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Zweite Chance für Galileo-Satellit

Im August 2014 haben zwei Galileo-Satelliten nicht die vorgesehene Höhe erreicht. Ein Glücksfall für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ZARM an der Universität Bremen, die zu Einsteins Relativitätstheorie forschen. Die Ergebnisse wurden nun in den „Physical Review Letters“ veröffentlicht.

Am 22. August 2014 wurden die Satelliten Galileo 5 und 6 mit einer russischen Sojus-Rakete gestartet. Aufgrund einer Fehlfunktion der Oberstufe dieser Rakete konnten die Satelliten nicht in die vorhergesehene kreisförmige Umlaufbahn in circa 23.500 Kilometer Höhe gebracht werden. Stattdessen fliegen sie bis heute auf einer elliptischen Bahn, auf der sie zweimal täglich ihre Höhe um ca. 8.700 Kilometer ändern. Da es zunächst danach aussah, dass die Satelliten dadurch nicht für das Galileo Positionierungssystem genutzt werden konnten, wurde sogar deren Abschaltung in Erwägung gezogen.

Neue Nutzung der Satelliten

Gravitationsphysikerinnen und -physiker des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der Universität Bremen schlugen stattdessen vor, die Satelliten zusammen mit den mitgeführten Atomuhren zu nutzen, um einen verbesserten Test der sogenannten gravitativen Rotverschiebung durchzuführen. Dieser Effekt ist eine Vorhersage der von Albert Einstein vor mehr als 100 Jahren aufgestellten Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie besagt, dass Gravitation – in diesem Fall die Erdanziehungskraft – die Zeit beeinflusst. Genauer gesagt: Uhren laufen mit zunehmender Entfernung von der Erde, also zum Beispiel im Weltraum, schneller als identische Uhren auf der Erde.

Zusammen mit Partnern der TU München ist es dem ZARM-Team nun gelungen, die gravitative Rotverschiebung um den Faktor vier genauer als bisher zu bestätigen, die erste Verbesserung dieses Tests der Relativitätstheorie seit mehr als 40 Jahren. Eine parallele Analyse eines französischen Teams kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Beide Resultate wurden jetzt in der renommierten Zeitschrift „Physical Review Letters“ publiziert. Die Rotverschiebung hat große praktische Bedeutung in der Positionierung, der Navigation, bei der Definition der Internationalen Atomzeit sowie in der Erdvermessung und Geophysik.

Förderer hinter dem Projekt

Die Bremer Initiative zur wissenschaftlichen Verwendung der Galileo-Satelliten wurde sowohl vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) als auch von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA aufgegriffen. Unterstützt wurden sie zudem mit den Projekten RELAGAL (Relativistische Experimente mit Galileo 5 und 6) sowie dem ESA-Projekt GREAT (Galileo Gravitational Redshift Test with Eccentric Satellites). Letzteres wurde im ESA General Studies Program aufgesetzt und vom Galileo Navigation Science Office am ESAC bei Madrid koordiniert. Dabei wurden die Daten zu Orbit und Uhrengang über drei Jahre vom ESOC Navigation Support Office in Darmstadt aufbereitet und dem Team am ZARM sowie einer weiteren Gruppe am Pariser Observatorium (SYRTE) für eine parallele unabhängige Analyse zur Verfügung gestellt. Zusätzlich zu den hochgenauen Uhren- und Orbitdaten wurden hierfür auch lasergestütze Positionsmessungen zu den Satelliten hinzugezogen.

Weitere Informationen:

https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.121.231102

www.zarm.uni-bremen.de

 

Fragen beantworten:

Projektbezogen:
Dr. Sven Herrmann
Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation
E-Mail: Sven.Herrmannprotect me ?!zarm.uni-bremenprotect me ?!.de
Telefon: +49 421 218-57871

Professor Claus Lämmerzahl
Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation
Telefon: +49 421 218-57834
E-Mail: Claus.Laemmerzahlprotect me ?!zarm.uni-bremenprotect me ?!.de

Presseanfragen:
Annika Teubner
Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation
Telefon: +49 421 218-57821
E-Mail: Annika.Teubnerprotect me ?!zarm.uni-bremenprotect me ?!.de

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