Projektdetails

Gewalterfahrungen und Gefährdungslagen in häuslichen Pflegebeziehungen

Laufzeit: 15.07.2015 - 31.10.2015
Forschungsteam:

J Nachtmann (Projektleitung);

 
Projektpartner:innen: Prof. Dr. Stefan Görres
Projekttyp: Promotionsprojekt

Beschreibung

Im Dezember 2013 bezogen in Deutschland 2.6 Millionen Menschen Leistungen der sozialen Pflegeversicherung bzw. der privaten Pflegepflichtversicherung. Die dominierende Versorgungsform ist die Familie, welche gegebenenfalls durch einen ambulanten Dienst unterstützt wird (vgl. Statistisches Bundesamt 2015).

Das tatsächliche Eintreten einer Pflegesituation ist mit weit reichenden Konsequenzen für die Beziehungsgestaltung, aber auch für die Bewältigung des Alltagslebens verbunden. In den verschiedensten Lebensbereichen, z. B. Berufstätigkeit, Freizeitgestaltung, soziale Kontakte oder die Beziehung zueinander, treten für die Beteiligten Veränderungen ein. Verstärkend kommt hinzu, dass die Pflegebeziehung sehr lange andauern kann und in der Regel keine Verbesserung der gesundheitlichen Umstände zu erwarten ist. In diesem Kontext sind vielfältige Herausforderungen zu meistern. Denn die verlängerte gemeinsame Lebenszeit birgt auch Risiken und Konfliktpotenziale, die in gewalttätige Handlungen bzw. Vernachlässigungen münden können.

Vor diesem Hintergrund setzt sich das Promotionsvorhaben mit der Beziehung zwischen erwachsenen, pflegenden Kindern und ihren alten, pflegebedürftigen Eltern auseinander. Die Idee ist, der Arbeit einen konzeptionellen Rahmen zu geben, der familiensoziologische Theorieansätze aufgreift. Insgesamt strukturieren drei Forschungsfragen das Vorhaben.

Forschungsfrage 1 Wie stellen sich Gewalterfahrungen älterer, pflegebedürftiger Menschen in der Häuslichkeit dar?

Forschungsfrage 2 Unter welchen Bedingungskonstellationen sind Gewaltanwendungen in der familiären, häuslichen Pflege älterer Menschen wahrscheinlich?

Forschungsfrage 3 Inwieweit wird die aktuelle Pflegebeziehung von der Qualität der familialen Beziehungsgeschichte bestimmt?

Alle Daten stammen aus dem Projekt „Kriminalität und Gewalt im Leben alter Menschen“ (vgl. Görgen 2010). Vorgesehen ist eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Verfahren.

Die standardisierte, schriftliche Befragung erfasst vordergründig problematische Verhaltensweisen. Ihr liegen Angaben von 217 pflegenden Familienangehörigen zu Grunde. Damit ermöglicht die quantitative Fragebogenstudie, Aussagen über das Ausmaß von Gewaltvorkommnissen in der häuslichen Pflege zu treffen sowie Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen zu überprüfen.

Im Gegensatz dazu zeichnen sich die qualitativen face-to-face Interviews durch dichte, informationsreiche Einzelfallschilderungen im Kontext der häuslichen Pflege aus. Im Fokus der qualitativen Befragung stehen damit die familialen Beziehungsdynamiken. Das Ziel ist es, tieferliegende Deutungs- und Handlungsmuster aufzudecken. Als Grundlagen dienen 10 vollständige Pflegesettings. Dies entspricht 23 Einzelinterviews. Es handelt sich dabei um Eltern-Kind Dyaden, d. h. alte, körperlich pflegebedürftige Eltern und erwachsene, pflegende Kinder (teilweise durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt).

Ein Zusammenführen der beiden Stränge erfolgt im Ergebnisteil der Arbeit. Dort werden die unterschiedlichen Erkenntnisse vorgestellt, aufeinander bezogen und miteinander integriert. Schließlich werden im Ausblick der Arbeit, präventive Strategien zum Schutz pflegebedürftiger Menschen sowie Hilfestellungen für pflegende Angehörige vorgestellt.

GÖRGEN, T. (2010). Sicherer Hafen oder gefahrvolle Zone? Kriminalitäts- und Gewalterfahrungen im Leben alter Menschen. Frankfurt a.M.: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Statistisches Bundesamt (2015). Pflegestatistik 2013: Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung: Deutschlandergebnisse. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.




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