:    14:00 (s.t.) bis 17:30 Uhr

Entgelt:    50,- Euro

Veranstaltungsart:   nur in Präsenz (Akademie, Raum B 0770)

Hinweis:   Teilnehmerbegrenzung: 25 Personen

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