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Studie: Persönlichkeit hängt mehr von Genen ab, als angenommen

Eine Studie der Uni Bremen belegt, dass Persönlichkeitsunterschiede zwischen Menschen einer Familie viel stärker von den Genen abhängen als bisher angenommen. Die Arbeitsgruppe hat jetzt ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der internationalen Zeitschrift für Psychologie veröffentlicht.

Die Studie SPeADy, Kurzform für „Study of Personality Architecture and Dynamics”, zu Deutsch „Studie der Persönlichkeitsarchitektur und –dynamiken“, wird von dem Psychologen Professor Christian Kandler geleitet.  In ihrem Rahmen werden fortlaufend Zwillinge und deren Angehörige, Eltern, Partner und Kinder, zu ihren Eigenarten, Einstellungen und Erfahrungen befragt. Auf der Basis dieser Zwillingsfamilienstudie konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die Familienähnlichkeit in Persönlichkeitsausprägungen innerhalb und zwischen Generationen nahezu ausschließlich von den geteilten Genen abhängt.

Ehrlich oder bescheiden?

„Ob man nun eher ehrlich und bescheiden oder unehrlich und maßlos, emotional labil oder stabil, extravertiert oder introvertiert, hilfsbereit oder ichbezogen, zuverlässig oder nachlässig, offen oder intolerant ist, das hängt weniger von gemeinsamen Erfahrungen ab, als bisher angenommen“, sagt Professor Christian Kandler. Geteilte Umwelten und gemeinsame Erfahrungen von Familienangehörigen scheinen nahezu keinen Einfluss auf familiäre Ähnlichkeiten hinsichtlich des Temperaments und des Charakters zu haben. Die Eigenschaft „Ehrlichkeit-Bescheidenheit“ stelle jedoch eine Besonderheit dar. Etwa ein Drittel der Ähnlichkeit zwischen Familienangehörigen hinsichtlich ehrlichen Verhaltens und materiellen Strebens könne auf ihre geteilte Umwelt wie Kultur, Religion oder das gemeinsame Wohnumfeld zurückgeführt werden.

Eltern geben Möglichkeiten der Entfaltung

Dass die Familienumwelt in der Studie als bedeutungslos herauskomme, meine aber nicht, dass sie keinen Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit habe. Die Befunde sprechen lediglich dafür, dass die Familienumwelt nicht zur Ähnlichkeit von Geschwistern beiträgt. Zum einen könne es jedoch sein, dass eine von Geschwistern objektiv geteilte Familienumwelt wie der Erziehungsstil der Eltern subjektiv unterschiedlich erlebt werden kann. Zum anderen sei es denkbar, dass der elterliche Einfluss auf die Kinder untrennbar mit den geteilten Genen zwischen den Eltern und ihren Nachkommen verknüpft ist. Beispielsweise schlage sich die Offenheit der Eltern in der Vielfalt ihrer Literatur zuhause oder der Art der Unternehmungen nieder. So geben Eltern nicht nur ihr Erbgut weiter, sondern formen die Erlebnisse ihrer Kinder auf der Basis gemeinsamer Anlagen. „Eltern stellen sozusagen die Möglichkeiten zur Entfaltung der Persönlichkeit ihrer Kinder bereit“, so der Psychologieprofessor.

Zwillinge können Forschern helfen

„Um die Wege, die Möglichkeiten und die Einflüsse dieser Persönlichkeitsentfaltung über die Zeit untersuchen zu können, ist es wichtig, die Persönlichkeitsentwicklung von Zwillingen über einen längeren Zeitraum zu untersuchen“, unterstreicht der Forscher. Daher lädt die Arbeitsgruppe Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik interessierte Zwillinge ab 14 Jahren dazu ein, an der Zwillingsfamilienstudie von SPeADy mitzuwirken. Der Aufwand, ein 30-minütiger Online- oder Papier-Fragebogen, ist dabei im Verhältnis zum Gewinn vergleichsweise gering. Die Teilnehmenden erhalten ein wissenschaftlich fundiertes Persönlichkeitsprofil und einen Universalgutschein über zehn Euro. Und sie leisten einen anonymen Beitrag zu neuen Forschungserkenntnissen.

Weitere Informationen:

www.speady.de

Die Studie (englische Sprache):

https://econtent.hogrefe.com/doi/10.1027/2151-2604/a000378

Fragen beantwortet:

Prof. Dr. Christian Kandler
Professor für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik
Institut für Psychologie
Universität Bremen
Tel.: +49 421 218 68770
E-Mail: ckandler@uni-bremen.de
 

 

Porträt eines jungen Mannes
Der Leiter der Studie: Professor Christian Kandler