Winter School "Human Action Control" in Tübingen
Während sich die Psychologie anfangs wenig mit aktions- und motorischer Forschung befasste (siehe Rosenbaum, 2005), hat sich diese Situation zum Glück geändert. Heutzutage hat der Bereich der menschlichen Handlungskontrolle - das heißt, wie Menschen Körperbewegungen lernen, ansprechen, auswählen, ausführen und überwachen - in den letzten Jahrzehnten großes Interesse erlangt, nicht nur in der kognitiven Psychologie, sondern auch in verwandten Bereichen wie der Kognitionswissenschaft, Bewegungswissenschaften, Philosophie, Robotik und andere. Dementsprechend arbeiten viele junge Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen während ihrer Promotion an handlungsbezogenen Themen.
Diese Winterschule bot jungen Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, sich über aktuelle Themen und theoretische Entwicklungen in der handlungsbezogenen Forschung zu informieren, und rund 40 Doktorand*innen aus Großbritannien, Ungarn, Spanien, Belgien und Deutschland besuchten die Winterschule. Die Auswahl der Themen wurde von zwei vorherrschenden Theorien in den Bereichen geleitet:
- Die Theorie der Ereigniscodierung (TEC; Hommel, Müsseler, Aschersleben & Prinz, 2001) basiert auf der Erkenntnis, dass Wahrnehmungs- und Motorcodes nicht untrennbar miteinander verbunden sind, sondern beide Bereiche in einem gemeinsamen Bereich liegen. In Übereinstimmung mit der Ideomotorischen Theorie bedeutet eine Handlung auszuwählen, eine vorweggenommene Repräsentation des gewünschten Wahrnehmungsergebnisses dieser Aktion zu aktivieren, den sogenannten "Handlungsseffekt". Seit ihrer ursprünglichen Formulierung wurde TEC auf eine Vielzahl von Gebieten (Multitasking, soziale Kontexte, ...) angewendet, aber es bleiben auch einige kontroverse Fragen offen.
- Während sich TEC mehr mit Handlungsplanung befasst, befasst sich das Perception-Action-Modell (PAM; Milner & Goodale, 1995) mit der Ausführung und Überwachung von visuell geführten Bewegungen. Milner und Goodale führten auf den ventralen Weg die Funktion der (bewussten) Wahrnehmung und auf den dorsalen Weg die Funktion der Handlungssteuerung zurück. Diese Unterscheidung hat einen Großteil der Forschung in Gang gesetzt, es wurde jedoch auch ernsthafte Kritik geäußert.
Obwohl diese beiden Theorien oft getrennt diskutiert werden, brachte diese Winterschule Expert*innen zu diesen Theorien zusammen. Darüber hinaus wurden Vorträge aus entwicklungspsychologischer, klinischer und angewandter Perspektive sowie zu formalen Modellierungsansätzen gehalten. Die folgenden Redner*innen stellten ihre Standpunkte vor (in alphabetischer Reihenfolge; das vollständige Programm finden Sie hier):
- Prof. Volker Franz (University of Tübingen): Perception vs. action: What is the overall, functional architecture of the human visual system?
- PD Oliver Herbort (University of Würzburg): Anticipatory actions
- Prof. Bernhard Hommel (University of Leiden, NL): Integrating perception, action, and self: The Theory of Event Coding
- Jun.-Prof. Markus Janczyk (University of Tübingen): Ideomotor theory and dual-tasking: The role of goal-states for dual-task interference
- Prof. Iring Koch (RWTH Aachen): Ideomotor mappings in the cognitive control of actions and tasks
- Prof. Wilfried Kunde (University of Würzburg): Effect-based action control in social contexts
- Dr. Warren Mansell (University of Manchester, UK): Perceptual Control Theory (PCT): Motor control as the control of perception
- Prof. Robert W. Proctor (Purdue University, USA): Action selection in physical and cyber environments
- Prof. David A. Rosenbaum (University of California, USA): Will the science of mental life and behavior finally embrace motor control?
- Prof. Thomas Schenk (LMU Munich): The neuropsychology of perception and action
- Prof. Gudrun Schwarzer (University of Gießen): The interplay of perception and action during child development
- Prof. Daniel Wolpert (University of Cambridge, UK): Computations in human sensorimotor control