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Student der Uni Bremen holt benachteiligte Jugendliche von der Straße

Ein soziales Projekt im Bremer Stadtteil Tenever macht seit 2011 von sich reden und erntet wachsende mediale Aufmerksamkeit. „Hood-Training“, abgeleitet vom englischen Wort für Nachbarschaft, zieht an die 100 Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 27 Jahren jeden Tag in die Sporthallen des Viertels.…

Von Boxen bis Hip Hop

Sie kommen aus vielen Nationen und nicht selten aus sozial schwachen Familien. Sie sind bildungsbenachteiligt und manche haben in ihren Straßencliquen auch schon Mist gebaut. Kinder und Jugendliche aus Tenever, Osterholz, der Vahr, Walle, Gröpelingen und Bremen-Nord. Sie lernen Disziplin und Selbstbeherrschung beim Boxen und vielen verwandten Sportarten bis hin zum Hip Hop Dance. Der 31-jährige Daniel Magel sagt: „Ich möchte sie davor bewahren, dass sie perspektivlos auf der Straße stehen und Scheiße bauen. Sie sollen stattdessen am allerbesten Abi machen, studieren oder eine Lehre anfangen und auch zu Ende bringen“. Doch wie kriegt man das hin? Haben sich daran nicht schon Pädagogen, Sozialarbeiter, Jugendhilfeeinrichtungen und sogar Polizei und Justiz die Zähne ausgebissen?

„Regeln setzen und verlässlich sein“

Daniel Magel glaubt an seine Mission: „Vorbild sein, Anti-Aggressionstraining, Kampfsport, Gruppengespräche, Zusammengehörigkeit, Regeln setzen und verlässlich sein.“ Diese Worte tauchen wie ein Mantra bei ihm auf. Er hat im Gespräch etwas Magisches. Sein eigener Lebensweg verlief nicht glatt. 13-jährig kam er 1996 mit seiner Familie aus Kasachstan nach Bremen. Es gab Schicksalsschläge, er sagt von sich, er sei abgeglitten. „Ich war in so ziemlich jeder Clique, die es im Stadtteil gab.“ Irgendwie muss er trotz Tütenrauchen und Abhängen die Kurve gekriegt haben. Damals wurden in Tenever 700 Wohnungen abgerissen. Eine Gruppe Jugendlicher, Daniel dabei, konnte die Quartiersmanager von „Wohnen in Nachbarschaften“ (WIN) überzeugen, dass sie mit finanzieller Unterstützung in einem Abrisshaus einen Trainingsraum aufziehen können. Sie wollten boxen.

Masterarbeit über Aggression und Gewalt

Er selbst hat sich dann auch durchgeboxt, sein Abitur mit Zwei gemacht, seinen Bachelor an der Uni Bremen auch. Daniel Magel hat Mathematik und Religion auf Lehramt studiert, dann ein Zusatzstudium Inklusionspädagogik begonnen. „Ich hatte damals meine soziale Ader entdeckt und in der Behindertenbetreuung der Lebenshilfe gearbeitet.“ Inklusion Benachteiligter ist ihm auch im Hood-Projekt ganz wichtig. Worüber schreibt er seine Masterarbeit? Natürlich über Prävention und Intervention bei Gewalt sowie dem Umgang mit Aggression und Wut. Seine Probanden hat er vor der Nase, also vor dem Boxhandschuh.

Aufmerksamkeit von außen wächst

Täglich außer montags trainieren die Gruppen: Boxen und Ringen, Fitness und Judo, brasilianischer Kampftanz, Jiu-Jitsu und Leichtathletik werden angeboten. Unter den 14 ehrenamtlichen Helfern, den Übungsleitern und Trainern, sind zahlreiche Studierende der Universität Bremen, die er für sein Projekt begeistern konnte. Längst hat die Außenwelt entdeckt, dass da eine gute Sache wächst. Die Liste der Kooperationspartner und Sponsoren ist lang: Der Landessportbund, die St. Petri Kinder- und Jugendhilfe Bremen, das Amt für Soziale Dienste, die AOK und die GEWOBA darunter. Sogar Lothar Kannenberg, der hessische Guru der Trainingscamps für Jugendliche mit Ecken und Kanten, ist bereits aufmerksam geworden. Gespräche darüber, ob der berühmte Verein „Durchboxen im Leben e.V.“ das Hood-Training übernimmt, werden bereits im Hintergrund geführt.

Filmpremiere „Hood-Training“

Ein Geheimnis für erfolgreiche Arbeit mit der ansonsten schwer zu erreichenden Zielgruppe hat der Masterstudent längst entdeckt. Es braucht Präsentation, Beifall, mediale Aufmerksamkeit. Sich mal wie ein Star fühlen. Am Donnerstag, 27. März 2014, 17 Uhr ist dieser große Tag. In einer Premiere mit vielen Showeinlagen wird im Bürgerzentrum Neue Vahr in der Berliner Freiheit der Kurzfilm „Hood-Training“ Premiere haben. Die Stars? Kinder und Jugendliche aus den so genannten Bremer Brennpunktquartieren. Danach wird der Film auf Youtube anzuklicken sein und ihnen immer wieder neue Motivation geben.

Informationen:
www.hoodtraining.de
https://www.facebook.com/325training

Junger Mann auf Plakat.
Daniel Magel erntet mit seinem Projekt Hood-Training wachsende mediale Aufmerksamkeit.
Sportler liegen bäuchlings im Kreis auf dem Boden.
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Judokämpfer sitzen in Turnhalle.
Judo ist neben Boxen die beliebteste Kampfsportart.
Sportler im Kreis, einer im Rollstuhl.
Das Hood-Training in Tenever ist inklusiv. Auch junge Menschen mit Beeinträchtigungen sind willkommen.