(AKAD04) Back to the roots: Der Glaube, das Denken, die Rituale…

Der Anfang des Songs Lamont Dozier Goin‘ back to my roots ist schnell zu einer beliebten Redensart geworden. Ich lade Sie herzlich ein, sich in diesem Wintersemester selbst – grundsätzlich wie persönlich – mit den geschichtlichen Anfängen der Triade Ihres Glaubens, Ihres Denkens und Ihrer Rituale zu befassen.

Beginne ich mit der Religion, so gehe ich auf das neunte vorchristliche Jahrhundert, auf Hesiod[1] und seine Dichtung der Theogonie zurück. Sie handelt vom Ursprung der Götter und der Welt. Ein kleines Reclam-Bändchen ist das älteste schriftliche Dokument der griechischen Mythen des Okzidents. Homer mit seiner Illias und Odyssee ist jünger.

Das älteste schriftliche Religionsdokument des Orients ist der Gilgamesch-Epos[2]; ursprünglich auch nur ein kleines Reclam-Heft.  Es stellt ein uraltes Zeugnis der babylonischen Religion des Zweistromlandes – von Euphrat und Tigris – aus dem letzten Drittel des 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung dar.

Als dritte religiöse Textvorlage nehme ich die sogenannte Urgeschichte der Bibel bzw. der Tora hinzu. Das sind die ersten elf Kapitel der Genesis, des ersten Buches Moses, insbesondere die beiden Schöpfungsgeschichten (Gen 1–2), die Tabubruchgeschichte (Gen 3) und die Noah-Geschichte (Gen 6–9).

 

Beginne ich mit den Anfängen der Philosophie, so habe ich es mit den sogenannten Vorsokratikern zu tun. Deren fragmentarischen Zitate fanden einst in einem einzigen Rowohlt-Bändchen (Nr.10) Platz[3]. Heute ist es ein dicker Reclam-Band. Diese frühen Philosophen werden so genannt, weil sie im 6.– 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung – noch vor der Zeit des philosophierenden Steinmetzen Sokrates (469-399) – gelebt haben.

Der römische Politiker Cicero (106-43) charakterisiert ihn als ersten, der „die Philosophie vom Himmel heruntergerufen und in den Städten heimisch gemacht… und sie gezwungen, nach dem Leben, den Sitten, nach dem Guten und Schlechten zu forschen.“ Dessen Schüler sind Platon (428-348) und Aristoteles (384-322) gewesen.

Sie kennen vielleicht noch zwei dieser sehr praktischen Philosophen aus dem Mathematikunterricht Ihrer Schulzeit: Denken Sie an das rechtwinklige Dreieck im Halbkreis des Thales oder an den Lehrsatz des Pythagoras (a2 + b2 = c2). Die Frage nach dem Anfang, Beginn, dem Ursprung, nach der Archae (gr. ἀρχή) dieser Welt setzt sich konkret mit den Schöpfungs-Mythen auseinander. Das ist bereits ein einzigartiger Aufklärungsprozess der bis dahin geltenden Vorstellungen. 


Bekannter als diese frühe Aufklärung der Antike (800 v. - 500 n. Chr.) ist die Aufklärung des 18.  Jahrhunderts der Neuzeit. Für mich beginnt sie mit dem Zeitschriftenaufsatz Immanuel Kants (1724-1804):  Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? von 1784. Die Renaissance – die Wiederentdeckung der Antike – der Humanismus und die Reformation leiten die Aufklärung ein.


Wir werden uns in dem Wintersemester mit fünf Textvorlagen (Quellen) beschäftigen: Mit den Vorsokratikern und mit den griechischen Schöpfungsmythen, mit dem Gilgamesch-Epos und mit der Urgeschichte der Bibel (Gen 1-11) und mit den neutestamentlichen Anfängen des Christentums.

Die Anfänge der Rituale weisen, wie beispielsweise Platon, auf eine große Beständigkeit hin. In seinem Dialog Phaidon wird berichtet, dass Sokrates – den Schierlingsbecher bereits in der Hand – seinen Schüler Kriton ermahnt, dem Gott der Heilkunst Asklepios einen Hahn zu opfern.
In der jüdischen Bibel (Tora), lassen sich bereits in der Genesis, von dem ersten Ritual Gottes, dass er nach dem Sechs-Tage-Werk seiner Schöpfung den siebten Tag als Ruhetag – einen Schöpfungssabbat – begeht, viele weitere Rituale finden.

Feste verstehe ich als besondere Orte kollektiven Gedächtnisses.

 

Nach dem Tabu des Baumes der Erkenntnis und dem Baum des Lebens, dem Tabubruch und Gottes Ahndung kreisen die ersten Rituale, der aus dem Garten Eden vertriebenen Menschen um das Gebären (die Geburt) und das Sterben (den Tod), das Zusammenleben und den bloßen Lebenserwerb.   

Nach der neutestamentlichen Überlieferung der Evangelien feiert Jesus mit seinen zwölf Jüngern vor seinem Tode das jüdische Passamahl, das er mit dem Brot- und Weinwort auf sich selbst bezieht. Der vierte Evangelist (J) hat statt des Abendmahls die Fußwaschung (J 13).

 

Die Philosophie verwirklicht sich durch Denkansätze.                            

 

Die Religion realisiert sich durch Ritualvollzüge.

 

Seien Sie herzlich – persönlich und grundsätzlich – immer willkommen.

 


[1] Hesiod, Theogonie, Stuttgart 1999 (Reclam 9763)

[2] Das Gilgamesch-Epos. Stuttgart (1958) 1968 Hrsg.  Wolfgang Röllig, 2023. Hrsg. Sabina Franke

[3] Hrsg. Hermann Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker. Hamburg 1957.



Dozent:    Dr. theol. Klaus Dirschauer

Zeit:     mittwochs, 09:30 s.t. - 11:00 Uhr, an 3 Terminen bis 11:30 Uhr wegen Filmvorführung, (15.10.2025 – 28.01.2026)

Veranstaltungsart:    hybrid, in Präsenz (Akademie, Raum B 0660) oder wahlweise Online-Teilnahme

Hinweis:   Teilnehmerbegrenzung: 40 Personen in Präsenz

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