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Wetter und Wellen besser im Blick: Werkzeug für Planung von Offshore-Serviceeinsätzen soll helfen

Bundeswirtschaftsministerium fördert Verbundprojekt mit einer Million Euro: Entwicklung eines umfassenden Informationssystems zur Planung und Steuerung sowie zur Unterstützung operativer logistischer Prozesse

Nr. 168 / 18. Juni 2015 SC

Von Betreiber, Auftraggeber und Planer über Schiffseigner und Subunternehmer bis hin zum Kapitän und der Service-Crew: Viele entscheiden mit über den Einsatz eines Offshore-Serviceschiffes – und das zum Teil auf Basis unterschiedlicher Techniken und Informationen. So fahren die Schiffe nicht selten heraus zu den Windkraftanlagen auf See, um dann unverrichteter Dinge zurückkehren zu müssen, weil Wetter und Wellen nicht mitspielen. Ein neues Planungswerkzeug soll hier künftig Abhilfe schaffen. Entwickelt wird es von BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik GmbH an der Universität Bremen, Cluetec (Karlsruhe), energy & meteo systems (Oldenburg) und der Jade Hochschule (Elsfleth).

Einsätze sind hart, gefährlich und teuer

Offshore-Tätigkeiten zählen zu den härtesten und gefährlichsten überhaupt. Die Arbeitseinsätze sind nicht nur risikoreich, sondern auch sehr teuer. So steht hier bei allem zunächst die Sicherheit im Vordergrund, und bei den verantwortlichen Planern natürlich auch stets die Kostenfrage. Es gilt zu vermeiden, Schiffe nebst Servicepersonal vergeblich auf hohe See zu schicken. Neue, innovative Technik kann hier für mehr Sicherheit sowie für höhere Effizienz sorgen.

Genau dazu forschen die Partner im Projekt „Informationssystem zur echtzeitnahen Koordination des Offshore-Transports unter Berücksichtigung von Ressourcenspezifika und dynamischen Wetter- und Seegangsbedingungen“, kurz „IeK“ nun in den nächsten zwei Jahren. Marktrecherchen der Projektteilnehmer haben ergeben, dass es ein solches Hilfsmittel bis heute nicht gibt. Seine Entwicklung wird nun vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des Programms „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM) mit rund einer Million Euro gefördert.

Die raue Nordsee erlaubt an zirka 120 Tagen im Jahr keine „Überstiege“

Wechseln Servicetechniker oder -technikerinnen vom Schiff auf eine Offshore-Windenergieanlage, nennt man das „Überstieg“. In der rauen Nordsee sind solche Überstiege bedingt durch Wetter- und Seegangssituation an rund 120 Tagen im Jahr nicht möglich. Die Zeit ist also knapp, und eine Planung von Einsätzen gestaltet sich unter anderem angesichts von Wetter- und Seegangsbedingungen in der Regel schwierig.

Durch den steten Ausbau der Offshore-Windenergie und dem daraus erwachsenden Bedarf der Instandhaltung dieser Anlagen wächst auch die Zahl der Versorgungsfahrten. Wegen der Vielzahl an Anlagen, der hohen Kosten für den Transport von Material und Personal sowie der steigenden Komplexität der Planung reichen die herkömmlichen Methoden hier inzwischen nicht mehr aus. Es bedürfe eines umfassenden Informationssystems zur Planung und Steuerung sowie der Unterstützung der operativen logistischen Prozesse, meinen nicht nur die IeK-Projektpartner.

Ein echtzeitnahes Planungs- und Steuerungsinstrument

„Für den wirtschaftlichen Betrieb eines Offshore-Windparks braucht die Windenergiebranche eine gut abgestimmte und kostengünstige Logistik. Durch die Verbindung von Vorhersage- und realen Wetter-, Seegangs-, Schiffsbewegungs- sowie Auftragsdaten streben wir in unserem Projekt die Entwicklung eines echtzeitnahen Planungs- und Steuerungsinstruments an“, sagt BIBA-Wissenschaftler Thies Beinke. Er hat dieses Verbundprojekt initiiert. Ziel sei es, ein System zu entwickeln, das den Akteuren der Offshore-Windenergie-Servicelogistik in den operativen Entscheidungsprozessen eine fundierte Informationsgrundlage bietet. Dies beziehe unter anderem die aktuelle und zukünftige Wetter- und Seegangssituation und das individuelle Verhalten der eingesetzten Transportschiffe mit ein. „Zudem soll das System die Grundlage für eine effiziente und qualitativ hochwertige Vorabplanung des Ressourceneinsatzes auf See ermöglichen, erklärt der Forscher. Darüber hinaus entwickeln die Projektpartner ein Low-Cost-System zur Wellenmessung.

Das System soll insgesamt fünf Teile umfassen:

* Basis ist das Planungs- und Steuerungsinstrument für die Leitwarte. In diesem fließen sowohl die Wetter- und Seegangdaten als auch die Auftragsdaten zusammen.
* Zur kostengünstigen Erfassung einer Vielzahl von Seegangsdaten dient eine neu entwickelte Low-Cost Wellenmesssensorik.
* Neue Algorithmen steigern die Qualität der integrierten Wetter- und Wellenprognosen.
* Das seegangsabhängige Verhalten des Schiffes wird in die Planung einbezogen.
* Ein Informationssystem für die Schiffsführer, in dem Auftrags-, Wetter- und Seegangsdaten dargestellt werden, ermöglicht ein Feedback der Kapitäne, die letztlich vor Ort auf See über den Einsatz entscheiden. Dieses Teilsystem soll die Planungsqualität langfristig steigern.

„Risiken minimieren, Umwelt schonen und Kosten reduzieren“

„Mit guten Softwarelösungen, neuen Techniken und wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich Daten zu Wellen und Wetter deutlich besser erfassen und können die Planung von Offshore-Serviceeinsätzen erheblich erleichten“, sagt Cluetec-Geschäftsführer Thomas Rieger. „So können unnötige Fahrten vermieden und das Risiko für die Besatzungen, Umweltbelastungen sowie Kosten reduziert werden. Ich sehe das Projekt auch als ein schönes Beispiel dafür, wie Forscher mit ihrem Wissen um die Möglichkeiten neuer Technologien und Praktiker aus der Wirtschaft mit ihren Erfahrungen ein Problem gemeinsam angehen und neue, dringend benötigte Lösungen entwickeln können.“

Sabine Nollmann

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