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Wie entstehen Kipppunkte und wie lassen sie sich vermeiden? GlobalTip endet erfolgreich mit Abschlusskonferenz

Die Projekte der BMFTR-Fördermaßnahme GlobalTip haben verschiedene Regionen der Welt untersucht, in denen Ökosysteme zu kippen drohen. Mit einer Abschlusskonferenz vom 01.-02.07.2025 in Frankfurt am Main fanden die Projekte ein erfolgreiches Ende. Das artec war mit dem Projekt Humboldt Tipping dabei

Mit 85 Teilnehmenden aus Forschung und Praxis war die Abschusskonferenz der Fördermaßnahme „Kipppunkte, Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen" (GlobalTip) des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) gut besucht. Für das Teilprojekt Humboldt Tipping, das seit 2019 am artec bearbeitet wird, nahmen Sara Doolittle Llanos, María Garteizgogeascoa und Michael Flitner teil. Einem kritischen sozialwissenschaftlichen Ansatz folgend stellten sie die Perspektiven der Arbeitsgruppe auf verschiedene Resilienzkonzepte vor, die eng mit der Kipppunktforschung zusammenhängen.

Was sind Kipppunkte?

Die insgesamt sechs Teilprojekte der Fördermaßnahme erforschten sowohl in terrestrischen als auch in aquatischen Regionen der Welt Elemente des Erdsystems, die zu kippen drohen. Wenn die Stabilitätsgrenzen dieser Elemente erreicht sind, dazu gehören beispielsweise der Amazonas-Regenwald, das Grönländische Eisschild oder Meeresströmungen, kann es zu abrupten, schweren, möglicherweise sogar unumkehrbaren Veränderungen kommen – sie haben dann einen sogenannten Kipppunkt überschritten. Menschliche Eingriffe wie Überfischung der Meere und großflächige Abholzung von Wäldern für landwirtschaftliche Zwecke treffen hier auf natürlich auftretende Phänomene wie das des El Niño. Der Klimawandel verstärkt diese negativen Entwicklungen und belastet die Ökosysteme zusätzlich, etwa durch immer häufigere und länger andauernde Trockenphasen. Wird ein Kipppunkt überschritten, kann dies zu Domino-Effekten für die Gesellschaft, Wirtschaft und Natur führen, die sich gegenseitig verstärken.

In den Teilprojekten wurden Anpassungsstrategien entwickelt, die den negativen Auswirkungen menschlichen Wirtschaftens auf die Ökosysteme entgegenwirken – in enger Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort, die auf die Ökosysteme als direkte Lebensgrundlage angewiesen sind.

Humboldt Tipping – Das GlobalTip-Teilprojekt am artec

Das Teilprojekt “Humboldt Tipping – Social Ecological Tipping Points of the Northern Humboldt Current Upwelling System, Economic Repercussions and Governance Strategies” erforscht das Auftriebssystem des Humboldtstroms an der Westküste Perus. Aufgrund des natürlichen Vorgangs des „Auftriebs" vom kalten, nährstoffreichen Wasser aus der Tiefe an die Meeresoberfläche, ist dies der fischreichste Ort der Welt. Die neuen Untersuchungen des Projekts zeigen jedoch, dass die Küstengewässer Perus bis 2050 mit tiefgreifenden klimatischen und ökologischen Veränderungen konfrontiert sein werden. Diese gefährden das marine Ökosystem und bringen erhebliche Risiken für die Anpassungsfähigkeit sowohl für kleine Fischereibetriebe als auch für die industrielle Fischerei.

Die Küste Perus bietet tausenden von Menschen in der Region Lebensgrundlage und insbesondere Proteinquellen. Sie ist zudem Extraktionsort einer Vielzahl von Produkten, die ihren Weg auf internationale Märkte finden, darunter Fischöl, Fischmehl und Jakobsmuscheln. Das Arbeitspaket „Stakeholder engagement and governance for sustainability transformations“, an dem das artec beteiligt ist, hatte die Aufgabe zu untersuchen, welche Governance-Veränderungen angesichts aktueller und zukünftiger Krisen in diesem Sektor nötig sind. Mittels ethnografischer Feldforschung untersucht die Gruppe, wie Kleinfischer:innen, Jakobsmuschelproduzierende und andere wichtige Mitglieder der lokalen Gemeinschaften, insbesondere Frauen, in lokale und internationale Dynamiken und die damit verbundenen Veränderungen eingebunden sind.

Die Erforschung von Kipppunkten erfordert einen umfassenden Blick auf das Phänomen

Neben den Projektergebnisse stand der Austausch zwischen den beteiligten Forschenden aus Deutschland und den Partnerländern sowie Stakeholdern der Untersuchungsregionen im Zentrum. Die Teilnehmenden der Diskussionen waren sich einig: Zur Erforschung von Kipppunkten müssten Wirtschaft, Gesellschaft und Ökosysteme gemeinsam betrachtet werden. Die Beschränkung des Blicks auf einzelne Treiber bedeute, die Gefahr möglicher zukünftiger Kipppunkte zu unterschätzen.

Weitere Informationen zum Projekt Humboldt Tipping am artec finden Sie hier. Über die Fördermaßnahme GlobalTip des BMFTR können Sie hier mehr erfahren.

Gruppenfoto der Mitglieder des Projekts Humboldt Tipping auf einer Flussfähre
Das internationale Team des Projekts Humboldt Tipping feiert den erfolgreichen Projektabschluss in Frankfurt am Main
Sara Doolittle Llanos steht im Vorlesungssaal am Rednerpult und spricht zum Publikum
Sara Doolittle Llanos und María Garteizgogeascoa (beide artec) stellten den Blick ihrer Arbeitsgruppe im Projekt Humboldt Tipping auf verschiedene Resilienzkonzepte vor