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Rektor: "Hochschulreformgesetz gefährdet Forschungsfreiheit und Wissenstransfer"

„Wir wünschen uns einen sachlichen Dialog und keinen Schnellschuss!“ Das waren die Worte von Uni-Rektor Bernd Scholz-Reiter und dem Vertreter der Handelskammer, Dr. Frank Thoss, als sie sich zur Novellierung des Bremer Hochschulgesetzes gegenüber Medienvertretern bei einer Pressekonferenz äußerten.…

Ein Blick zurück: Seit dem 12. Januar liegt der Entwurf des 3. Bremer Hochschulgesetzes allen fünf Hochschulen des Landes vor. Gerademal neun Tage hatten sie Zeit, darauf zu reagieren. Die erste Lesung war bereits in der Bürgerschaft. Schon bald soll das Gesetz verabschiedet werden, das unter anderem die gesetzliche Einführung der Zivilklausel vorsieht sowie die Verpflichtung aller Bremer Hochschulen, sämtliche Forschungsprojekte in einer Datenbank regelmäßig zu veröffentlichen.

Forschung der Uni Bremen ist transparent

„Die Universität ist für Transparenz“, stellte Professor Scholz-Reiter zu Beginn des Pressegesprächs im Haus der Wissenschaft klar. Bei den meisten Forschungsprojekten werde dies auch schon praktiziert. Mehr als 80 Prozent der jährlichen rund 90 Millionen Euro Drittmittel stammen von Geldern aus öffentlicher Hand. Hier gibt es klare Auflagen, Projekte in bestimmten Datenbanken regelmäßig zu veröffentlichen. Beispiel Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Die DFG ist mit 38 Millionen Euro der größte öffentliche Auftraggeber der Universität Bremen. Alle Projekte sind in deren Datenbank GEPRIS (Geförderte Projekte Informationssystem) öffentlich zugänglich. „Geben Sie dort meinen Namen ein, und sie werden alle DFG-Projekte finden, die ich vor meinem Amt als Rektor gemacht habe“, sagte Scholz-Reiter.

Wichtig für Bremen: Transfer von Wissen und Innovation

Den kleinsten Anteil an Drittmitteln (4 Prozent) machen Projekte mit Partnern aus der Wirtschaft aus. Initiator der Projekte seien stets die Wissenschaftler. „Keinesfalls wird die Universität von den Unternehmen für ihre Zwecke ausgenutzt“, betonte der Uni-Rektor. Es gehe um den Transfer von Wissen und Innovation. Der Anteil der regionalen Partner sei allerdings sehr gering, so der Rektor, und müsse nach Ansicht von Frank Thoss erweitert werden. Denn diese Kooperationen seien extrem wichtig, um die bremische Wirtschaft und deren Innovationskraft zu stärken.  Eine Transparenz, wie sie das geplante Hochschulgesetz einfordert, könnte das Aus vieler Kooperationen bedeuten. Der Know-how-Vorsprung der Wissenschaftler sei vor Nachahmern nicht mehr geschützt. Mit dem geplanten Gesetz würden Vertragsverhandlungen extrem schwierig. Wirtschaft und Industrie würden sich möglicherweise andere Partner suchen. Schließlich sei beim Einwerben von Drittmitteln die Konkurrenz zwischen den Universitäten sehr groß. „Das Land Bremen muss ein Interesse daran haben, diesen Transfer möglichst barrierefrei zu halten“, so Scholz-Reiter. Und der Vertreter der Handelskammer, Dr. Frank Thoss, ergänzte: „Wissenschaftstransfer ist aktive Wirtschaftspolitik. Wir brauchen mehr Projekte mit der Wirtschaft in Bremen!“

Uni und Handelskammer wollen einen Weg, wie ihn Niedersachsen geht

Problematisch sei auch der Gesetzentwurf zur Zivilklausel des Landes, waren sich Uni-Rektor und der Vertreter der Handelskammer einig, da Forschung hier ausschließlich für zivile Zwecke genutzt werden dürfe. In dem Entwurf sei der Begriff „ausschließlich“ hoch problematisch. Denn jede Form von Forschung sei für zivile und militärische Zwecke nutzbar. Frank Thoss veranschaulichte dies mit der aktuellen Drohnenforschung: "Drohnen können Medikamente, aber eben auch Bomben transportieren." Der Gesetzentwurf des Landes sei ideologisch und gefährde die Forschungsfreiheit, waren sich Scholz-Reiter und Thoss einig. Statt das Hochschulreformgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden, wünschen sich Universität und Handelskammer einen Weg, wie ihn das Land Niedersachsen geht: Hier haben Regierung und Hochschulen gemeinsam freiwillige Leitlinien erarbeitet.

Zwei Männer sitzen an einem Tisch.