Webbasierter Dokumentarfilm

Im Schnittfeld von Diskurs, Technologie und Vergemeinschaftung

Projektleitung: Prof. Dr. Winfried Pauleit (ZeMKI-Lab "Film, Medienkunst und Populärkultur")

Projektmitarbeiter: Dr. Stefano Odorico

Fördernde Institution: DFG

Die jüngsten Weiterentwicklungen digitaler Technologien,wie auch verstärkte soziokulturelle Ansprüche auf Partizipation verändern und beeinflussen sowohl unsere Vorstellung, als auch Design, Rezeption, Produktion und Distribution von nichtfktionalen audiovisuellen Werken. Diese Entwicklungen bilden die Grundlage für die Entstehung einer neuen, medienplattformbasierten Filmform, die immer populärer wird: Interaktive Dokumentarflme, die die klassische Linearität des Films in fragmentierte raumzeitliche Produktionsformen auflösen. Das Forschungsvorhaben untersucht den interaktiven, webbasierten Dokumentarfilm mithilfe einer breiten pragmatischen Perspektive und betritt damit wissenschaftliches Neuland. Das Vorhaben zielt auf ein genaues Verständnis dieser zeitgenössischen und bisher kaum theoretisierten, nichtfktionalen Filmform in Hinblick auf kommunikative und kollaborative Strukturen, Autorschaft, Zuschauerschaft und Realismus.

In jüngerer Zeit hat sich ein innovativer Forschungszweig zum Thema interactive documentary bzw. i-doc, open documentary, webdoc, transmedia documentary oder digital documentary entwickelt. In diesem Feld ist der Begriff der Dokumentation in „interactive documentary“ weitgehend verständlich, weil er auf einem weithin geteilten Verständnis etablierter flmwissenschaftlicher Definitionen basiert. Interaktivität dagegen ist ein Begriff, der deutlich interpretationsbedürftiger ist, auch weil er so vielseitig in unterschiedlichen Zusammenhängen in Bezug auf das Internet und Digitalisierung benutzt wird. Interaktivität wird auch als etwas verstanden, das ein technisches System voraussetzt, das wiederum eine Auswahl zwischen multilinearen Erzählungen erlaubt und damit die dokumentarische Form und das Publikumserleben verändert. Das DFG-Projekt „Web-based documentary flm between discourse, technology and community building: the pragmatic turn“ trägt zu diesem Forschungszweig bei, indem es sich speziell auf den interaktiven Teil der interaktiven Dokumentationsform konzentriert. Untersucht wurde, wie Interaktivität aus ästhetischer Perspektive beschrieben werden kann und wie dies beeinflusst, wie sich eine Dokumentation entwickelt.

Das Ziel des Projektes war es nicht, eine einzelne Methodologie oder einen Ansatz für Interaktivität zu repräsentieren oder sich dafür auszusprechen, sondern im Gegenteil in höherer Dichte wiederzugeben, wie Interaktivität in interaktiven Dokumentation theoretisiert, betrachtet und angewendet werden kann. Es beschäftigte sich weniger mit Taxnonomien interaktiver Dokumentation als mit der Frage, was Interaktivität (und die Ästhetik von Interaktivität) macht und wie sie das Publikum aktiviert und beschäftigt. In Ergänzung zur ästhetischen Analyse konzentrierte sich das Projekt auf spezifsche Fallstudien wie  z.B. Filmfestivals, digitale Medienbewahrung sowie Pragmatismen und Forschungsmethodologien. Bislang wurde ein Buchbeitrag zu Fragen der Distribution und Events im Zusammenhang von interaktiven Dokumentationen veröffentlicht. Außerdem wurde ein Aufsatz zur Bewahrungsproblematik in einer begutachteten wissenschaftlichen Fachzeitschrift im Dezember 2016 veröffentlicht. 

Das DFG-Projekt wurde im August 2017 abgeschlossen. Als Ergebnisse waren geplant: ein Buch, ein Workshop im Zusammenhang mit dem jährlich stattfndenden Internationalen Bremer Symposium zum Film und eine Forschungswebsite. Mit dem Aufbau und der Gestaltung der Website wurde bereits begonnen. Die Website sollte idealerweise als internationale Forschungsplattform für Forscher dienen, die sich an der Debatte über das Thema des interaktiven und dokumentarischen Films beteiligen möchten. Das Buch konzentriert sich allgemein auf die interaktive  dokumentarische Form sowie auf Ästhetik/Neue Ästhetik, Distribution und Festivals als auch auf Reflektionen zum Forschungspotential dieser gegenwärtigen audiovisuellen Formen. Das Buch ist in deutscher und englischer Sprache erschienen. Der Workshop konzentrierte sich - als erster seiner Art in Deutschland - auf interaktive Dokumentationen als Forschungsmethode. Die Ergebnisse des Workshops, für den nationale und internationale Forscher aus diesem Feld eingeladen wurden, trieb die theoretische Debatte zum Thema weiter voran und gab wichtige Impulse für die Abschlusspublikation des Projektes.