Vorherige Projekte
DIP METACOMP
DIP - METACOMP / in Zusammenarbeit mit IMS
Von 2002 bis 2006 förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Initiative DIP METACOMP (Models and Experiments towards Adaptive Control of Motor Prostheses). Ein Problem für neuronale Prothesen sind Instationaritäten. Durch neuronale Plastizität, Degeneration der Aufzeichnungselektroden oder mechanische Störungen kann sich das Mapping zwischen beabsichtigten Aktionen (wie Bewegungen) und den neuronalen Aktivitätsmustern im Laufe der Zeit ändern. Dies ist ein Problem für eine Prothese, die diese Muster interpretiert und versucht, die besagte beabsichtigte Aktion zu rekonstruieren. In Zusammenarbeit mit Eilon Vaadia (Universität Jerusaelm) und Ad Aertsen (Universität Freiburg) haben wir Algorithmen zur Online-Anpassung von Neuroprothesen-Steuerungssystemen entwickelt. Basierend auf dem aktuellen Verhalten der Prothesen versucht die Online-Anpassung bessere Einstellungen zu finden, die die Leistung des Systems verbessern. [Veröffentlichung]
Desweiteren haben wir in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS und Andreas Kreiter (Universität Bremen) ein komplett kabelloses implantierbares Ein-Kanal-Aufzeichnungssystem entwickelt (siehe Abbildung).
BMBF KALOMED
Innovationswettbewerb Medizintechnik - Kabellose Erfassung lokaler Feldpotentiale und elektrische Stimulation der Großhirnrinde für medizinische Diagnostik und Neuroprothetik (Kalomed)
Im Jahr 2009 förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt "Innovationswettbewerb Medizintechnik - Kabellose Erfassung lokaler Feldpotentiale und elektrische Stimulation der Großhirnrinde für medizinische Diagnostik und Neuroprothetik" (kurz Kalomed). Klaus Pawelzik war Koordinator dieses Verbundprojektes. Beteiligt an diesem Verbundprojekt waren die Gruppen von Andreas Kreiter, Walter Lang, Steffen Paul und Martin Schneider von der Universität Bremen sowie die Gruppe von Christian Elger (Epileptologie, Universität Bonn) und die Firma Brain Products.
Ein Problem für neurotechnologische Anwendungen ist es, die neuronalen Aktivitätsmuster in hoher räumlicher Dichte über einen langen Zeitraum (etwa ein Leben lang) zu erfassen. Um die geforderte räumliche und zeitliche Auflösung zu erreichen, ist es notwendig, dass die Elektroden (Schnittstelle zwischen Aufzeichnungssystem und neuronalem Substrat) so nah wie möglich an den neuronalen Schaltkreisen platziert werden. Die Elektroden müssen mindestens unter dem Schädel des Patienten platziert werden. Hieraus ergibt sich ein Problem: Wie können die implantierten Elektroden an ein externes Aufzeichnungssystem angeschlossen werden? Kabel als Konnektoren sind problematisch, weil sie durch den Knochen verlaufen und Kanäle schaffen, durch die Bakterien in den Kopf des Patienten gelangen können. Dies birgt ein hohes Risiko für eine Infektion. Außerdem erzeugen die Kabel, die aus dem Körper austreten, ein zusätzliches hohes mechanisches Risiko. Wenn die Kabel stecken bleiben und daran gezogen wird, kann dies zu schweren Verletzungen führen.
Ziel dieses Projektes war die Entwicklung eines vollständig implantierbaren drahtlosen Aufzeichnungssystems. Die Idee ist, ein sehr kleines System zu entwickeln, das sowohl drahtlos Energie sammelt als auch drahtlos mit der Außenwelt kommuniziert und nicht die Probleme eines Systems mit Kabeln aufweist.
FSP Neurotechnologie
Forschungsschwerpunkt Neurotechnologie
Die Universität Bremen hat im Jahr 2009 beschlossen, dass die Neurotechnologie eine wichtige Forschungsrichtung ist. Dies führte zur Einrichtung eines neuen Forschungsschwerpunktes. Unter der Koordination von Axel Gräser arbeiteten sieben Arbeitsgruppen an grundlagenwissenschaftlichen Fragestellungen im Bereich der Neurotechnologie. Neben der Gruppe von Axel Gräser waren die Gruppen von Klaus Pawelzik, Canan Basar-Eroglu, Andreas Kreiter, Walter Lang, Steffen Paul und Martin Schneider an diesem interdisziplinären Forschungsschwerpunkt beteiligt.
In unserem Projekt (Klaus Pawelzik) untersuchten wir, die Möglichkeiten der selektiven visuellen Aufmerksamkeit als Informationsquelle für Brain Computer Interfaces (BCI). Die Idee ist, ein Objekt aus einer Menge von gezeigten Objekten visuell zu beaufmerksamen, ohne den Blick zu bewegen, und dann anhand der aufgezeichneten neuronalen Aktivitätsmuster zu rekonstruieren, welches der gezeigten Objekte ausgewählt wurde. Dies kann genutzt werden, um eine Schnittstelle, wie einen sogenannten BCI-Speller, zu bauen, die es behinderten Menschen ermöglicht, mit anderen Menschen zu kommunizieren oder externe Geräte zu steuern.
DFG InAuKa
Interareal phase coherence as a mechanism for attention-dependent neuronal signal routing: A model-guided causal analysis using new, multi-contact floating silicon probes for intracortical chronic stimulation and recording in primates
Prof. Dr. Andreas Kreiter
Dr. Udo Ernst
Prof. Dr. Walter Lang
Das Gehirn besteht aus großen neuronalen Netzwerken, die dicht miteinander verschaltet sind. Je nach Kontext, Aufgabe und selektiver Aufmerksamkeit werden Teilnetzwerke so selektiert, dass bestimmte Berechnungen durchgeführt werden, die letztlich zu einer entsprechenden Verhaltensleistung führen. Auf diese Weise werden sensorische Signale selektiv durch das Gehirn geschleust. Letzteres ist im visuellen System bei der selektiven Aufmerksamkeit besonders deutlich. In höheren Arealen des visuellen Kortex wie V4 wurde gezeigt, dass die Antworten von Neuronen mit mehreren Reizen in ihren rezeptiven Feldern ähnlich sind, als ob nur der beachtete Reiz vorhanden wäre. Nicht zuletzt haben wir in einem kürzlich durchgeführten Experiment verhaltensneutrale zufällige Modulationen des Reizkontrastes als direkte Methode eingesetzt, um die Eigenschaften der Signalweiterleitung durch Aufmerksamkeit in visuellen Arealen zu untersuchen. Insbesondere fanden wir heraus, dass die Aufmerksamkeit den Beitrag der nicht-beobachteten Reize zu den Antworten in V4 unterdrückt, während sie einen spezifischen, frequenzbegrenzten Kanal für den beobachteten Ort öffnet.
Diese Befunde stellen zusammen eine Herausforderung für unser Verständnis der Gating-Mechanismen im Gehirn dar. Während die oben genannten experimentellen Ergebnisse mit der Hypothese übereinstimmen, dass kohärente Oszillationen der selektiven Weiterleitung von Informationen durch den Kortex zugrunde liegen könnten, gibt es noch kein Modell, das alle relevanten experimentellen Ergebnisse erfasst und integriert. Insbesondere ist noch nicht geklärt, ob die Synchronisation tatsächlich kausal am Gating-Mechanismus beteiligt ist oder eher ein Epiphänomen, das eine erhöhte Kopplung widerspiegelt.
In diesem Projekt schließen wir uns als Neurobiologen, Theoretiker und Ingenieure zusammen, um diese Fragen anzugehen. Um den experimentellen Zugang und die Kontrolle über die zu untersuchenden Netzwerke zu verbessern, werden wir parallel dazu ein vollständig implantierbares, praktisch kräftefrei schwimmendes Multikontakt-Elektrodennadel-Array für die chronische intrakortikale Aufzeichnung und Stimulation im Primatenkortex entwickeln, testen und einsetzen. Dies wird hochauflösende elektrische und visuelle Stimulation als kausale Instrumente ermöglichen, um Mechanismen direkt zu manipulieren, die mutmaßlich der aufmerksamkeitsabhängigen selektiven Verarbeitung von verhaltensrelevanten Eingangssignalen sowie der effektiven Unterdrückung von verhaltensirrelevanten Signalen zugrunde liegen. Es werden neue Werkzeuge und Methoden etabliert, um verschiedene Aspekte der Dynamik der kortikalen Netzwerke während der aufmerksamkeitsabhängigen Verarbeitung von visuellen Reizen durch elektrische Stimulation direkt zu beeinflussen. Gleichzeitig können die geschalteten Signalkanäle durch aufgabenirrelevante Kontrastmodulationen kontinuierlich charakterisiert werden. Dies wird uns erlauben, die Hypothese kritisch zu prüfen, dass die Gamma-Band-Synchronisation als Gating-Mechanismus für die aufmerksamkeitsabhängige Informationsweiterleitung dient. Darüber hinaus werden die Ergebnisse dazu dienen, die grundlegenden dynamischen Eigenschaften des Netzwerks zu charakterisieren und realistische Modelle für die vorgeschlagenen Routing-Mechanismen zu erstellen.
Creative Unit ISee
Creative Unit "I-See"
Prof. Dr. Walter Lang
Prof. Dr. Steffen Paul
Prof. Dr. Andreas Kreiter
Prof. Dr. Klaus Pawelzik
Hauptziel der Creative Unit (CU) I-See war die Entwicklung einer kortikalen Sehprothese. Dazu untersuchten die Forscher der CU die neurobiologischen Grundlagen der Einspeisung elementarer visueller Informationen in den visuellen Kortex in Richtung des Designs eines komplett kabellosen Implantats. Die CU wurde von 2013 bis 2017 gefördert.
Das angedachte Implantat hat ein hochflexibles Oberflächenelektroden-Array mit ca. 400 Elektroden. Das Layout ist auf die funktionelle Anatomie des visuellen Kortex und einen guten Kontakt zwischen Elektroden und Hirngewebe optimiert. Die auf der Rückseite der Matte integrierten elektronischen Schaltungen messen epikortikale Feldpotentiale mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung und übertragen diese an eine externe Basisstation. Darüber hinaus kann das Gerät komplexe räumlich-zeitliche Muster zur elektrischen Stimulation erzeugen. Die Energieversorgung erfolgt über eine induktive Verbindung und die Daten werden drahtlos über Funkfrequenzen übertragen. Ein wichtiges Ziel war es, eine langzeitstabile Versiegelung zu entwickeln.
Die neurobiologischen Untersuchungen zielten auf eine Verifizierung der Funktionalität des Implantats, die Entwicklung von Modellen zur Vorhersage optimaler elektrischer Stimuli und die Charakterisierung der durch elektrische Stimulation induzierten visuellen Wahrnehmungen. Das Projekt basiert auf umfangreichen und gemeinsamen Vorarbeiten seiner Mitglieder, die in verschiedenen Konstellationen durchgeführt wurden.
HWK Focus Group
Das Hanse-Wissenschaftskolleg Institute for Advanced Study (HWK) https://hanse-ias.de/ unterstützte die Creative Unit "I-See" der Universität Bremen von 2016 bis 2019 mit einer Focus Group https://hanse-ias.de/das-institut/projekte/focus-groups , die eine wichtige Grundlage für die aktuelle EU-Förderung war (Sprecher: Dr. Udo Ernst und Dr. David Rotermund). Im Rahmen der Fokusgruppe wurden zwei Workshops mit renommierten internationalen Experten am HWK durchgeführt und vom Institut mitfinanziert. Die interdisziplinären Treffen trugen dazu bei, unsere internationalen Netzwerke zu verbessern, unsere Sichtbarkeit im Feld zu erhöhen und Impulse für die eigene Forschung in mehreren wichtigen Forschungsfeldern zu erhalten.
Der 11. Bernstein Sparks Workshop "Naturalistic integration of information from external stimulation into ongoing neuronal activities of the brain" fand vom 20. bis 23. Oktober 2016 am HWK statt. Er brachte Wissenschaftler, Kliniker und Ingenieure zusammen, die über das Problem diskutierten, wie man "sinnvolle" Stimulation an kortikale Areale liefern kann. Dabei ging es um neue Ergebnisse aus der Praxis zur Netzwerkdynamik, zur Informationsverarbeitung und um technische Herausforderungen bei der Stimulation von kortikalem Gewebe.
https://hanse-ias.de/veranstaltungen/tagungen-details/bernstein-sparks-workshop
Vom 25. bis 28. März 2017 beleuchtete ein Exzellenz-Workshop am HWK die kollektive neuronale Dynamik und den Betrieb kortikaler Netzwerke in der Nähe kritischer Zustände weiter. Der Workshop "Dynamische Netzwerkzustände, Kritikalität und kortikale Funktion" versammelte die führenden Experten aus aller Welt und lieferte wichtige Erkenntnisse für den späteren Förderantrag. Die Ergebnisse wurden in einem Sammelband veröffentlicht, der bei Springer erschienen ist.