Koselleck

Reinhard-Koselleck Projekt

Experimentelle Untersuchungen zur Kopplung von Reaktionsumsatz und Permeabilität in Wechselwirkungen zwischen Wasser und Gestein

 

Projektbeschreibung

Wechselwirkungen zwischen Wasser und Gestein spielen in den Geowissenschaften eine wesentliche Rolle. Zum einen regeln sie den klimaentscheidenden Stoffaustausch zwischen Erdkruste und den Ozeanen. Zum anderen beeinflussen sie hydraulische und felsmechanische Eigenschaften und sind somit in den angewandten Geowissenschaften bedeutsam. Bei diesen Wechselwirkungen modifizieren Volumenänderungen der Festphasen fortwährend die Verteilung von Porosität und Permeabilität im Gestein. Die Raten, mit denen die entscheidenden Lösungs- und Fällungsreaktionen ablaufen, hängen wiederum sehr stark von der Verteilung von Porosität und Permeabilität ab. Über diese Rückkopplungen zwischen Reaktionsablauf und Porenraumverteilung ist wenig bekannt, und dies stellt sich bei der Beurteilung und Vorhersage von Systemverhalten in den Geowissenschaften immer wieder als Problem heraus. Hier werden experimentelle Arbeiten vorgeschlagen, bei denen systematische Untersuchungen dieser Rückkopplungen im Vordergrund stehen. In Durchflussexperimenten sollen bei erhöhten Drücken und Temperaturen Gesteinskörper mit korrosiven oder übersättigten Lösungen beschickt werden. Durch die so eingeleiteten Reaktionen verändert sich die Geometrie des Porenraums. Diese Änderungen werden computertomographisch abgebildet, während Zeitreihenanalysen der Zusammensetzung der Wässer Aufschluss über die Entwicklung thermodynamischer und kinetischer Kenngrößen liefern. Die in den Experimenten gewonnenen Erkenntnisse sollen die Parametrisierung numerischer Modelle zur Erfassung von gekoppelten Strömungs- und Stofftransportprozessen entscheidend verbessern.


Arbeiten im Projekt

Bild eines Röntgenscanners

Installation eines Labors für Röntgenstrahl-Mikrotomographie (µ-CT)

Wir verwenden ein ProCon CT-ALPHA, um zerstörungsfrei die räumliche Verteilung von Materie im Inneren einer Probe zu ermitteln. Das Verfahren basiert auf der Erkennung und Lokalisation von Regionen unterschiedlicher Massenschwächung in der Probe. Mehr Informationen zur Methode auf der Webseite unseres Röntgen-µ-CT Labors (CT-ALPHA).

Konstruktion einer röntgentransparenten Durchflusszelle für Wasser-Gesteins-Reaktionen

Wir haben eine Durchflusszelle für Wasser-Gesteinsreaktionen konzipiert, welche vollständig aus röntgentransparentem, semikristallinen PEEK (Polyetheretherketon) besteht. Die Abbildung links zeigt ein laufendes Durchflussexperiment: Die PEEK Zelle befindet sich im Ofen, die Versuchsfluide perkolieren durch PEEK-Kapillaren in der Versuchsanordnung. Das Pumpensystem, Fluidtanks sowie die komplette Fließstrecke sind auf einem Rollwagen montiert, um den Transfer vom Ofenlabor zum Röntgen-µ-CT-Labor zu ermöglichen; rechts im Bild ist eine zusammengebaute Durchflusszelle. Die Abbildung basiert auf: 
Kahl et al. (2016)  doi:10.5194/se-7-651-2016 

Kombination von experimenteller Simulation und µ-CT Beobachtungen

Zeitreihe aus drei µ-CT-Beobachtungen der Umwandlung von Gips zu Anhydrit (Versuchsbedingungen: 77 Tage bei 110 °C und 45 bar (45 MPa) mit gipsgesättigtem Fluid). Im Versuchsverlauf hat sich der Gipseinkristall (künstlich geklüftet zur Fluidpermeabilität) nahezu vollständig zu nadeligem Anhydrit umgewandelt. Ein 3D Modell des Endstadiums zeigt im Anschnitt letzte Reste von Gips nahe der Eintrömstelle der Fluide. Die Abbildung stammt aus: 
Kahl, W.-A., Hansen, C., and Bach, W. (2016) A new X-ray-transparent flow-through reaction cell for a μ-CT-based concomitant surveillance of the reaction progress of hydrothermal mineral–fluid interactions. Solid Earth, 7, 651-658. doi:10.5194/se-7-651-2016 

Analyse der Reaktivität von Kristalloberflächen eines Durchflussexperiments von Marmor in einer perforierten PEEK Kammer

Visualisierung eines Durchflussexperiments von Marmor in einer perforierten PEEK Kammer in der Durchflusszelle. (A) Perforierte PEEK Kammer (PEEKin); (B) Marmorprobe mit zentraler Bohrung für den Fluidfluss; (C) Volumenrekonstruktion; (D) Bildsequenz zum Vergleich des Lösungsfortschritts nach 54 Tagen Durchfluss. Die Abbildung ist modifiziert nach: 
Kahl et al. (2020)  doi: 10.2475/01.2020.03 

Quantitative 3D Bildbearbeitung zur Messung des Reaktionsfortschritts durch µ-CT Beobachtungen

Quantifizierung des Lösungsfortschritts und Berechnung von Reaktionsraten. (A) Materialverlust im Laufe des Durchflussexperiments; (B) Prinzip der Bestimmung des Abstands von initialer zu finaler Oberfläche; (C) Prinzip der Berechnung der Lösungsraten. Die Abbildung ist modifiziert nach: 
Kahl et al. (2020)  doi: 10.2475/01.2020.03 

Analyse der Reaktivität von Kristalloberflächen durch Kombination von µ-CT und Interferometrie (VSI) Beobachtungen

Charakterisierung der Variabilität von Lösungsraten an Kristalloberflächen. (A) Ratenkarte aus µ-CT Beobachtungen des Durchflussexperiments; (B) Örtliche Variabilität der Häufigkeitsverterteilung der Lösungsraten über eine Fließstrecke von ca. 5,5 mm; (C) Örtliche Variabilität der Lösungsraten in einem VSI-Experiment; (D) Zusammenstellung von Häufigkeitsverteilungen von Lösungsraten aus Durchflussexperimenten an Kalzit (Einkristalle und polykristallines Material) aus µ-CT und VSI Beobachtungen. Die Abbildung ist modifiziert nach: 
Kahl, W.-A., Yuan, T., Bollermann, T., Bach, W., Fischer, C. (2020) Crystal surface reactivity analysis using a combined approach of X-ray micro-computed tomography and vertical scanning interferometry. American Journal of Science, 320(1), 27-52.   doi: 10.2475/01.2020.03 

Charakterisierung der 3D Reaktionstextur und des Mikrogefüges von Olivin in deserpentinisierten ultramafischen Gesteinen durch korrelative Röntgenstrahl-μ-CT- und Elektronenrückstreubeugungsanalysen (EBSD)

Korrelative Röntgenstrahl-μ-CT- und Elektronenrückstreubeugungsanalysen (EBSD) der 3D Reaktionstextur und des Mikrogefüges von Olivin. (A) Entstehung zwei unterschiedlicher Wuchsformen von Olivin bei der Dehydratation von Serpentinit; (B) Semi-destruktiver Arbeitsablauf der korrelativen μ-CT- und EBSD-Analysen; (C) Korrelation von µ-CT- und EBSD-Daten zur Zusammenführung von Wachstumsrichtung und Kristallorientierung; (D) Charakterisierung von Gefüge und Habitus der Olivinkristalle durch µ-CT-Analysen, und der Kristallorientierung durch EBSD-Untersuchungen. Die Abbildung ist modifiziert nach: 
Kahl et al. (2017)   doi:10.1111/jmi.12598

Digitale Bildbearbeitung zur Charakterisierung von 3D Reaktionstextur und Mikrogefüge von Olivin aus einer Entwässerungsreaktion

Methoden der digitalen Bildbearbeitung von µ-CT-Daten und Kombination mit EBSD-Daten, und Zusammenführung von Wachstumsrichtung und Kristallorientierung. (A) Unterscheidung der zwei unterschiedlichen Wuchsformen von Olivin durch Dickenanalyse; (B) Visualisierung von granularem und blattförmigem (Spinifex) Olivin; (C) Visualiserung nur des Spinifex-Typus; (D) Zusammenführung von Wachstumsrichtung und Kristallorientierung für die Probe AL14-08; (E) Zusammenführung von Wachstumsrichtung und Kristallorientierung für die Probe AL14-11;. Die Abbildung ist modifiziert nach: 
Kahl, W.-A., Dilissen, N., Hidas, K., Garrido, C. J., López-Sánchez-Vizcaíno, V. and Román-Alpiste, M. J. (2017): 3-D microstructure of olivine in complex geological materials reconstructed by correlative X-ray µ-CT and EBSD analyses. Journal of Microscopy 268, 193-207.   doi:10.1111/jmi.12598 

Texturelle Veränderungen während der Dehydratation von Serpentinit zu Peridotit unter hohen Drücken und die Relation zu Stressregime und Kinematik der subduzierenden Platte

Die Kombination von µ-CT- und EBSD-Daten (d. h., der Zusammenführung von Wachstumsrichtung und Kristallorientierung) hat zu folgenden Erkenntnissen beigetragen: Die Kristallisation von granularen bzw. blattförmigen Olivin in Chlorit-Harzburgitgesteinen dokumentiert eine Abfolge von langsamer und schneller Fluiddrainage während der Deserpentinisierung, wobei das zu Grunde liegende Stressfeld dieselbe Orientierung der Hauptspannungsachsen zeigt wie jenes benachbarter Serpentinite. Die ESE-WNW Lineation von Oxidaggregaten sowohl in Granofels- als auch Spinifex-Chl-Harzburgiten, sowie die Ausrichtung der [001] Olivin Spinifexblättchen zu einer der Stressachsen kann eine Paläoflussrichtung der Fluide anzeigen. Die Abbildung ist modifiziert nach: 
Dilissen, N., Hidas, K., Garrido, C. J., Kahl, W.-A., Sánchez-Vizcaíno, V. C., Padrón-Navarta, J. A. (2018) Lithos, 320-321, 470-489.   doi: 10.1016/j.lithos.2018.09.033