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Wallhecken: Je älter desto artenreicher

Ein Forschungsteam des Instituts für Ökologie der Universität Bremen hat jetzt die Pflanzengemeinschaften von alten und jungen Wallhecken in Schleswig-Holstein miteinander verglichen. Dabei zeigte sich, dass in den alten Gehölzen wesentlich mehr Waldpflanzenarten zu finden sind.

Größere oder kleinere Wallhecken an den Rändern von Feldern und Wiesen prägen das typische Landschaftsbild von Schleswig-Holstein. Sie sind das Vermächtnis der „lebenden Zäune“, die im 18. Jahrhundert im Zuge der Verkoppelung angelegt wurden, um die neu verteilten landwirtschaftlich genutzten Flächen zu begrenzen. Die „Knicks“, wie sie im norddeutschen Raum heißen, durchziehen die heute waldarme Agrarlandschaft wie ein dichtes Netz und erhöhen so die Verbindung von sonst isolierten Lebensräumen. Waldpflanzenarten wie Busch-Windröschen, Große Sternmiere oder Gefleckter Aronstab, können sie durch ihre waldähnlichen Bedingungen einen wichtigen Lebensraum bieten. Viele Waldpflanzen breiten sich allerdings nur langsam aus, da sie über keine effizienten Ausbreitungsmechanismen verfügen. „Dies kann eine Herausforderung für den Naturschutz darstellen, da neu geschaffene Lebensräume zeitversetzt besiedelt werden“, sagt Ökologin Kathrin Litza von der Universität Bremen, die für ihre Doktorarbeit an den Hecken forscht.

Alter ist entscheidend

Viele Knicks stammen aus der Zeit der Neuverteilung von Ackerflächen im 18. und 19. Jahrhundert und hatten seitdem Zeit, sich zu entwickeln. Dies ermöglichte es vielen Lebewesen, sich hier anzusiedeln. Ein Forschungsteam der Universität Bremen hat nun untersucht, ob alte Knicks durch ihr längeres Bestehen tatsächlich artenreicher sind als jüngere. Dafür haben sie Paare aus alten Knicks (mindestens 140 Jahre alt) und jungen Knicks (zwischen 14 und 80 Jahren alt) mit Hinblick auf die Anzahl von krautigen Waldpflanzenarten miteinander verglichen. Knicks eines Paares lagen dabei dicht beieinander und wiesen eine ähnliche Struktur und Pflege auf. So konnten gefundene Unterschiede allein auf das Alter der Hecken zurückgeführt werden.

Hohe Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht

Die Forschenden konnten nachweisen, dass in den alten Knicks deutlich mehr Waldpflanzenarten leben. Aber auch die jungen Knicks waren bereits artenreicher als erwartet. Besonders die Nähe zu artenreichen alten Knicks oder auch zu Wäldern war hilfreich für eine schnelle Besiedelung. „Daran sieht man, wie wichtig der Erhalt und die Pflege der alten, „bunten“, Knicks ist. Denn fehlt ihre Artenvielfalt in der Landschaft, können auch die neuen Lebensräume nicht besiedelt werden“, erklärt Litza. Aber auch junge Knicks sollten nicht unterschätzt werden, da sie sich innerhalb einiger Jahrzehnte zu typischen und wertvollen Habitaten entwickeln können. Wichtig ist es dafür aber, dass die Strauchhecken in traditioneller Weise angelegt und gepflegt werden.

Dichte Strauchstruktur optimal

Außerdem hat sich eine breite Strauchschicht als vorteilhaft für Waldpflanzen erwiesen. „Knicks kann man sich wie zwei Waldränder vorstellen, die ganz eng zusammengerückt sind. Je breiter der Knick, desto wald-ähnlicher werden die Bedingungen im Inneren“, erklärt Litza. Dabei geht es vor allem um die höhere Feuchtigkeit und stabileren Temperaturen im Innenraum, wohingegen es am Rand je nach Sonnenstand im Sommer schnell sehr heiß werden kann. Die Waldpflanzen findet man daher häufig in der Mitte des Walls oder auf der Nordseite von Knicks. Auch weit überhängende Sträucher sind für viele Waldpflanzen ein geeigneter Lebensraum, sind aber in der intensiv genutzten Agrarlandschaft nur selten zu finden.

Der ArtikelHedgerow age affects the species richness of herbaceous forest plants. Journal of Vegetation Science“ ist nachzulesen unter: https://doi.org/10.1111/jvs.12744

Weitere Informationen

Eine Zusammenfassung in einfacher (englischer) Sprache gibt es unter:
https://jvsavsblog.org/2019/05/22/hedgerow-age-affects-the-species-richness-of-herbaceous-forest-plants/

Eine Zusammenfassung in deutscher Sprache gibt es unter:
https://kathrin.litza.de/forschungsprojekte/forschungsprojekt-vergleich-von-historisch-alten-und-jungen-knicks

www.uni-bremen.de

Fragen beantwortet:

Kathrin Litza
Institut für Ökologie
Fachbereich Biologie/Chemie
Universität Bremen
Tel.: +49 421 218-62915
E-Mail: kathrin.litzaprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

Landschaft mit Felden und Bäumen und Hecken dazwischen
Wichtig für eine große Pflanzenvielfalt: Wallhecken zwischen Äckern und Wiesen.