(ZH) Psychoanalyse während der Nazizeit und nach 1945 in Deutschland

Sigmund Freud
Sigmund Freud

Die Psychoanalyse in Deutschland wurde 1933 schwer getroffen von der Machtübernahme der Nazis. Sie kann als eine „jüdische Wissenschaft“ gelten, waren doch von etwa 100 praktizierenden Psychoanalytiker in Deutschland 1933 ziemlich genau 95 Juden. Bis 1936 hatten diese zwangsweise das Land verlassen, ihre „arischen“ Schüler das Berliner Karl-Abraham-Institut umgewidmet in das Institut für deutsche Tiefenpsychologie und die Leitung dem völkischen Psychiater Matthias Göring angetragen, einem Antisemiten und Vetter des Reichsmarschalls. Der baute die Institution zu einer kriegswichtigen Ausbildungsstätte für Psychologen aus und führte zusammen mit den anderen psychologischen Institutionen der Universitäten, der Wehrmacht und der Deutschen Arbeitsfront nach dem Programm der „Neuen deutschen Seelenheilkunde“ aus. Bis 1938 versuchten die im Institut verbliebenen Freudianer offiziell von der Psychoanalyse zu retten, was zu retten war. Dabei passen sie sich weitgehend den Erfordernissen des Dritten Reiches an. Mit dem „Anschluss“ Österreichs ans Deutsche Reich mussten auch die dortigen jüdischen Psychoanalytiker das Land verlassen, darunter die Familie von Sigmund Freud. Während der NS-Zeit wurde das Institut zur führenden Institution für Tiefenpsychologie in Deutschland, dessen Praxis auch die Zeit nach 1945 noch lange bestimmte.

Die Vortragsreihe versteht sich als propädeutische Veranstaltung. Anhand meiner eigenen Forschung und der Untersuchungen von Geoffrey Cocks, Antony Kauders, Ulfried Geuter, Andreas Peglau, Helmut Dahmer, Michael Schröter, Regine Lockot und anderen soll ein Einblick in die Entwicklung gegeben werden. Im sich anschließenden Sommersemester 2024 soll darauf genauer eingegangen werden.

 

Vorbereitende und ergänzende Literatur:

  •     Bock, Wolfgang, Dialektische Psychologie. Adornos Rezeption der Psychoanalyse, Wiesbaden: VS-Springer 2018
  •     Cocks, Geoffrey, Psychotherapy in the Third Reich. The Göring-Institute. Second Edition, Revisited and Expanded, New Brunswik (USA) and London (UK): Transaction Publishers 1997
  •     Dahmer, Helmut, „Psychoanalytiker in Deutschland 1933 – 1951. Ein unglückseliger Verein und eine Geschichte, die sich nicht selber schreibt“, in: Karl Fallend und Bernd Nitschke, Der „Fall“ Wilhelm Reich. Beiträge zum Verhältnis von Psychoanalyse und Politik, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997, S. 167 – 189
  •     Geuter, Ulfried, Die Professionalisierung der deutschen Psychologie im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1984
  •     Kauders, Anthony D., Der Freud-Komplex. Eine Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland, München: Berlin Verlag (Piper) 2014
  •     Lockot, Regine, Die Reinigung der Psychoanalyse [1995], Gießen: Psychoasozial-Verlag 2013
  •     Peglau, Andreas, Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus, Gießen: Psychosozial Verlag 2013
  •     Schröter, Michael, Auf eigenem Weg. Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland bis 1945, Göttingen: V&R 2023.

 



Dozent:      Prof. Dr. Wolfgang Bock

Termine:     5 x dienstags

  • 13.02., 20.02., 27.02., 05.03., 12.03.2024

Zeit:           14:00 (s.t.) bis 15:30 Uhr

Entgelt:          55,- Euro

Veranstaltungsart/ -ort:       hybrid, in Präsenz (Akademie, Raum B 0660) oder wahlweise Online-Teilnahme

Hinweis:     Teilnehmerbegrenzung: 40 Personen in Präsenz

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