Karrieremuster und Karrierewege von (ehemaligen) Betriebsratsmitgliedern

Laufzeit: 1. Juni 2011 bis 31. Mai 2014

Warum scheiden freigestellte Betriebsräte_innen, die inmitten ihres beschäftigungsfähigen Alters sind, nach einigen Jahren, 'hauptberuflicher' Betriebsratstätigkeit aus dieser Position wieder aus und welche Perspektiven und Wege gibt es für ihren weiteren beruflichen Lebensweg?

Diese Fragestellungen sollen im Projekt "Karrieremuster und Karrierewege von (ehemaligen) Betriebsratsmitgliedern" erforscht werden. Untersucht wird, wie berufsbiographische Entscheidungen im Spannungsfeld von persönlicher Biographie, betriebsrätlichem Engagement und beruflicher Entwicklung zustande kommen und von den Betreffenden erlebt und gestaltet werden. Untersucht wird auch, ob hierbei geschlechts-, betriebsgrößen- und branchenspezifische Muster identifizierbar sind. In Hinblick auf die gewerkschaftliche Praxis wollen wir herausfinden, wie Betriebsräte_innen bei ihren berufsbiographischen Entscheidungen unterstützt und begleitet werden können (Personalentwicklung, Qualifizierung, Beratung). Wie kann gewährleistet werden, dass die langjährigen mitbestimmungspolitischen Erfahrungen und Kenntnisse den weiteren beruflichen Werdegang der 'Ehemaligen' nachhaltig beeinflussen - sprich: wie Ansprüche auf eine humane und demokratische Arbeitswelt und Vorstellungen von 'guter Arbeit' in den neuen beruflichen Funktionen und Positionen ein relevanter Bezugspunkt bleiben (können).

Die Beantwortung dieser Fragen erfordert eine doppelte Perspektivenerweiterung in der Mitbestimmungsforschung: Zum einen ist der Betriebsrat nicht nur als interessenpolitische Repräsentanz der Beschäftigten zu betrachten, sondern zugleich als eine wichtige gesellschaftliche Sozialisationsinstanz, deren Durchlaufen den weiteren persönlichen, beruflichen und bürgerschaftlichen Lebensweg entscheidend (mit-)prägt. Zum anderen gilt es, die Ausübung des betriebsrätlichen Ehrenamtes in den Kontext der beruflichen Entwicklung und der persönlichen Biographie der einzelnen Betriebsräte/innen zu stellen und Veränderungen (wie z.B. Karriereentscheidungen) in diesem Zusammenhang zu analysieren.

Die Auswahl es Untersuchungsfeldes und die Festlegung des Untersuchungssamples orientiert sich an der Annahme, dass die folgenden Karrierewege für ehemalige Betriebsräte_innen relevant sind:

  • Rückkehr in die vorherige (oder eine vergleichbare) berufliche Tätigkeit
  • Umstieg in eine der Betriebsratstätigkeit verwandten Fachfunktion (Fachkraft für Arbeitssicherheit, Gesundheit, Sozialberatung etc.)
  • Aufstieg zur Führungskraft - insbesondere im Bereich des Human Ressource Management
  • Berufung zur/m Arbeitsdirektor/in
  • eine Karriere als (selbstständiger) Berater
  • eine Karriere in der Gewerkschaft (vom Ehren- zum Hauptamtlichen)
  • Umgang mit und Neuorientierung nach dem Verlust der Freistellung bzw. des Vorsitzes (Karrierebruch)

Neben einer umfangreichen Expertenbefragung zu Beginn des Projektes bilden dessen empirischen Kern 45 intensive biographisch-themenzentrierte Interviews mit ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden, Stellvertretern oder zur Betriebsratsspitze zählenden Freigestellten, die sich mehrere Jahre wesentlich als Betriebsrat/räin verstanden, bevor sie einen erneuten beruflichen Wechsel in Betracht zogen. Geschlechterverhältnis, Betriebsgröße (Groß- und KMU-Betriebe) sowie Branche (Industrieller Kernbereich, Sekundär-/Tertiärsektor) sind weitere Auswahlkriterien.

Für die gewerkschaftliche Praxis soll in der Studie eruiert werden, ob und wie Betriebsräten_innen den Rollenwechsel vorbereitende, begleitende und nachbereitende Qualifizierungs-, Reflexions- und Austauschmöglichkeiten angeboten werden können, die die Nachhaltigkeit des Mitbestimmungsmodells.

Kontakt

Prof. Dr. Erhard Tietel
Telefon (Büro): +49 (0) 421 - 218 56 706
E-Mail: etietel(at)uni-bremen.de

Finanzierung

Hans Böckler-Stiftung

Veröffentlichungen aus dem Projekt