P02 - Versuchsplanung

P02 - Heuristische, statistische und analytische Versuchsplanung

Das Teilprojekt P02 im SFB1232 ist für die Rückrichtung der Methode Farbige Zustände verantwortlich. Es wird von der Mathematik und der Informatik gemeinsam getragen.

Für ein vorgegebenes Anforderungsprofil identifiziert die heuristische Suche Bereiche im Raum der Mikrodeskriptoren, deren Prädiktion durch die Prädiktorfunktion aus P01 Werkstoffeigenschaften liefert, die möglichst gut dem Anforderungsprofil entsprechen. Die analytische Suche übernimmt diese eingegrenzten Bereiche und identifiziert innerhalb dieser exakte Lösungen. Mit den Mikrodeskriptoren ausgestattet, übernimmt die statistische Versuchplanung und gibt (für ein vorgegebenes Legierungssystem) die Prozessparameter der Versuche vor, um diese Mikrodeskriptoren zu erreichen. Somit lässt sich die Prozesskette experimentell validieren und die Eignung des getroffenen Suchpunktes überprüfen.

Für die statistische Versuchsplanung ist ein iterativer Versuchsplanungsalgorithmus entwickelt worden, der für die eingegebenen Zieldeskriptoren zunächst eine Faktoranalyse durchführt, mit deren Hilfe eine Dimensionsreduktion stattfindet. Dies erleichtert den anschließenden Fit der Prozessparameter auf die Mikrodeskriptoren. Abschließend wird die Dimensionsreduktion rückgängig gemacht, indem in den Ursprungsraum retransformiert wird. Mit den Parametern im Ursprungsraum wird dann eine experimentelle Validationsphase gestartet, deren Ergebnisse für die nächste Iteration genutzt werden.

Die heuristische Suche verwendet evolutionäre Algorithmen, um geeignete Bereiche innerhalb der Mikrodeskriptoren zu identifizieren, die sich mithilfe der Prädiktorfunktion auf das Anforderungsprofil abbilden. Die Entwicklung einer geeigneten Bewertungsfunktion ist entscheidend für die Effektivität eines evolutionären Algorithmus. Im Unterschied zu bisherigen Verfahren werden im SFB1232 die Suchkandidaten im Raum der Mikrodeskriptoren auf Basis einer experimentell gelernten Funktion bewertet (wie weit ist das prädizierte Anforderungsprofil vom vorgegebenen weg?). Dies hat zur Folge, dass Ungenauigkeiten in der Prädiktorfunktion aufgrund dünn besetzter Daten in einem Bereich sich in einer schlechten Bewertung des Suchkandidatens niederschlagen. Dies wird in der in P02 entwickelten Bewertungsfunktion aufgefangen, in dem die empirische Dichteverteilung der unterschiedlichen Werkstoffeigenschaften approximiert wird und Differenzen im Bereich dünn besetzter Daten weniger stark bestraft werden als im Bereich dicht besetzter Daten.

Gleichzeitig ist es aufgrund der hohen Dimensionalität des Suchraumes (die Mikrodeskriptoren umfassen 205 charakteristische Werte) unabdingbar, diesen durch die Aufnahme formaler Restriktionen zu verkleinern. Daher wurde im Teilprojekt P02 in Absprache mit P01 und allen deskriptorermittelnden Teilprojekten eine Erweiterung der domänenspezifischen Sprache von P01 entwickelt, die vorliegende Restriktionen und Identitäten über charakteristische Werte aufnimmt. Das könnte beispielsweise ein Wert sein, der aus dem Verhältnis zweier anderer charakteristischer Werte besteht. Dies erhöht den Suchraum inhaltlich nicht, ist aber eine weitere Dimension für den Suchalgorithmus. Mithilfe dieser Restriktionen kann der Suchraum signifikant verkleinert werden und etappenweise innerhalb des evolutionären Algorithmus überprüft werden, ob die Suchkandidaten noch den Restriktionen entsprechen.

Die lokale Suche schließlich löst ein Problem der inversen Modellierung, indem sie einen vorgebenen Bereich an Mikrodeskriptoren der heuristischen Suche übernimmt und hierin eine exakte Lösung identifiziert. Da dieses Problem weder stetig noch bijektiv ist in den meisten Fällen, wird ein Tikhonov-Regularisierung durchgeführt. Hierbei wird zunächst der Abstand zwischen dem prädiziertem Wert und dem Anforderungsprofil bewertet und anschließend noch ein sogenannter Strafterm hinzugefügt, der Lösungen, die nicht innerhalb der formalen Restriktionen liegen, bestraft. Zusätzlich wird die Lösung in die Mitte des erlaubten Bereichs gedrängt, um Randlösungen und Unstetigkeitseffekte zu vermeiden. Dieser Term wird minimiert und somit der geeignete Suchkandidat identifziert.

Publikationen

R. Drechsler, S. Huhn, Chr. Plump: Combining Machine Learning and Formal Techniques for Small Data Applications - A Framework to Explore New Structural Materials. Euromicro Conference on Digital System Design (DSD), Portorož, Slowenien, 2020, [Link zur Konferenz], [Link zum PDF]

A. Bader, A. Toenjes, N. Wielki, A. Mändle, A.-K. Onken, A. v. Hehl, D. Meyer, W. Brannath, K. Tracht: Parameter Optimization in High-Throughput Testing for Structural Materials, Materials 2019, 12,  https://www.doi.org/10.3390/ma12203439 .

T. Czotscher, D. Otero Baguer, F. Vollertsen, I. Piotrowska-Kurczewski, P. Maass: Connection Between Shock Wave Induced Indentations And Hardness By Means Of Neural Networks, ESAFORM 2019, 2019.

A. Toenjes, H. Sonnenberg, C. Plump, R. Drechsler, A. von Hehl: Measurement and Evaluation of Calorimetric Descriptors for the Suitability for Evolutionary High-Throughput Material Development, Metals 2019, 9, 149 https://www.doi.org/10.3390/met9020149

S. Dittmer, T. Kluth, P. Maass, D. Otero Baguer: Regularization by architecture: A deep prior approach for inverse problems, arXiv:1812.03889 [cs.LG] 2018

D. Otero Baguer, I. Piotrowska-Kurczewski, P. Maass: Inverse Problems in designing new structural materials, Springer, 2018

J. Stoppe, Chr. Plump, S. Huhn, R. Drechsler: Building Fast Multi-Agent Systems using Hardware Design Languages for High-Throughput Systems. &th International Conference on Dynamics in Logistics (LDIC), Bremen, Germany, 2018 [Link zur Konferenz] [Link zum PDF]

N. Drechsler, A. Sülflow, R. Drechsler: Incorporating user preferences in many-objective optimization using relation ε-preferred. Natural Computing, 2015. 14(3): p. 469-483.