Europäisches Autorenkino

Autorenkino

Man kann sagen: Zur Zeit gibt es kein Europäisches Autorenkino, obwohl die EU viel Geld für Filmprojekte bereitstellt, um europäische Filme zu fördern. Kino ist ein Geschäft. Es wird darin also immer die Sprache der Waren und des Kapitals gesprochen. Man kann aber auch sagen: Einen Autorenfilm gibt es – wenigstens in Rudimenten – immer, denn ohne lebendige Arbeit lässt sich kein Film herstellen. Autorenfilm ist, kurz gesagt, das Bemühen, der lebendigen Arbeitskraft (Realitätssinn, Phantasie, Achtung des Stoffes, Reflexion der Form) mehr Ausdrucksmöglichkeiten gegenüber der Warenform zu verschaffen. Die wirklichen Autoren sind am Ende allerdings nicht allein der Regisseur, die Schauspieler, Beleuchter (also die lebendige Arbeitskraft, die sich in der Produktion ausdrückt), sondern in eben solchem Maße die Zuschauer, die ihren eigenen Film im Kopf produzieren. – Marx spricht vom „Maulwurf“ der Geschichte, der gelegentlich sich in Revolutionen zeige, ansonsten aber unterirdisch lebe. Das Europäische Autorenkino ist nach 1945 aufgetreten, zuerst als „Italienischer Neorealismus“, dann in Frankreich mit dem „Cinema des auteurs“, später als „Neuer Deutscher Film“. Viele internationale Filmschaffende und Filmfreunde fühlen sich diesem Projekt bis heute verbunden. Diesem Europäischen Autorenkino ist die Filmreihe gewidmet.

Winfried Pauleit, Rainer Stollman, Universität Bremen
Veranstaltungsort: CITY 46

Die Reihe läuft vom 18.10.2016 bis 31.1.2017 *Alle Filme mit Einführung!

Just a Kiss

Di. 20.12.2016, 20:00 Uhr

Eine pakistanische Familie, die schon 40 Jahre in London lebt. Wie schwer ist es trotzdem, wenn sich einer aus der kulturellen Zwangsjacke lösen will. Ken Loach, der den Thatcherismus mit proletarischen Solidaritätskomödien bekämpfte, erzählt hier eine zeitgenössische Romeo-und-Julia-Geschichte, in der nicht nur mächtige Familien, sondern staatliche Instanzen äußere Hindernisse bilden. Außerdem schlägt alles, anders als bei Shakespeare, auf die Binnenbeziehung durch. Bewundernswert, wie Loach diesen Realismus mit Heiterkeit und Komik verbindet, ohne zu lügen.

GB 2004, Regie: Ken Loach, mit Atta Yaqub, Eva Birthistle, 100 Min., OmU