Dezentral gespeisten Wärme- und Kältenetzen

Energieeffizienzbasierte Regelung von dezentral gespeisten Wärme- und Kältenetzen unter Berücksichtigung von Lebensdauereffekten

Die Stadtwerke München (SWM) haben gemeinsam mit drei Partnern ein Forschungsprojekt zur Effizienz von Energienetzen ins Leben gerufen. Im Projekt „En-eff_Netzregelung“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, sollen Grundlagen erarbeitet werden, um Fernwärme- und Fernkältenetze bezüglich Energieeffizienz und Lebensdauer optimal betreiben zu können. Berücksichtigt werden dabei die künftig regenerative und eher dezentrale Erzeugungsstruktur, niedrigere Vorlauftemperaturen sowie ein zunehmender Ausbau der Netzsensorik durch Smart Metering.

 

Das Projekt beinhaltet zunächst die Erforschung und Modellierung von Energieverlusten. Zur Überprüfung werden an ausgewählten Punkten im Fernwärmenetz der SWM Sensoren Temperatur und Feuchtigkeit im Boden erfassen. Daneben sollen auch Alterungseffekte der Infrastruktur erforscht und modelliert sowie anhand der erhobenen Daten verifiziert werden.

 

Die Ergebnisse werden in ein schon bestehendes Netz-Simulationsmodell integriert. Anhand dieses Netzmodells soll dann ein Verfahren zur Netzregelung entwickelt werden, welches alle Effekte berücksichtigt und das Netz entsprechend regelt. Mittelfristig soll das so entwickelte Gesamtverfahren in den SWM Netzen implementiert werden.

 

Zielsetzung ist die Entwicklung einer Software, die ein Fernwärmenetz vollautomatisch optimal bezüglich Lebensdauer sowie Energieeinsatz steuern und regeln kann und dabei allen denkbaren Betriebssituationen gewachsen ist. Zunächst soll diese Software aber nicht automatisch Regelungen umsetzen, sondern das Betriebspersonal mit Vorschlägen für einen optimalen Betrieb unterstützen.

 

Für die SWM sind die Ergebnisse vor allem im Hinblick auf eine ideale Energieausnutzung im zunehmend mittels Geo­thermie gespeisten Münchner Fernwärme- und Fernkältenetz in Kombination mit neuen Einsatzmöglichkeiten digitaler Techniken in der Infrastruktur von großem Interesse. Vereinfacht gesagt, könnten durch einen noch effizienteren Netzbetrieb mit der gleichen Energiemenge mehr Haushalte versorgt werden.

 

Die Partner auf Forschungsseite sind das Institut für Automatisierungstechnik (IAT) der Universität Bremen und der Bereich Technisches Infrastrukturmanagement der HafenCity Universität (HCU) in Hamburg. Das IAT ist für die Weiterentwicklung des vorhandenen Netz-Simulationsmodells sowie für die Entwicklung von optimalen Regelungsalgorithmen zuständig. Die HCU entwickelt Berechnungsalgorithmen für die Einschätzung von Energieeffizienz und Gebrauchsdauer der Leitungen. Der Fernwärme-Spitzenverband AGFW komplettiert das Konsortium und stellt die Migration der Forschungsergebnisse des Projekts „En-Eff_Netzregelung“ in die Branche sicher.

 

Am IAT wird insbesondere ein bereits entwickeltes Modell zur genauen Berechnung von Druckverhältnissen, Massenströmen und Kundenabnahmen in Fernwärmenetzen auf der Basis begrenzter realer Messdaten um die Berücksichtigung von Temperaturverläufen erweitert. Diese Erweiterung wird auch auf Kältenetze angewandt. Auf dieser Grundlage strebt man die Entwicklung einer optimierten Netzregelung an, welche sowohl Wärmeverluste minimiert als auch die Lebensdauer der Leitungen erhöht.

Die effiziente Verteilung von Wärme bleibt ein zentrales Ziel, um den spezifischen Druck- und Temperaturanforderungen der Kunden bestmöglich gerecht zu werden. In diesem Kontext werden zwei Ansätze zur Regelung der Fernwärmenetze der Stadtwerke München verfolgt: einerseits die modellprädiktive Regelung (MPC) und andererseits eine auf künstlicher Intelligenz basierende Methode mittels Reinforcement Learning (RL). 

Die modellprädiktive Regelung erfordert ein präzises und schnelles Modell sowie eine Echtzeit-Optimierung auf Grundlage von Gradienten. Im Gegensatz dazu nutzt das Reinforcement Learning ein künstliches neuronales Netzwerk, welches vorab anhand des Modells in spezifischen Betriebsszenarien trainiert wird. Hierfür ist die Generierung einer beträchtlichen Datenmenge auf Basis des Modells notwendig. Um diese Herausforderungen anzugehen, werden neben physikalischen thermo-hydraulischen Modellen auch Methoden der Systemidentifikation und des maschinellen Lernens eingesetzt.

 

Aktualisiert von: Redaktion