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Die Ökonomisierung der Medizin

20. Juni 2014: Symposium präsentiert Ergebnisse von Experten-Interviews zur Ökonomisierung patientenbezogener Entscheidungen im Krankenhaus

Nr. 205 / 18. Juni 2014 RO Die „Ökonomisierung der Medizin“ ist zu einem Reizthema geworden, das im Interesse der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems dringend einer Versachlichung bedarf. Dazu sind empirische Untersuchungen, ethische Bewertungen aus medizinischer, betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht sowie eine Klärung der Begriffe notwendig. Zu diesem Thema veranstalten das Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen (ZeS) sowie der Senator für Gesundheit der Freien Hansestadt Bremen das Symposium „Die Ökonomisierung der Medizin“, das am 20. Juni von 14.00 bis 18.00 Uhr im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 5, stattfindet.

Im Zentrum der Veranstaltung steht eine am ZeS der Universität Bremen angesiedelte empirische Studie des Ökonomen und früheren Geschäftsführers der Wiener Krankenanstalten Professor Heinz Naegler sowie des Hamburger Soziologen und Medizinethikers Professor Karl Heinz Wehkamp. Beide haben im vergangenen Jahr eine Serie qualitativer Interviews mit Assistenz-, Ober- und Chefärzten sowie mit Mitgliedern der Vorstände und Geschäftsführern mehrerer Krankenhäuser unterschiedlicher Größenordnung und Trägerschaft durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Staffel von zehn Interviews mit Pflegenden begonnen. Die vorliegenden Ergebnisse belegen die hohe Brisanz der Thematik, da unverkennbar patientenbezogene Entscheidungen im Krankenhaus nicht allein durch medizinische Gesichtspunkte, sondern auch durch betriebswirtschaftliche Interessen getroffen werden.

Über die moralische Legitimität solcher Einflussnahmen bestehen Unsicherheiten, Kontroversen und damit deutlicher Klärungsbedarf. In den Interviews wurde deutlich, dass der Begriff „Ökonomisierung“ sehr unterschiedlich interpretiert und moralisch bewertet wird. Die Verständigung auf die Lösung der Probleme wird ohne die Präzisierung des Begriffs „Ökonomisierung“ erschwert. Ein Tagungsziel besteht darin, den Begriff zu versachlichen und zu entideologisieren. Dazu wird der Senator für Gesundheit, Dr. Hermann Schulte-Sasse, einen Beitrag einbringen. Nach der Vorstellung der Studienergebnisse werden externe Experten dazu Stellung nehmen. Den Abschluss bildet eine Podiumsdiskussion, die vom Direktor des Zentrums für Sozialpolitik Professor Heinz Rothgang moderiert wird.

Die Veranstaltung soll weitere Forschungsschritte sichtbar machen und dient der Präzisierung ethischer Fragestellungen im Spannungsfeld zwischen Individual- und Kollektivethik. Letztlich geht es heute nicht mehr um die Frage, ob ökonomische Einflussnahmen auf die medizinische Versorgungspraxis vorkommen, sondern wie sie moralisch zu bewerten sind.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Zentrum für Sozialpolitik
Prof.Dr. Heinz Rothgang
Tel.: 0421 218-58557
E-Mail: rothgangprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de