Prüfungsformen bestimmen

Die Prüfungsform sollte sich im Sinne des Constructive Alignment auf die Inhalte sowie die Lernziele der Veranstaltung beziehen.

Prüfungsformen

Drei Figuren mit Lupe über ihren Köpfen.

 

Im Zuge der Bologna-Reform hat sich in der Lehre ein Paradigmenwechsel hin zu einer Lernenden-Perspektive vollzogen. Dabei sollen Prüfungen in den neuen Studienformaten (Bachelor/Master) lernendenzentriert mit dem Fokus auf die Lernergebnisse (siehe Constructive Alignment) und auf Modulebene durchgeführt werden (Walzik, 2012). Für die Durchführung einer Modulprüfung ist eine Absprache zwischen allen Lehrenden des Moduls notwendig.

Zwischen welchen Prüfungsformaten Sie auswählen können, ist meistens durch die Prüfungsordnung oder die Modulbeschreibung festgelegt. Um eine begründete Auswahl treffen zu können, folgen nun wesentliche Funktionen und Klassifikationen  von Prüfungsformaten, sowie die Phasen eines Prüfungsprozesses.

Funktionen einer Prüfung

Die didaktische Funktion einer Prüfung beschreiben, warum eine Prüfung aus pädagogischer Perspektive sinnvoll ist. Z.B. wird hier deutlich, dass Prüfungen im Hinblick auf die Lernergebnisse abgehalten werden. Bei Modulprüfungen steht sie in der Regel im Vordergrund.

Die gesellschaftliche Funktion einer Prüfung verdeutlicht, welche Interessen die Gesellschaft an Prüfungen haben kann bzw. welche Funktionen Prüfungen aus gesellschaftlicher Perspektive übernehmen (können). Z.B. können Prüfungen für die Auswahl von geeigneten Personen für bestimmte Positionen und Funktionen genutzt werden.

Die summative Funktion einer Prüfung ist es, am Ende einer Lerneinheit (Modul, Lehrveranstaltung) ein bewertendes Urteil über die Leistungen von Studierenden zu fällen. Abschließend wird beurteilt, ob und in welcher Güte die Studierenden die Wissens- und Kompetenzziele erreicht haben.

Die formative Funktion einer Prüfung hingegen zielt im Zuge einer Feedbackkultur eher auf die Unterstützung des Lernprozesses ab. Studierenden sollen durch Rückmeldungen innerhalb der Veranstaltung einen Eindruck ihres Lernstandes vermitteln und sie bei der Erreichung der Lernergebnisse unterstützen. Ein Zwischen-Lernstand kann somit eine Verbesserung der studentischen Leistung ermöglichen.

 

Klassifizierung von Prüfungsformaten

Prüfungsformate lassen sich in drei Kategorien gliedern (Walzik, 2012):

Mündliche Prüfungen: Prüfungsgespräch, Referat, Podiumsdiskussion, …
Schriftliche Prüfungen: (E-) Klausur, Hausarbeit, Essay, (E-) Portfolio, Projekt-/Praxisbericht, …
Praktische Prüfungen: (E-) Planspiele, Serious Game, Transferaufgaben, Lehrprobe (Lehramt), …

 

 

Die hier aufgeführten Beispiele sind nicht erschöpfend. Weitere Prüfungsformate sowie detaillierte Erläuterungen der einzelnen Formate finden Sie in dieser Tabelle. Zusätzlich liefert Ihnen dieses PDF-Dokument weitere Information speziell zur E-Klausur.

 

Phasen des Prüfungsprosses

Der gesamte Prüfungsprozess kann in vier Phasen eingeteilt werden
(Pfäffli, 2015):

  1. Vorbereitung
  2. Durchführung
  3. Bewertung
  4. Feedback

Konkrete Hinweise und Handlungsanweisungen zu den Phasen des Prüfungsprozesses finden Sie in den Praxistipps.

Praxistipps

Vorbereitung: Was und wie kann geprüft werden?

Der Fokus von Prüfungen an Hochschulen liegt auf den Lernergebnissen der Studierenden. Eine Prüfung sollte demnach so ausgelegt sein, dass sie Rückschlüsse auf die erworbene Kompetenz ermöglicht. Beispielsweise kann eine Prüfung eine Problemstellung beinhalten, die die Studierenden durch die entwickelte Kompetenz lösen und somit das Erreichen des Lernergebnisses durch Performanz zeigen können (Pfäffli, 2015; Walzik, 2012).

Verschiedene Prüfungsformate sind den einzelnen Niveaustufen zugeordent.
Geeignete Prüfungsformen der einzelnen Niveaustufen

Das Prüfungsformat soll zu den beschriebenen Lernergebnissen und den gewählten Inhalten passen sollte (Constructive Alignment).

Die häufigste Herangehensweise zur Entwicklung von Prüfungsaufgaben ist die Orientierung an den Lernergebnissen. Bei der Entwicklung von lernergebnisorientierten Prüfungsaufgaben können Sie sich an der Taxonomie für kognitive Lernergebnisse orientieren (HRK - Nexus, 2013) (siehe Lernergebnisse formulieren). Die ersten beiden Niveaustufen „Erinnern“ und „Verstehen“ bieten sich für Reproduktions- bzw. Reorganisationsaufgaben an. Komplexere Aufgabenstellungen wie Transferaufgaben können zur Prüfung höherer Lernergebnisstufen angewendet werden. Die Formate können sich durch die Art der Aufgabenstellung innerhalb der Kompetenzstufen verändern - weitere Niveaustufen können hinzukommen und andere Stufen mitunter nicht erreicht werden.

Anregungen für die Formulierung von Aufgabenstellungen können Sie dieser Tabelle entnehmen. Die Abbildung und die Tabelle sollen Sie dabei unterstützen, die gewählte Prüfungsform sowie die Aufgabenstellung in Bezug auf die Lernergebnisse zu überprüfen. Mit dieser Checkliste können Sie dann überprüfen, ob Sie bei der Vorbereitung an alles gedacht haben.

Durchführung: Was sollte hier beachtet werden?

Jede Prüfungssituation ist anders, weshalb die Beschreibung einer standardisierten Durchführung nicht möglich ist. Dennoch gibt es einige Hinweise, die Sie bei der Durchführung einer Prüfung beachten können, um die Situation erfolgreich und so angenehm wie möglich für beide Seiten zu gestalten (Pfäffli, 2015; Winteler, 2011).

Allgemein

Achten Sie darauf, dass Sie einen für die Prüfung geeigneten Raum zur Verfügung haben.

Stellen Sie ggf. Materialien wie Zettel, Stifte etc. für die Studierenden bereit.

 

Klausuren

Weisen Sie die Studierenden auf die Abgabezeit bzw. (zwischendurch) auf die verbleibende Bearbeitungszeit hin.

Zeigen Sie zu Beginn auf, welche Hilfsmittel erlaubt sind.

Stehen Sie den Studierenden zu jeder Zeit für Rückfragen zu den Prüfungsaufgaben zur Verfügung.

 

Mündliche Prüfungen und Referate

Schaffen Sie eine angenehme Prüfungsatmosphäre und motivieren Sie die Studierenden durch positives Verhalten.

Zeigen Sie Interesse an den Inhalten, die die Studierenden vortragen!

Erleichtern Sie Studierenden zum Beispiel durch eine auflockernde Frage den Einstieg.

Dokumentieren Sie die mündlichen Prüfungen schriftlich.

Bewertung: Wie kann Sie fair und transparent gelingen?

Lehrende Person reflektiert.

Die Bewertung von studentischen Leistungen sollte objektiv, zuverlässig und valide sein (Macke, Hanke, & Viehmann, 2012; Walzik, 2012). Bewertungskriterien ergeben sich zumeist aus den Lernergebnissen des Moduls oder der Lehrveranstaltung. Diese Kriterien sollten nicht nur Sie, sondern auch Ihre Studierenden vor der Prüfung kennen. Die Transparenz über die Kriterien hat folgende Vorteile:

Für Studierende

  • Kriterien-Transparenz gibt Sicherheit in der Frage, welche Anforderungen Sie an die Leistung stellen und welche individuellen Beurteilungskriterien Sie zu Grunde legen.

Für Lehrende

  • Klare Bewertungskriterien erleichtern Ihnen Ihre Lehrtätigkeit, denn der Betreuungsaufwand der Studierenden während der Prüfungsphase kann sich verringern.

Es empfiehlt sich einen Kriterienkatalog zur Leistungsbeurteilung anzulegen. Für die Erstellung und Festlegung von Bewertungskriterien können Sie als Orientierung diese und diese Liste nutzen.

Warum und wie Feedback geben?

Damit Ihre Studierenden durch Ihre Beurteilung etwas für sich lernen können, ist es sinnvoll, ihnen eine lernförderliche Rückmeldung zu geben: Geben Sie ihnen die Möglichkeit zur Klausuren-Einsicht oder besprechen Sie Hausarbeiten oder Referate gemeinsam in Ihrer Sprechstunde. Sprechen Sie die Stärken der jeweiligen Arbeit an, denn dies fördert die Lernmotivation.

Wenn Sie einzelne Lernstanderhebungen (z.B. Miniklausuren, Referate, Essays, Lernportfolios o.ä.) während des Semesters durchführen und anschließend Feedback geben, können die Studierenden ihren Lernfortschritt besser nachvollziehen und sich entsprechend verbessern (Walzik, 2012). Doch nicht nur für die Studierenden ist Feedback wichtig. Holen Sie ein Feedback der Studierenden ein! Dadurch können Sie ggf. wichtige Hinweise erhalten, Neues lernen und Ihren Lehr- und Prüfungsstil verbessern (Ulrich, 2016) (siehe Feedback geben und annehmen).

Drei Zahnräder arbeiten in einem Kopf.

Quellen, Downloads und Autorinnen

Quellen

Bloom, B. S. (Hrsg.). (1956). Taxonomy of educational objectives: The classification of  educational goals. Handbook I: Cognitive domain (5. Aufl., (17.-21. Tsd.)). New York, Toronto: Longmans Green.

Böss-Ostendorf, A. & Senft, H. (2014). Alles wird gut: Ein Lern- und Prüfungscoach. Opladen: Budrich.

HRK - Nexus (Hrsg.). (2013). Nexus - Impulse für die Praxis Nr.2/2013 - Lernergebnisse praktisch formulieren. Abgerufen am 29. Juli 2020 von http://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/nexus-Impuls-2-Lernergebnisse.pdf

Macke, G., Hanke, U. & Viehmann, P. (2012). Hochschuldidaktik: lehren, vortragen, prüfen, beraten. Weinheim: Beltz.

Macke, G., Hanke, U., Viehmann, P. & Raether, W. (2016). Kompetenzorientierte Hochschuldidaktik: lehren – vortragen – prüfen – beraten (3. Auflage). Weinheim: Beltz.

Metzger, C. & Nüesch, C. (2004). Fair prüfen: Ein Qualitätsleitfaden für Prüfende an Hochschulen. St. Gallen: Universität St. Gallen Inst. f. Wirtschaftspäd.

Pfäffli, B. K. (2015). Lehren an Hochschulen: eine Hochschuldidaktik für den Aufbau von Wissen und Kompetenzen. Bern: Haupt.

Ulrich, I. (2016). Gute Lehre in der Hochschule: Praxistipps zur Planung und Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Wiesbaden: Springer.

Walzik, S. (2012). Kompetenzorientiert prüfen: Leistungsbewertung an der Hochschule in Theorie und Praxis. Opladen: Budrich.

Winteler, A. (2011). Professionell lehren und lernen: ein Praxisbuch. Darmstadt: WBG.

Aktualisiert von: Maren Praß