3. Sonderfall: Öffentliche Wiedergabe

Öffentliche Wiedergabe
Die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes, z.B. die Einbindung von urheberrechtlich geschützten Materialien, wie Texte, Bilder, Audio- und Videosequenzen in Präsentationsfolien, das Abspielen von Musik / und Filmen, ist gemäß § 52 UrhG zulässig, wenn die Wiedergabe keinem Erwerbszweck dient, die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden und im Falle des Vortrags oder der Aufführung des Werkes keiner der ausübenden Künstler (§ 73) eine besondere Vergütung erhält.
Nutzungshandlungen, wie die öffentliche Wiedergabe von veröffentlichten Werken (z.B. die Einbindung von urheberrechtlich geschützten Materialien, wie Texte, Bilder, Audio- und Videosequenzen in Präsentationsfolien, das Abspielen von Musik / und Filmen) für Teilnehmer von Veranstaltung an Hochschulen, hat nach § 60 a UrhG zur „Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre“ zu erfolgen. Erlaubt ist es damit nicht veröffentlichte Werke beispielsweise nur zu Unterhaltungszwecken wiederzugeben, wie z.B. das Abspielen einer CD oder DVD in Hochschulvorlesungen zur reinen Entspannung oder als „Pausenfüller“, ohne Bezug zur Veranstaltung. Erfolgt die öffentliche Wiedergabe somit nicht zur „Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre“ kommt § 60 a UrhG zumeist nicht zur Anwendung, sodass gegebenenfalls eine öffentliche Wiedergabe auf der Grundlage der Schrankenbestimmung des § 52 UrhG einschlägig sein könnte oder auch das Zitatrecht gemäß § 51 UrhG zur Anwendung kommen könnte.
Nach der gesetzlichen Schrankenbestimmung der öffentlichen Wiedergabe (§ 52 UrhG) ist es grundsätzlich jedermann gestattet, veröffentlichte Werke, d.h. Werke, die gemäß § 6 Absatz 1 UrhG mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden (z.B. urheberrechtlich geschützte Musik- oder Sprachwerke) ohne Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich wiederzugeben, soweit die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Die Wiedergabe darf keinem Erwerbszweck des Veranstalters dienen.
Von den Teilnehmern darf kein direktes Entgelt für die Wiedergabe gefordert werden.
Keiner der etwaig mitwirkenden ausübenden Künstlern (z.B. Schauspieler, Musiker) darf eine besondere Vergütung erhalten. Keine besondere Vergütung ist die Erstattung von Reisekosten oder die Bereitstellung von Speisen und Getränken im üblichen Umfang.
Exkurs: Wann ist eine Wiedergabe öffentlich?
Eine Wiedergabe ist gemäß § 15 Absatz 3 UrhG dann öffentlich, „wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.“
Auf die Hochschule angewendet bedeutet dies: Hochschulvorlesungen sind z.B. aufgrund des großen Teilnehmerkreises in der Regel öffentlich (die Studierenden kennen sich zumeist nur oberflächlich „vom Sehen“). Lehrveranstaltungen mit einer niedrigeren Teilnehmerzahl, wie z.B. Seminare, sind in der Regel nicht-öffentlich, da unter den Teilnehmern ein engerer persönlicher Kontakt besteht (vgl. auch Urteil des OLG Koblenz vom 7.8.1986, Az.6 U 66/83 - NJW-RR 1987, 699 ff.).
Wenn die Wiedergabe nicht-öffentlich ist, bestehen normalerweise keine urheberrechtlichen Einschränkungen, d.h. für die Nutzung muss weder eine Schranke des Urheberrechts bestehen, noch muss eine Nutzungserlaubnis vom Rechteinhaber eingeholt werden. Es müssen aber die Persönlichkeitsrechte beachtet werden.
Grundsätzlich bedürfen die folgenden Nutzungen immer der Einwilligung des Rechteinhabers (§ 52 Absatz 3 UrhG):
die öffentliche Vorführung von Filmwerken, wie z.B. das Abspielen eines Films mittels DVD,
die öffentliche Zugänglichmachung durch das Einstellen des Werkes in das Internet. Soweit sie Werke für Unterricht und Lehre online zur Verfügung stellen möchten, kann auch § 60a UrhG zur Anwendung kommen.
die Ausstrahlung von Hörfunk und Fernsehen,
die öffentliche bühnenmäßige Darstellung, wie z.B. die Aufführung eines Theaterstückes oder eines Musicals. Soweit Bühnenwerke auf deren Lesung beschränkt sind, liegt keine öffentliche bühnenmäßige Darstellung vor; bei konzertanten Aufführungen, d.h., soweit z.B. Musikwerke aus Musicals, Opern, oder Operetten ohne bewegtes Spiel aufgeführt werden, liegt ebenfalls keine öffentliche bühnenmäßige Darstellung vor.
Computerprogramme dürfen ebenfalls nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers öffentlich wiedergegeben werden (§ 69 c Nr. 4 UrhG).
Die Schrankenbestimmung der öffentlichen Wiedergabe (§ 52 UrhG) wird bei den folgenden Werkarten wie folgt angewendet:
- Sprachwerke (literarische und wissenschaftliche Werke; § 2 Absatz 1 Nr. 1 UrhG) dürfen öffentlich vorgetragen werden, wie beispielsweise durch eine Lesung des Sprachwerkes;
- Musikwerke dürfen sowohl live als auch durch Aufnahmen wiedergegeben werden, wobei keine privaten Aufnahmen benutzt werden dürfen (§ 53 Absatz 6 UrhG).
- Werke der bildenden Kunst (z.B. Gemälde, Plastiken, Skulpturen; § 2 Absatz 1 Nr. 4 UrhG), Lichtbildwerke (Fotografien; § 2 Absatz 1 Nr. 5 UrhG) und Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art (z.B. Stadtpläne, Karten, Skizzen;§ 2 Absatz 1 Nr. 7 UrhG) dürfen im Original oder in Kopie - z.B. mittels eines Notebooks und Beamers oder eines Overheadprojektors - präsentiert werden.
Die Quellenangabe ist bei der öffentlichen Wiedergabe eines Werkes nur notwendig, wenn die bestehende Verkehrssitte dies erfordert (§ 63 Absatz 2 Satz 1 UrhG). Eine Verkehrssitte ist die schon längere Zeit den Rechtsverkehr beherrschende tatsächliche Übung. Konkret bedeutet dies, dass eine Quellenangabe dann erforderlich ist, wenn loyale, billig und gerecht denkende Benutzer, die den Belangen des Urhebers mit Verständnis gegenübertreten, eine Quellenangabe machen. Lässt sich das Bestehen der Verkehrssitte nicht zweifelsfrei klären, besteht keine Pflicht zur Angabe der Quelle. Keine Verkehrssitte zur Quellenangabe besteht beispielsweise vor Beginn der öffentlichen Wiedergabe eines Musikstückes (erforderlich könnten hier aber Hinweise in einer begleitenden Dokumentation sein, z.B. einer Übersicht zum Veranstaltungsablauf).
Neben der Bezeichnung des Urhebers ist auch die Fundstelle anzugeben. Die Quellenangabe muss zudem deutlich sein. Sie muss so platziert werden, dass der Urheber und die Fundstelle ohne Mühe zu erkennen sind.
Das übernommene Werk darf nicht geändert werden.
Änderungen sind nur ausnahmsweise zulässig (§ 62 Absatz 2 - 4 UrhG). Zulässig ist die Übersetzung von Texten, wenn der Benutzungszweck es erfordert (§ 62 Absatz 2 UrhG). Bei Werken der bildenden Künste (z.B. Gemälde) und bei Lichtbildwerken (Fotografien) ist die Änderung der Größe (Formatänderung) zulässig. Zudem sind diejenigen Maßnahmen gestattet, die das jeweilige Vervielfältigungsverfahren mit sich bringt, z.B. die Reproduktion von Farbfotografien in Schwarz-Weiß-Fotografien (§ 62 Absatz 3 UrhG).
Vergütung bei Nutzung nach § 52 UrhG
Wenn die Anforderungen der gesetzlichen Schrankenbestimmung der öffentlichen Wiedergabe (§ 52 UrhG) erfüllt sind, ist die öffentliche Wiedergabe - wie in Lehrveranstaltungen an Hochschulen - ohne Zustimmung des Rechteinhabers zulässig. Für die Wiedergabe ist aber eine angemessene Vergütung zu zahlen. Die Vergütung wird durch eine Verwertungsgesellschaft - wie beispielsweise die GEMA für Musikwerke - geltend gemacht und von der Hochschule gezahlt.
Vergütung bei Nutzung nach § 60a UrhG
Vergütungsfrei ist unter den Voraussetzungen der Schrankenbestimmung des § 60a UrhG im Hochschulbereich die öffentliche Wiedergabe (§ 15 Absatz 2 UrhG) für Angehörige von Bildungseinrichtungen und deren Familien nach § 60a Absatz 1 Nr. 1 und 3 sowie Absatz 2 UrhG mit Ausnahme der öffentlichen Zugänglichmachung (Bereitstellung über das Internet /Intranet zum Abruf),§ 60 h Absatz 2 Nr. 1 UrhG. Vergütungsfrei sind Nutzungen in Lehrveranstaltungen zur Veranschaulichung von Unterricht und Lehre, wie beispielsweise das Abspielen von Musik im Rahmen von Vorlesungen oder die Nutzung von Werken, wie Fotografien, in Vorlesungspräsentationen.
Vergütung bei Nutzung nach § 51 UrhG (Zitate)
Zitieren unter den Voraussetzungen von § 51 UrhG ist vergütungsfrei. Wie Sie rechtssicher urheberrechtlich geschützte Materialien ohne Zustimmung des Rechteinhabers im Rahmen des Zitatrechts verwenden können, wird Ihnen bei Leitfrage 3 erläutert.
Begriffserklärungen
Schranken des Urheberrechts
Das Urheberrechtsgesetz enthält Ausnahmen, die sogenannten Schrankenbestimmungen. Sie gestatten es, urheberrechtlich geschützte Werke auch ohne Einwilligung des Rechteinhabers zu nutzen. Mit den Schranken soll ein Ausgleich zwischen den Interessen des Urhebers und denen der Gesellschaft geschaffen werden. Die Voraussetzungen für die verschiedenen gesetzlichen Nutzungserlaubnisse sind in den Paragraphen § 44a ff. UrhG geregelt.
[Themen 2-7: Sonderfälle]
Nutzungsrechte
Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, sein Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Nutzungsarten sind z.B. Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe. Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden (§ 31 Absatz 1 UrhG).
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Der Rechtsstand ist November 2024.