Vogelgrippe in Deutschland: Uni Bremen-Virologe ordnet Bedeutung für Wild- und Nutzvögel ein

Das Thema Vogelgrippe beschäftigt aktuell Wissenschaft, Landwirtschaft und Bevölkerung. Daher haben wir mit dem Virologen Dr. Andreas Dotzauer von der Universität Bremen über Gefahren, Schutzmaßnahmen und aktuelle Erkenntnisse gesprochen.
Hier seine Expertenmeinung:
Vogelgrippe ist eine durch Viren verursachte Infektionskrankheit, die normalerweise bei wilden Wasservögeln auftritt. Das Virus, das mit den menschlichen Influenza A-Viren verwandt ist, kann aber leicht durch Ausscheidungen infizierter Tiere auf andere Vogelarten, wie Hühner, Puten und Gänse übertragen werden, wenn gleiche Wasserstellen und Futterplätze genutzt werden. Die ständig in Wildvögeln vorhandenen Viren verursachen keine Symptome, können aber wie jetzt durch Mutationen zur hochansteckenden, tödlich verlaufenden Tierseuche, auch als Geflügelpest bezeichnet, in verschiedenen Vogelarten werden. Solche gefährlichen Mutationen können auch in mit eigentlich harmlosen Viren infizierten Geflügelhaltungen auftreten und von dort auf Wildvögel rückübertragen werden.
Stallpflicht entlang der Zugrouten
Seit Anfang September treten rasant zunehmend Ausbrüche in Geflügelhaltungen mit einem hochpathogenen H5N1-Virusstamm auf. Gleichzeitig sind bundesweit unzählige Zugvögel an dem hochansteckenden Virusstamm zugrunde gegangen, der vor allem unter Kranichen ein Massensterben ausgelöst hat. Wo und wie der Eintrag des Virus in die Kraniche stattgefunden hat, ist nicht bekannt. Die Gefahr der weiteren Ausbreitung unter Wildvögeln und der Eintrag in Geflügelhaltungen, besonders entlang der Vogelzugrouten, ist hoch. Zur Seucheneindämmung wurden inzwischen mehrere Hunderttausend Tiere in kommerziellen Geflügelhaltungen getötet und in vielen Bundesländern Stallpflicht verhängt.
Gefahr für den Menschen als gering eingeschätzt
Durch direkten Kontakt mit infizierten, auch bereits toten Vögeln oder virushaltigen Partikeln können diese Viren auch auf den Menschen und Säugetiere, wie Kühe und Schweine, übertragen werden und selten dann auch tödlich verlaufende Erkrankungen auslösen. Während bei Vögeln die Symptome unspezifisch sind (Mattigkeit, struppiges Gefieder, lethargisches Verhalten) treten beim Menschen meist leichte, grippeähnliche Symptome sowie seltener Bindehautentzündungen auf. Da es sich um ein an Vögel angepasstes Virus handelt, wird die Gefahr für den Menschen als gering eingeschätzt. Zwar schützt die Grippeimpfung gegen die humanen Influenza A-Viren (H1N1 und H3N2) nur begrenzt gegen das Vogelvirus (H5N1), es besteht aber aktuell kein Grund zur Beunruhigung.
Zur Person: Prof. Dr. Andreas Dotzauer ist ein bundesweit bekannter Virologe und Dozent an der Universität Bremen. Die Abteilung für Virologie wurde 1990 gegründet und wird seit 2014 von ihm geleitet. Die Forschungsschwerpunkte liegen bei dem gebürtigen Hessen auf den Bereichen Hepatitisviren und Pathogenese viraler Infektionen.

