Digitale Transformation und Datafizierung von Körper und Gesundheit

In ihrem Habilitationsvorhaben interessiert sich Katrin Amelang für die kulturelle Dimension von Software, Algorithmen und Daten – insbesondere für Prozesse der Datafizierung und daraus resultierende Mensch-Maschine-Konstellationen im Bereich Körper & Gesundheit. Als empirisch-ethnografische Beispiele dienen zwei unterschiedliche Instrumente bzw. Anwendungen, die sich auf Vorhersagealgorithmen stützen, um die Unsicherheit körperlicher Prozesse zu zähmen, und zugleich Einblicke in unterschiedliche Facetten von Daten-Praktiken/-Infrastrukturen/-Politiken liefern:

  1. ein epidemiologischer Risiko-Score, der als Risikokalkulator und Entscheidungshilfe bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird (s.u. Forschungsprojekte) und
  2. mobile Apps, die sowohl die Selbstbeobachtung als auch die Berechnung von Menstruationszyklen und menstruierenden Körpern unterstützen (Zyklus-Apps).

Zentrale Fragen sind u.a. wie Menschen digitale Technolo­gien praktisch und sinnstiftend in ihre Alltage integrieren und welche (Dis-)Kontinuitäten und Re-Konfigurationen sozialer Ordnung dabei erkennbar werden; wie kulturelle Ideen und Bedeutungen in Al­gorithmen, Daten und Software eingeschrieben werden oder wie Daten und Algorithmen Leben und Welt nicht nur auf spezifische Weise abbilden, sondern mitgestalten. Insgesamt geht es in der Arbeit darum, Daten-Technologien als Gegenstand für die Bearbeitung alter und neuer Fragen der Kulturanthropologie zu erschließen, dabei das epistemologische, methodische und politische Potenzial neuerer Ansätze im Fach (STS, digitale Anthropologie, anthropology of data) und in Forschungszusammenhängen wie den Critical Data & Algorithm Studies auszuloten sowie, umgekehrt, Perspektiven der kulturanthropologischen Alltagsforschung in der interdisziplinären und gesellschaftlichen Verhandlung von digitalen (Daten-)Technologien zu stärken.

Relevante Publikationen:

K. Amelang (2023): „Wie Apps erforschen? Zum Zusammentreffen neuer Forschungsgegenstände und alter Methoden“. In: Hamburger Journal für Kulturwissenschaften 16, 11-28. https://journals.sub.uni-hamburg.de/hjk/index

K. Amelang (2022): “(Not) Safe to Use: Insecurities in everyday data practices with period-tracking apps”. In: Hepp, Andreas; Jarke, Juliane & Kramp, Leif (Hg.). New Perspectives in Critical Data Studies. The Ambivalences of Data Power. Basingstoke & London: Palgrave Macmillan, S. 297-321. https://doi.org/10.1007/978-3-030-96180-0_13

K. Amelang & S. Bauer (2019): Following the algorithm. How epidemiological risk scores do accountability. In: Social Studies of Science 49:4, 476-502. https://doi.org/10.1177/0306312719862049

K. Amelang (2019): Monatliche Blutflüsse als Gesprächsstoff? Zur Neuverhandlung der Menstruation in digitalisierten Zeiten. In: SAVk/ASTP (Schweizerisches Archiv für Volkskunde/Archives suisses des tradition populaires) 115:1, 65-81. https://dx.doi.org/10.5169/seals-842281

K. Amelang (2017): Zur Sinnlichkeit von Algorithmen und ihrer Erforschbarkeit. In:  Braun, Dieterich, Hengartner & Tschofen (Hg.): Kulturen der Sinne. Zugänge zur Sensualität der sozialen Welt. Würzburg: Königshausen & Neumann, 358-367.

Kontakt
Dr. Katrin Amelang
Institut für Ethnologie und Kulturwissenschaft (IFEK)
Universität Bremen
Enrique-Schmidt-Straße 7
28359 Bremen
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Laufzeit: seit 2017/18