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Ein leidenschaftlicher Theatermann an der Uni

Franz Eggstein hat der Uni Bremen schon spektakuläre Theaterereignisse beschert. Da schmachtete Julia auf der Mensa-Feuerleiter und ihr liebender Romeo durchpflügte mit dem Kajak den darunterliegenden See, um dann an einem Seil zu ihr hinaufzuklettern. Seit dem Wintersemester 2005/2006 erfüllt der…

Der 58-Jährige ist sozialpädagogisch geschult, strategisch versiert, gruppendynamisch erfahren und ein ideenreicher Regisseur. Das muss man sein, wenn man so ein großes Projekt wie das Theater InCognito (TIC) über Jahre am Leben erhalten will. Mit ständig wechselnden Schauspielern aus allen Fachbereichen der Universität und anspruchsvollen Stücken. Von Komödie, Kabarett, Klassik bis zur sozialkritischen Tragödie. „Das ist ohne die Zusammenarbeit mit Roland Klahr nicht zu schaffen“, sagt Eggstein.

Feuerspucken und Jonglieren

Roland Klahr inszeniert mit ihm gemeinsam, und das ist schon seit ihrer Studienzeit so. Von 1978 bis 1985 haben die beiden Sozialpädagogik studiert und mit Diplom abgeschlossen. Theaterarbeit, Clownsseminar, Feuerspucken und Jonglieren gehörten zur Ausbildung im Bereich Spielpädagogik. „Professor Jörg Richard hat uns vermittelt, wie man mit Amateuren gewinnbringend arbeitet“, sagt Eggstein. Projekte mit künstlerischem Anspruch und pädagogischer Absicht folgten: Zirkus in einem Zeltlager im Sauerland oder Theaterspiel mit problematischen Jugendlichen in Wohngemeinschaften. Entscheidende künstlerische Impulse erhielt Franz Eggstein aber bei der Bremer Shakespeare Company. Er war mit dem legendären Schauspieler und Mitbegründer der Company, Renato Grünig, eng befreundet und arbeitete unter der Regie des Amerikaners Chris Alexander an den verschiedensten Inszenierungen mit. „Bei der Company gibt es keinen primus inter pares sondern absolut kooperatives Arbeiten“, schwärmt Eggstein noch heute. Kreative Ideen wurden gemeinsam entwickelt.

14 Stücke im Theatersaal

Jahre später habe Roland Klahr zu ihm gesagt: „Unsere Kinder sind groß, wollen wir nicht wieder an der Bremer Uni Theater machen?“. Aus dem Fachbereich Kulturwissenschaften sei ein positives Signal gekommen und so entstand nach und nach das Theater InCognito, das sich im Laufe der Zeit mit 24 Mitgliedern als Verein organisiert hat. 14 Stücke sind seit 2006 im Theatersaal an der Mensa auf die Bühne gekommen. Darunter Lessings „Minna von Barnhelm“, die „Nora“ von Hendrik Ibsen oder die politisch anspruchsvolle „Verfolgung und Ermordung des Jean Paul Marat“ von Peter Weiss.

Rennfahrer und Stratege

Der gebürtige Baden-Württemberger hat noch ein zweites Standbein, in seinem Fall sind es Räder. Bis 1998 hat er seinen Lebensunterhalt als Rennfahrer verdient, seither ist er Rennleiter für einen Rennstall der Formel Renault in Modena in Italien. „Ich coache junge Rennfahrer und kümmere mich um Technik und Strategie“, sagt er. Urlaub kennt er so gut wie nicht.

Talente fördern

Wer Franz Eggstein bei einer Probe erlebt, erkennt die Zähigkeit, mit der dieser Mann sein Ziel verfolgt. Er ist mutig, traut sich auch, große, anspruchsvolle Stücke zu wuppen. Aktuell ist das Bertolt Brechts „Heilige Johanna der Schlachthöfe“. So eine bunt gemischte Theatergruppe auf Zeit mit jugendlichen Spielerinnen und Spielern hat es in sich. Da kommen Kabale und Liebe schon einmal vor. Manchmal muss der Regisseur auch mahnen: „Es ist ja hier wie im Kindergarten!“ Doch immer wieder beschert ihm seine Lehrtätigkeit Talente. Darüber ist er glücklich. Sie zu fördern ist sein Bestreben. Und aus der gesamten Truppe eine funktionierende Einheit zu machen, das andere.

www.TheaterInCognito.de

Mann mit Textbuch
Der Regisseur Franz Eggstein hat mit dem Theater InCognito bereits 14 Stücke an der Universität aufgeführt
Mann mit zwei Frauen im Gespräch
Eggstein bei den Proben zu Bertolt Brechts "Heiliger Johanna der Schlachthöfe" mit den Schauspielerinnen (von links) Marica Tomiak und Inken Janßen
Mann spricht mit einem Studierenden
Motivation und präzise Forderungen sind sein Regiestil