Forschung

Mikroben-Kohlenhydrat-Interaktionen
Wie Bakterien Zucker verarbeiten
Unsere Arbeitsgruppe erforscht, wie Bakterien komplexe Zucker abbauen und welchen Einfluss diese Prozesse auf ihre Umwelt haben. Ziel ist es, die physiologischen Fähigkeiten mikrobieller Gemeinschaften („Phänotypisierung von Mikrobiomen“) zu charakterisieren und die Heterotrophie von Mikroorganismen zu quantifizieren.
Einfach gesagt möchten wir verstehen, wie Bakterien Zucker abbauen und was für einen Einfluss das auf die Ökosysteme hat. Beispiele reichen vom Abbau von Zuckern in den Ozeanen – mit direkten Konsequenzen für den globalen Kohlenstoffkreislauf – bis hin zum Zuckerabbau in menschlichen und tierischen Verdauungssystemen, der die Gesundheit beeinflussen kann.
Wir wollen die Analyse mikrobieller Heterotrophie neu definieren, indem wir innovative kulturunabhängige Methoden einsetzen, um mikrobielle Phänotypen sichtbar zu machen. Dazu gehören etwa fluoreszierende Substrate, mit denen sich Stoffwechselaktivitäten einzelner Bakterien direkt beobachten lassen. Unsere Gruppe kombiniert dabei Ansätze aus der molekularen Ökologie (DNA-Extraktion, PCR, Diversitätsanalysen mittels 16S rRNA, Metagenomik, FISH und Mikroskopie), der Mikrobiologie (Kultivierung, Wachstumskurven, Stoffwechselanalysen) und der Glykobiologie (Kohlenhydratextraktion, Zuckeranalysen, Herstellung fluoreszierender Zucker).
Wir sind eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe und Teil des Critical Research Centre (SFB-TRR) CONCENTRATE sowie des Exzellenzclusters The Ocean Floor – Earth’s Uncharted Interface.
Die 3 bakteriellen Zuckerabbaumechanismen im Meer
Um Vielfach-Zucker, sogenannte Polysaccharide, zugänglich für mikrobiologischen Stoffwechsel zu machen, müssen sie durch Enzyme zu kleineren Bestandteilen abgebaut werden. Marine Bakterien verarbeiten Mehrfachzucker auf drei verschiedene Art und Weisen. Entweder nehmen sie die Polysaccharide in ihren Membranzwischenraum auf und bauen sie dort ab, ohne dass andere Mikroorganismen etwas davon abbekommen. Dieser Mechanismus nennt sich „selfish“ (Englisch für „egoistisch“). Andere Bakterien geben ihre Enzyme in die Umgebung ab, die dort die Zucker abbauen und die Produkte verfügbar für alle machen. Davon profitiert der letzte Typ Bakterien, der gar keine Enzyme produziert und nur von den Abbauprodukten anderer lebt. Man kann sich das ein wenig vorstellen, als würden die Bakterien um Bonbons streiten.


Wie beeinflusst die Umwelt den Zuckerabbau?
Wo in den Meeren findet welcher Mechanismus statt und wie hängen sie mit den umgebenden Umweltfaktoren zusammen? Um Einflüsse von Temperatur, Tiefe, Druck, Nährstoffverfügbarkeit, Sauerstoff und Salzgehalt zu verstehen, nehmen wir Meerwasserproben an verschiedensten Ecken der Ozeane.

Abiotische Faktoren der Zuckeraufnahme
Faktoren wie Temperatur oder pH bestimmen, wie gut Bakterien Zucker und andere organische Stoffe aufnehmen und verwerten können. Ziel ist es, die Rolle abiotischer Parameter im Zusammenspiel von Kohlenstoffkreisläufen und mikrobieller Dynamik im marinen Ökosystem besser zu verstehen.

Biotische Faktoren der Zuckeraufnahme
Biotische Faktoren gehen von anderen Lebewesen aus. Wir wollen verstehen, wie Konkurrenz die Art der Zuckeraufnahme beeinflusst. Co-Kulturen von verschiedenen Arten sollen uns zeigen, ob sie egoistisch reagieren, wenn sie Nachbarn haben.

Speichern egoistische Bakterien Kohlenstoff?
Egoistische Bakterien könnten einen Einfluss auf die Kohlenstoffspeicherung im Meer haben, denn sie nehmen (temporär) Zucker auf und ziehen so Kohlenstoffverbindungen aus dem Kreislauf.

Präbiotische funktionelle Verbesserung der Pansenmikrobiome
Unsere Pansenprojekte sind eine Weiterführung des RUMIC-Projekts (Marie Skłodowska-Curie Actions, 2019–2023), das neue Strategien erforschte, um das Mikrobiom im Pansen von Wiederkäuern (Kühe) durch Präbiotika gezielt zu beeinflussen. Ziel ist es, die Verdauung von Pflanzenfasern zu verbessern, die Fermentation effizienter zu machen und so Tiergesundheit und Nachhaltigkeit zu fördern.
Bisherige Ergebnisse:
- Präbiotika verändern Zusammensetzung und Aktivität der Pansenmikroben.
- Es gibt deutliche stammspezifische Unterschiede bei der Zuckeraufnahme.
- Unsere neuen Methoden zeigen, welche Mikroben gezielt bestimmte Substrate verwerten.
Kooperationen
Wir sind dankbar für unsere zahlreichen Kollaborationen und gemeinsamen Projekte und offen für neue Kooperationen.
Bei Interesse kontaktieren Sie uns gerne.

