(ZX) Kirchen in Friesland

Flügelaltar
Flügelaltar

Ob der legendäre Ahnherr der Oldenburger Grafen, Huno „Graf von Rüstringen“, friesischer Herkunft war ist ungewiss.  Im Laufe der Geschichte schafften es die Grafen aber, sich größere friesische Gebiete anzueignen. Nach der Schlacht bei Altenesch erhielten sie 1234 das Land der friesischen Stedinger und später kamen die friesischen Gebiete Butjadingen, Rüstringen und Wurden hinzu.

In der Reformationszeit wurde die Grafschaft lutherisch. Der Schwenk zur neuen Lehre nahm Tempo auf, als die Macht in der Grafschaft Ostfriesland 1529 vom katholischen Grafen Johann VI. auf den lutherischen Grafen Anton I.  überging. Die Spaltung der ostfriesischen Grafen-dynastie in einen katholischen (Johann VI.) und einen lutherischen Zweig (Christoph und Anton I.) verlangsamte die Annahme der neuen Lehre in Friesland. 
Dazu trug auch die politische Spaltung bei. So liegt der Landkreis Friesland zwar auf dem traditionellen Siedlungsgebiet der Friesen in Ostfriesland, der Halbinsel zwischen Ems und Jadebusen, sie gehörte aber politisch nie zu Ostfriesland. Außerdem wird das Jeverland noch heute zum Oldenburger Land gezählt.
Der Grund? Die letzte Herrscherin von Jever, Fräulein Marie, widersetzte sich den Herrschaftsansprüchen der Cirksenas. Denn Enno Cirksena, Graf von Ostfriesland, hatte 1530 Fräulein Marie als Braut verschmäht. Tief gekränkt, sann die kinderlose Tochter aus der mächtigen Häuptlingsfamilie Wiemken auf Rache.
Bevor sie 1575 hochbetagt starb, hatte sie testamentarisch natürlich keinen Cirksena, sondern ihren Cousin, den Oldenburger Grafen Johann XVI., als Erben eingesetzt. Und damit dieser Plan nicht verhindert würde, ließ sie ihren Tod bis zur Ankunft des Oldenburger Erben vertuschen. Deshalb stellte man jeden Tag ein Tablett mit frischen Speisen vor ihr Sterbegemach. Ein Bediensteter aß sie heimlich auf. Der Trick klappte, und somit waren das Jeverland und das Wangerland für Ostfriesland endgültig verloren.
Die Oldenburger bezeichneten ihre neuen nördlichen Besitzungen kurz Friesland. Und noch heute pflegen eingefleischte Ostfriesen und Oldenburger eine herzhafte Abneigung gegeneinander.
Die Geschichte hatte auch kirchliche Folgen. Da Oldenburg lutherisch war, blieb auch Friesland lutherisch. Deshalb findet man in einigen Kirchen Frieslands gotisch, sprich vorreformatorisch - katholische Flügelaltäre. Denn die Lutheraner waren im Gegensatz zu den Reformierten keine Bilderstürmer.
Martin Luther lehnte zwar den katholischen Heiligenkult ab. Er sah jedoch keine Gefahr in den Bildern selbst. Von Luther stammt zwar der Begriff „Bildersturm“, aber er stoppte z. B. die übereifrigen Bilderstürmer in Wittenberg. Damals zerstörte man Bilder und Figuren mutwillig, weil man glaubte, dass Bilder durch das Zweite der Zehn Gebote verboten seien: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Abbild machen, weder von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!“ (2. Buch Mose, 20, Vers 4-5).
Luther war jedoch der Meinung, Bilder seien „zum ansehen, zum zeugnis, zum gedechtnis, zum zeychen“ erlaubt, also als didaktisches Mittel. Das schrieben sich die Prediger in einigen Kirchen Frieslands wohl hinter die Ohren. So blieben gotische Flügelaltäre in ihren Kirchen unangetastet, wie beispielsweise in Cleverns, Oldorf, Schortens, Sillenstede und Tettens, Zetel. Ja, die Gemeinden ließen sogar nach der Reformation neue bildreiche Altäre von Ludwig Münstermann errichten, wie in Sengwarden, Hohenkirchen, Waddewarden und ein besonders prächtiges Exemplar in der Schlosskirche zu Varel.

Ein Grund, sich die Kirchen im Frühjahr 2024 einmal näher anzusehen.
 


Dozent:      Wilhelm Tacke

Termin:     Montag, 26.02.2024

Zeit:           12:00 (s.t.) bis 13:30 Uhr

Entgelt:         20,- Euro

Veranstaltungsart/ -ort: hybrid, in Präsenz (Akademie, Raum B 0770) oder wahlweise Online-Teilnahme

Hinweis:   Teilnehmerbegrenzung: 40 Personen in Präsenz

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