Reallabor

Wissenschafts-Praxis-Transfer: Reallabor

In der Stadtplanung in kleineren und mittleren Gemeinden sind multi-sektorale Ansätze, die den Zusammenhang von Wohnumfeld und Gesundheit adressieren, selten. Ein intensiver Wissenschafts-Praxis-Transfer ist daher erforderlich, um die Nutzung von Forschungsergebnissen für die Gestaltung gesundheitsfördernder Lebenswelten und eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik zu stärken. Im Rahmen des Forschungsprojekts AFOOT wurde in der Gemeinde Ritterhude (rund 14.680 Einwohner*innen) ein Reallabor eingerichtet. In einem transdisziplinären Forschungsansatz zielt das Reallabor auf die direkte Zusammenarbeit von Wissenschaftlicher*innen und Praxisakteuren und die Integration verschiedener Wissensformen ab. Besonderes Gewicht wird auf die kollaborativen Prozesse der Problemerfassung, der Problemdefinition und dem Problemverständnis gelegt.

Eines der Hauptziele des Reallabors ist es, die Fachkenntnisse aus Public Health und der Stadtplanung zusammenzuführen. Der Integrationsprozess ist in drei Phasen gegliedert: (1) die gemeinsame Konstitution des Forschungsgegenstandes (Problem-Framing), (2) die gemeinsame Wissensproduktion (Co-Creation) und (3) die (Re-)Integration und Anwendung des Wissens in der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Praxis. Das Reallabor bietet eine lokale Plattform für eine gemeinsame Problemerfassung und -definition, die Entwicklung einer lokalen Agenda zur Förderung von Zufußgehen und Fahrradfahren im Alter, kleinräumige Experimente sowie kontinuierliches Monitoring und eine begleitende Evaluation.

Die Zusammenarbeit im Reallabor findet in mehreren Dimensionen statt: zwischen den Sektoren Public Health und Stadtplanung, zwischen Wissenschaftler*innen und Verwaltungspersonal und mit der Bevölkerung. Der Prozess wird von einer Steuerungsgruppe, dem „transition team“, bestehend aus Wissenschaftler*innen aus Public Health und räumlicher Planung und einer für das Reallabor in der Gemeindeverwaltung angestellten Mitarbeiter*in, geleitet. Durch Treffen mit weiteren Vertreter*innen des Planungssachgebiets soll die Einbindung in die Alltagsroutinen der Verwaltung vor Ort gewährleistet werden. Darüber hinaus werden Lokalpolitiker*innen aktiv einbezogen, beispielsweise durch Präsentationen im Planungsausschuss der Gemeinde oder Einladungen zu Projektaktivitäten.

Für die Problemdefinition und zur gemeinsamen Wissensproduktion wurden u.a. durchgeführt:

  • kleinräumige Analysen der Bevölkerungsstruktur und der Erreichbarkeit von Nahversorgungsangeboten,
  • Befragung von Bewohner*innen zu Gesundheit, Mobilität und Wohnumgebung,
  • Zukunftswerkstätten in ausgewählten Ortsteilen zu den Bedingungen des Zufußgehens und Radfahrens und möglichen Lösungsansätzen bei Problemen.

Die Ergebnisse aller Arbeitsschritte mündeten in die Entwicklung einer lokalen Agenda „Aktiv mobil – länger gesund“. Diese Agenda wurde mit diversen Aktivitäten umgesetzt, u.a. in Form einer Stellungnahme zum kommunalen Radförderkonzept, einer Forderung zur Einrichtung von Tempo 30 auf der Hauptverkehrsstraße und der Initiierung eines gemeindeübergreifenden Arbeitskreises Gesundheit.

Darüber hinaus gehen die Erkenntnisse aus dem Reallabor in die Elemente der Toolbox des Projektes AFOOT ein.

Downloads:

Weitere Informationen auf der Seite der Gemeinde Ritterhude: https://www.ritterhude.de/portal/seiten/aktiv-mobil-laenger-gesund-afoot-ein-forschungsprojekt-fuer-ritterhude-906000378-21060.html

Kurzfilm zu einem Aktionswochenende im Reallabor Ritterhude: https://www.youtube.com/watch?v=7nH98vJ9vFI