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Kurz und knackig: Gelungene Mischung exzellenter Forschungsthemen

Vier sympathische junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mit 15-minütigen Kurzvorträgen der Exzellenzuni Gesichter gegeben. Die Veranstaltung im Haus der Wissenschaft „Exzellent. In 60 Minuten“ wurde vom Publikum mit großem Interesse aufgenommen. Man hätte eine Stecknadel fallen hören…

Die Exzellenz in die Stadt zu tragen, ist erklärtes Ziel der Reihe. Die Mischung war gelungen Beim Auftakt wechselten sich Forscherinnen und Forscher aus den Geistes- sowie Natur- und Ingenieurwissenschaften ab. Allen Vorträgen gemeinsam war, dass Schwierigkeiten, ja sogar Misserfolge, nicht verschwiegen wurden. Es war sehr bewegend zu hören, mit welchem persönlichen Engagement und welcher frischen Begeisterung die jungen exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Ziele verfolgen. „Leidenschaft in der Forschung“, nannte es Konrektor Professor Kurosch Rezwan und lud das Publikum eingangs ein, „an einem Experiment teilzunehmen“.

Vom Glück der Linguisten

Indogermanische Sprachen (germanische, slawische, baltische) und uralische Sprachen (finnougrische, finnische) des Ostseeraumes untersucht die Linguistin Dr. Lidia Federica Mazzitelli. Darunter das Wotische, derzeit noch von fünf Menschen im Raum Petersburg gesprochen. Alle sind über 80 Jahre alt. „In zehn Jahren wird die Sprache ausgestorben sein“, sagte die engagierte Forscherin. Sie habe zum Glück Tonaufnahmen von zwei Sprechern erhalten. „Dass die Erinnerung an eine aussterbende Sprache nie verloren geht, ist das Schönste, was wir Linguisten leisten können“, sagte sie unter großem Beifall.

Beladbare Wärmespeicher in Kristallen

Ein ökologisches Thema stellte Dr. Michael Fischer aus den Geowissenschaften vor. Dazu zeigte er auf der Leinwand ein Feuerwerk schöner, kaleidoskopartiger Grafiken. Fischer untersucht Kristalle und hat die Fähigkeiten der Zeolithe Sapo 34 in den Forscherblick genommen. Im Grunde geht es darum, dass ein leeres Zeolithgerüst Wassermoleküle als Gäste aufnehmen kann. Klug ausgenutzt, können so reversibel beladbare Wärmespeicher entstehen, deren Einsatz über viele Zyklen möglich sein wird.

Die Rückseite der Tat

„Ich setze keine Powerpoint-Präsentation ein“, sagte die Philosophin Dr. Alice Lagaay. Ihr Thema war zwar schwierig, sie erreichte dennoch ihre Zuhörer. Die Philosophie, die oft menschliche Gefühle ausblendet, setzt sie auf ein sehr heutiges Problem an. Sie machte kurz mit der Methode der Performanz bekannt, wonach der Mensch mit Sprache und Handeln gottgleich die Welt erschafft. Was aber passiert, wenn sich die Philosophin der „Rückseite der kreativen Tat“ zuwendet? Der Ohnmacht, anstelle der Macht, dem Nichtstun, Unterlassen, dem Schweigen, der Stille und Langeweile? „Was wären die anthologischen, ethischen, ästhetischen, pädagogischen und ökonomischen Konsequenzen einer solchen, negativen Performanz‘ im Kontext der Burn-Out- und Müdigkeitsgesellschaft“, fragte Lagaay. Und: Darf sie diese Phänomene überhaupt aktiv angehen, wissenschaftlich fokussieren? Müsste sie sich nicht vielmehr zurücknehmen und wegsehen? „Ich muss lernen, mich zu desinteressieren“, nannte sie das spannende Paradox ihrer Forschung.

Das optimale logistische Netzwerk

Mit wirbeligen Grafiken, die Materialwege in der Stahlindustrie beschreiben, verdeutlichte Dr. TillBecker aus dem Fachbereich Produktionstechnik seine Untersuchungen zu Logistiknetzwerken. Wie kommen die Einzelteile eines Autos zusammen, fragte er und erläuterte Knoten und Kanten, die ein logistisches Netzwerk als „soziotechnisches System“ hat. Becker untersucht den Materialfluss im Produktionsprozess unterschiedlicher Betriebe und kommt zu einem verblüffenden Ergebnis. Entsteht bei einem mehr vernetzten Unternehmen weniger Wartezeit und einem weniger vernetztem Unternehmen mehr? Nein, der Punkt, wo es optimal flutscht, liegt an einer anderen Stelle, irgendwo in der Mitte. Diesen Punkt will Becker mit seinem Forschungsteam in der Auswertung hoher Datenmengen finden.

Am Ende waren auf die Minute genau 60 Minuten vergangen: Ein exzellentes Timing und anschließend beim zwanglosen Zusammensein großer Gesprächsbedarf.

Die nächsten Veranstaltungen „Exzellent. In 60 Minuten“

Die Reihe wird fortgesetzt am 26. Februar 2015 um 18 Uhr in der Handelskammer (Schütting, Großer Saal) und am 16. April, 18 Uhr, in der Arbeitnehmerkammer.

Frau im Gespräch
Die Linguistin Dr. Lidia Frederica Mazzitelli erforscht die Sprachen des Ostseeraumes.
Porträt eines jungen Mannes
Wie man kristalline, poröse Zeolithe als Wärmespeicher einsetzen kann, das beschäftigt Dr. Michael Fischer aus der Kristallographie.
jJunge Frau am Pult, gestikulierend
Wendet sich dem „Rücken der kreativen Tat“ zu: Die Philosophin Dr. Alice Lagaay.
Junger Mann hält Vortrag mit Powerpoint
Dr. Till Becker aus dem Fachbereich Produktionstechnik untersucht und verbessert logistische Netzwerke in Unternehmen.