Adaptation und Lernen

Eine zentrale Hypothese der Neurowissenschaften besagt, dass Erinnerungen in den plastischen Synapsen des Gehirns kodiert werden: Tägliche Erfahrung formt bestehende Verbindungen neu, wodurch neue Erinnerungen entstehen, aber auch ältere verändert oder gelöscht werden. Seit der bahnbrechenden Arbeit von Donald Hebb im Jahr 1949 sind viele Ideen entstanden, wie und warum sich Synapsen tatsächlich verändern, aber es gibt immer noch keinen kohärenten, allgemeinen Rahmen, der synaptische Veränderungen quantitativ beschreiben würde. Der Grund dafür ist, dass Synapsen im lebenden Gehirn bekanntermaßen schwer zu beobachten sind und unser Wissen darüber, was wirklich vor sich geht, daher noch immer lückenhaft ist.

Unsere eigenen Forschungsinteressen sind zweigeteilt: Erstens streben wir ein Verständnis der synaptischen Plastizität auf der Ebene der einzelnen Synapse an. Hier untersuchen wir Systeme aus zwei Neuronen, die durch eine Synapse verbunden sind und die verschiedenen Stimulationsprotokollen unterzogen werden. Je nach Zeitpunkt und Statistik der Stimulation ändert sich die Wirksamkeit der Synapse, und die Übertragungseigenschaften des Systems werden modifiziert. Zweitens untersuchen wir, wie synaptische Plastizität das Verhalten eines (rekurrenten) neuronalen Netzes als Ganzes verändert. Insbesondere interessieren wir uns für die Verbindung zwischen der spike-timing-abhängigen Plastizität und dem Verstärkungslernen.

Dynamik der zeitabhängigen Spike-Plastizität

Vor einigen Jahren wurde festgestellt, dass die zeitliche Abfolge der neuronalen Aktivität eine wichtige Determinante für die Richtung und das Ausmaß der synaptischen Veränderung ist. Präsynaptische vor postsynaptischen Spikes führen zu synaptischer Potenzierung, während die umgekehrte Reihenfolge der Ereignisse zu synaptischer Depression führt. Diese Phänomene werden unter dem Begriff Spike Timing Dependent Plasticity (STDP) zusammengefasst, und ihre Auswirkungen auf das Lernen wurden in einer Vielzahl theoretischer Untersuchungen untersucht.

Die gängige Umsetzung von STDP berücksichtigt jedoch keine nichtlinearen Effekte, sondern verallgemeinert die Ergebnisse für Spike-Paare einfach auf beliebige Spike-Züge. Wir sind der Meinung, dass die Fehler zwischen experimentellen Daten und Modellvorhersagen, die sich aus diesem Ansatz ergeben, zu groß sind, um sie zu ignorieren. Stattdessen modellieren wir explizit prä- und postsynaptische Beiträge zur synaptischen Veränderung mit einer Dynamik, die der synaptischen Kurzzeitdepression ähnelt. Das sich daraus ergebende Modell behält eine einfache mathematische Struktur, die es für groß angelegte Simulationen und eine analytische Behandlung geeignet macht, und passt gleichzeitig zu einem viel breiteren Spektrum an experimentellen Ergebnissen.

STDP