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Frische Luft für frisches Denken

Studie der Universität Bremen untersucht Arbeitsbedingungen in Schulklassen

Es klingt banal: Wenn Schülerinnen und Schüler vernünftig lernen sollen, brauchen sie Sauerstoff. Doch tatsächlich herrscht in deutschen Klassenzimmern dicke Luft. Eine Studie der Universität Bremen an drei Schulen hat bestätigt, dass die CO2-Konzentration in den Klassen weit über jeglicher Toleranzgrenze liegt. Die Bremer Schulforscher Professor Hans-Georg Schönwälder und Dr. Gerhart Tiesler vom Institut für interdisziplinäre Schulforschung (ISF) im Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften fordern deshalb sofortige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen von Schülern und Lehrern. Der Clou: Die Vorschläge sind einfach umzusetzen und kosten kein Geld.

Die Wissenschaftler haben an zwei Schulen in Bremen und einer Schule in Niedersachsen die Kohlendioxid-Konzentration in den Klassen gemessen. Das Ergebnis: Im Unterrichtsverlauf wächst in der Regel die CO2-Konzentration der Atemluft über das seit langem akzeptierte Maß von 1000 ppm (parts per million) hinaus an. Auch die gerade noch laut DIN 1946 zu tolerierende Grenze von 1500 ppm wird vielfach verletzt. Schon lange ist bekannt, dass die Zahl von 1000 ppm CO2 die Grenze bildet, von der an Unwohlsein, Kopfschmerz, Unaufmerksamkeit bis hin zu Konzentrationsstörungen zunehmend häufiger auftreten. Diese zunächst nur plausiblen Schlüsse wurden in neuerer Zeit durch Untersuchungen seitens der NASA bestätigt. Aus dem Vergleich kontinuierlicher Vorher-Nachher-Messungen, vor allem der Entwicklung der CO2-Kon¬zentration im Unterricht, konnten die Bremer Wissenschaftler in ihrem Projekt „Gesundheitsfördernde Einflüsse auf das Leistungsvermögen im schulischen Unterricht - ein Beitrag zur Ergonomie der Schule“ höhere Ermüdungswerte und niedrigere Aufmerksamkeitsleistungen bei hoher CO2-Konzentration nachweisen. Diese negativen Effekte traten überdeutlich in 90minütigen Unterrichtseinheiten auf, aber auch in jeder 45minütigen Unterrichtsstunde.

Die Lösung heißt Fenster öffnen. Bereits zwei- bis dreiminütige Lüftungspausen zur Hälfte jeder Unterrichtsstunde - ergänzt um fünf Minuten Lüftungspause zur Teilung von Doppelstunden - verbessern die Arbeitssituationen im Unterricht entscheidend. Der Dank für die frische Luft lautet: erhöhte Aufmerksamkeit bei gleichzeitig geringerer Beanspruchung der Schüler (gemessen über die Herzfrequenz),

geringerer Lärmpegel und intensivere, an den Inhalten des Unterrichts orientierte Kommunikation. Schönwälder und Tiesler schlagen zur wesentlichen Verbesserung des Lernens eine einfache, zugleich effektive und kostenlose Phasenordnung vor:

- Durchzuglüftung von zwei bis drei Minuten nach jeweils 20 Minuten Unterricht;

- Neustrukturierung des Pausennormen (je länger der Unterrichtstag desto länger die Pausen zwischen den Unter-richtsstunden.)

- Ablehnung jeder Verlängerung der Unterrichtseinheiten über 45 Minuten hinaus;

- regelmäßiger Wechsel der Arbeitsformen im Unterricht, um Monotonie zu vermeiden.

Für die nachhaltige Sanierung der Raumakustik der Schulräume sind zwar Kosten aufzuwenden. Sie fallen bei der immer wieder nötigen Renovierung bzw. Teilrenovierung von Schulen jedoch kaum ins Gewicht. Aufgrund der vorgelegten Forschungsergebnisse können nach Ansicht von Gerhart Tiesler „sichere Aussagen über richtige und falsche Gestaltung der Arbeitsbedingungen in unseren Schulen gemacht werden.“ Generell bewirkt die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Schulen eine geringere Beanspruchung der Schüler im Schulalltag. Dadurch wird besser gelernt und zugleich sinkt das Risiko für Schulunfälle aus ermüdungsbedingter Unachtsamkeit. „Der Aufwand ist gering, der Effekt groß“, stellen Schönwälder und Tiesler fest und fordern Behörden und Schulen auf, aktiv zu werden.

 

Wetere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften
Institut für interdisziplinäre Schulforschung
Dr. Gerhart Tiesler,

Tel. 0421 218 2900
tieslerprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

http://www.isf.uni-bremen.de