Antwort: Aufzeichnung (Persönlichkeitsrechte TN)

Wie können Lehrveranstaltungen rechtssicher aufgezeichnet und veröffentlicht werden?

⇒ Sie interessieren sich für die Persönlichkeitsrechte der Veranstaltungsteilnehmer bei der Aufzeichnung und Veröffentlichung einer Lehrveranstaltung.

Zusammenfassung

Wenn eine Lehrveranstaltung aufgezeichnet und veröffentlicht werden soll, müssen die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Veranstaltungsteilnehmer und das Datenschutzrecht beachtet werden. Wenn Bildnisse oder Wortbeiträge von Teilnehmern in der Aufnahme und Veröffentlichung einer Lehrveranstaltung enthalten sind, muss für diese die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegen.



Bei der Aufzeichnung und Veröffentlichung einer Lehrveranstaltung kann das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Veranstaltungsteilnehmer betroffen sein.

Verfassungsrechtlich leitet sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus der Würde des Menschen und der Freiheit der Entfaltung der Persönlichkeit ab (Artikel 1 Absatz 1 GG, Artikel 2 Absatz 1 GG). Im Zusammenhang mit der Aufzeichnung und Veröffentlichung von Lehrveranstaltungen sind insbesondere das Recht am gesprochenen Wort, das Recht am eigenen Bild und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beachten.

Wenn die Aufnahme und Veröffentlichung einer Lehrveranstaltung Personenbilder oder Wortbeiträge von Veranstaltungsteilnehmern enthält, ist von den betroffenen Personen die Einwilligung erforderlich. Wenn der abgebildete Veranstaltungsteilnehmer noch minderjährig ist, sollte neben der Einwilligung des Minderjährigen auch die Einwilligung der Eltern eingeholt werden.

Das Recht am eigenen Wort ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es erstreckt sich auf die von einer Person gesprochenen, geschriebenen oder auf sonstige Weise geäußerten Worte und umfasst die Befugnis, selbst zu entscheiden, ob der Inhalt einem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll.

Teilnehmer einer Lehrveranstaltung können deshalb entscheiden, ob sie die Aufnahme und Veröffentlichung eines Wortbeitrages erlauben. Bild- bzw. Tonmitschnitte, die ohne Einwilligung des Teilnehmers angefertigt und genutzt werden, verletzten das Recht am eigenen Wort und sind unzulässig.

Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden (§ 22 KUG).

Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild setzt voraus, dass eine Person auf dem Bild erkennbar ist. Dafür ist es nicht notwendig, dass das Gesicht der Person zu erkennen ist. Für die Erkennbarkeit ist es ausreichend, wenn Freunde, Bekannte oder Familienangehörige die Person identifizieren können. Besondere Merkmale, wie Haarschnitt oder Kleidung, können ausreichend sein. Wenn eine solche Erkennbarkeit gegeben ist, dürfen Teilnehmer einer Lehrveranstaltung nur aufgezeichnet werden, wenn eine Einwilligung dazu vorliegt. Die Einstellung der Kamera und der Bildausschnitt müssten gegebenenfalls so ausgewählt werden, dass die Veranstaltungsteilnehmer nicht zu sehen sind.

Wenn das Veranstaltungsformat auf eine Beteiligung der Veranstaltungsteilnehmer ausgerichtet ist und das Einholen individueller Einwilligungen nicht möglich ist, wäre eine praktikable Möglichkeit, die Teilnehmer im Vorfeld der Veranstaltung auf die Aufzeichnung hinzuweisen. Dies könnte beispielsweise im Vorlesungsverzeichnis und durch gut sichtbaren Aushang an den Hörsaaltüren geschehen. Im Rahmen dieses Hinweises muss auch darauf verwiesen werden, dass jederzeit ein Widerruf dieser Einwilligung möglich ist. Zu bedenken ist aber, dass diese Art der Einwilligung nicht umfassend rechtssicher ist, da sich die Teilnehmer im Zweifel darauf zurückziehen können, den Hinweis nicht wahrgenommen zu haben. Eine Einwilligung jedes einzelnen ist damit immer die rechtssicherste Variante. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Teilnehmer durch eine von ihm nicht gewünschte Aufzeichnung nicht daran gehindert werden darf, an einer Lehrveranstaltung teilzunehmen, insbesondere, wenn es sich um eine Pflichtveranstaltung handelt.

Das KUG sieht aber auch gesetzliche Ausnahmen vor, bei denen keine Einwilligung der abgebildeten Person notwendig ist. Eine solche Ausnahme ist die Abbildung von Teilnehmern einer Versammlung (§ 23 Absatz 1 Nr. 3 KUG). Unter den Begriff „Versammlungen, Aufzüge und ähnlichen Vorgängen“ fallen alle Ansammlungen von Menschen, die sich zusammenfinden um etwas gemeinsam zu tun, wie beispielsweise die Teilnahme an einer Lehrveranstaltung. Darüber hinaus müssen die Versammlungen für die Öffentlichkeit zugänglich sein, d.h. es darf sich nicht um Privatveranstaltungen handeln. Ob die Aufzeichnung der Teilnehmer einer Lehrveranstaltung durch die Ausnahme nach § 23 KUG erfasst ist und damit keine Einwilligung der Veranstaltungsteilnehmer notwendig ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

Film- und Tonaufnahmen von Teilnehmern einer Lehrveranstaltung unterliegen nicht nur dem Kunsturhebergesetz (KUG), sondern als personenbezogene Daten auch dem Datenschutzrecht.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten (Artikel 4 Nr. 1, 1. Halbsatz Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO) ist grundsätzlich verboten, es sei denn, der von der Datenverarbeitung Betroffene hat seine Einwilligung dazu gegeben. Wenn ein Erlaubnistatbestand nach Artikel 6 Absatz 1 DS-GVO vorliegt, ist die Einwilligung der betroffenen Person nicht notwendig.

In die Aufzeichnung und Veröffentlichung von Lehrveranstaltungen müssen die abgebildeten Teilnehmer deshalb grundsätzlich einwilligen.

Weitere Informationen zum Datenschutzrecht finden Sie bei Thema 13.


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Begriffserklärungen

Persönlichkeitsrecht

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht leitet sich aus der Würde des Menschen und der Freiheit der Persönlichkeitsentfaltung ab (Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG). Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehören das Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort, das Recht am eigenen Bild, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht der persönlichen Ehre.

[Thema 13: Persönlichkeitsrechte]