Forschungsdaten – Das Gold der Gegenwart

Tag der Forschungsdaten
v.l.: Prof. Christof Wolf, Dr. Heide Ahrens, Prof. Hajo Zeeb, Uni-Rektorin Jutta Günther, Moderator Felix Krömer

Forschungsdaten – das klingt erst mal nach trockener Materie, vielleicht nach Spielwiese für Science Nerds. Aber weit gefehlt. Beispiel gefällig? Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 gab es keinerlei Forschungsdaten über den Effekt des Maskentragens. Die Folge: Politik und Gesundheitsinstitutionen irrlichterten durch die ersten Monate der Pandemie mit widersprüchlichen Meinungen zum Maskentragen. Damit auch eine breitere Öffentlichkeit besser versteht, wie bedeutsam Forschungsdaten und ihre Handhabung sind, hat die U Bremen Research Alliance Anfang Juni erstmals einen „Tag der Forschungsdaten“ veranstaltet. Eine exzellente Premiere.

Zur Eröffnung hatte die U Bremen Research Alliance (UBRA), ein Zusammenschluss der Universität Bremen mit 12 renommierten außer-universitären Forschungseinrichtungen, ins Bremer Haus der Wissenschaft geladen. „Forschungsdaten in Zeiten der Digitalisierung“ war das Thema und die rund 100 Gäste wurden auf eine eindrucksvolle Tour d’Horizon mitgenommen. „Mit Forschungsdaten erhalten wir unsere wertvollsten immateriellen Werte“, so Uni-Rektorin Professorin Jutta Günther. „Wir müssen sie sicher und sorgsam handhaben und aufbewahren – eben wie das Gold der Gegenwart.“ Ein wichtiges Instrument dafür ist die im Oktober 2020 gegründete NFDI, die Nationale Forschungsdateninfrastruktur, bei der Mitgliedseinrichtungen der UBRA über neun Forschungskonsortien maßgeblich beteiligt ist.

Interoperabilität und Governance sind die zentralen Aufgabenstellungen, erläuterte Dr. Heide Ahrens, Generalsekretärin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um Forschungsdaten nicht nur gesellschaftlich, sondern wirtschaftlich nutzbar zu machen. Ein Hemmschuh dieser Entwicklung sei die aktuelle weltpolitische Lage, aufgrund derer die G7-Staaten die bisherige Open-Access-Strategie wieder einschränken wollen.

In seinem Vortrag über „Forschungsdaten-Management als Basis für wissenschaftsbasierte Entscheidungen der Politik“ zog Professor Hajo Zeeb vom Bremer Leibniz-Institut für Prävention und Epidemiologie (BIPS) ein differenziertes Fazit der Erfahrungen in der Pandemie. Die Politik habe viel stärker als in der Vergangenheit Information und Dialog mit der Wissenschaft gesucht. So habe das von der DFG geförderte Kompetenznetzwerk Public Heath zu Covin19, an dem auch das BIPS mitwirkt, fast 100 Policy Briefs erstellt. Doch in wichtigen Bereich wurden Chancen nicht genutzt, z.B. bei der Verknüpfung von Impfdaten mit Krankenkassendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte.

Hier hinkt Deutschland internationalen Entwicklungen leider noch hinterher, in Bereichen wie Impfdaten sogar meilenweit, resümierte abschließend der Soziologe Professor Christof Wolf, Präsident des GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim. Es benötige dringend mehr Aufklärung, Information und auch Training, damit die Öffentlichkeit und auch politische Entscheidungsträger mehr Kompetenz erhalten, um die Belastbarkeit von Daten zu beurteilen. Das gelte im Übrigen auch für das heiße Thema Datenschutz, bei dem in Deutschland oft der Datenschutz mit Ausschließlichkeit über andere berechtigte Bedürfnisse wie den Gesundheitsschutz gestellt werde.

Es war ein sehr informativer, ein sehr anregender Abend. Und wer wissen wollte, wie der ganz reale Umgang mit Forschungsdaten aussieht, der konnte dies am folgenden „Tag der Forschungsdaten“ bei der Uni und den Instituten in Workshops, Vorträgen und Walk-Ins überall auf dem Campus erfahren.