Projektdetails

Evidenz gesundheitsfördernder und präventiver Pflegeinterventionen

Laufzeit: 01.04.2012 - 31.03.2013
Forschungsteam:

Prof. Dr. Stefan Görres (Projektleitung);

 

Dr. Svenja Schmitt;

 
Projektpartner:innen: Mathias Hochschule Rheine; Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS)
Projekttyp: Drittmittelprojekt
Finanzierung: Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)

Beschreibung

Hintergrund:

International haben sich Pflegende als zentrale Akteure im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung längst etabliert und auch hierzulande werden in den letzten Jahren vermehrt Bestrebungen deutlich, die Pflege zunehmend in dieses Handlungsfeld einzubinden. Dies zeigt sich z.B.. in politischen Stellungnahmen wie der Münchener Erklärung ("Pflegende und Hebammen - Ein Plus für die Gesundheit" 2000), den Gutachten des Sachverständigenrats (SVR 2003, 2007) und nicht zuletzt anhand der seit 2004 geltenden Gesetzesnovellierung mit der neuen Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpfleger:in" bzw. "Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger:in". Ungeachtet dieser Entwicklung ist die drängende Frage, welche pflegerischen Tätigkeiten als präventiv bzw. gesundheitsfördernd zu definieren sind, bislang nicht eindeutig geklärt und in der deutschen Pflegewissenschaft kaum untersucht (Hasseler 2006). Prävention und Gesundheitsförderung werden zwar als integrale Bestandteile pflegerischen Handelns begriffen, eine Präzisierung und Konkretisierung als Strategien der Pflege steht jedoch noch aus (Gebert 2007; Winter & Kuhlmey 2002).

Ziele und Forschungsfragen:

Übergeordnetes Ziel der Studie ist die Erstellung einer systematischen Übersicht und Synthese zum Stand des Wissens im Bereich gesundheitsfördernder und präventiver Pflegeinterventionen bei erwachsenen Menschen, auf deren Basis anschließend evidenzbasierte praxisrelevante Handlungsempfehlungen zur Entwicklung entsprechender Strategien abgeleitet werden. Folgende Fragen sind dabei forschungsleitend:

  • Welche gesundheitsfördernden u. präventiven Pflegeinterventionen werden durchgeführt?
  • Sind diese Interventionen effektiv?
  • Sind diese Interventionen effizient?

Methodisches Vorgehen:

Ausgehend von der theoretischen Verortung des Begriffs wird anhand einer internationalen Recherche pflegerischer Tätigkeiten im Kontext von Gesundheitsförderung und Prävention eine definitorische Festlegung der Faktoren erfolgen, welche pflegerischen Interventionen unter welchen Kontext- und Rahmenbedingungen als gesundheitsfördernd bzw. präventiv anzusehen sind. Grundlage bilden eine systematische Literaturrecherche in der Cochrane Library und den Datenbanken Medline (via PubMed) und Cinahl sowie eine Handsuche in Verlagsdatenbanken medizinischer Fachverlage und Leitlinien. Die Recherche erfolgt nach einem vorab festgelegten Protokoll mit definierten Ein- und Ausschlusskriterien. Eingeschlossen werden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), Reviews, systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen sowie kontrollierte klinische Studien. Ausgeschlossen werden Grundlagenartikel, theoretische Essays, Expertenmeinungen, Studien mit qualitativem Design, Berichte über Projekte, Studien ohne Kontrollgruppe und Studien im Pre-Post-Design. Darüber hinaus bleiben Studien, in denen gesundheitsfördernde und präventive Interventionen nicht durch Pflegende, sondern durch andere Akteure im Gesundheitswesen durchgeführt werden, unberücksichtigt.

Die daran anschließende kritische Analyse der Einzelstudien findet anhand vorab erfasster Kriterien statt, ihre Qualität wird mit Hilfe der Grades of Recommendation, Assessment, Development and Evaluation (GRADE) bewertet. Bei diesem Verfahren wird im ersten Schritt das zugrundeliegende Studiendesign auf einer Stufe von 1 (z.B. Fallberichte) bis 4 (randomisierte kontrollierte Studie) beurteilt. Durch verschiedene Faktoren kann die jeweilige Studie dann im zweiten Schritt auf- bzw. abgewertet werden. Die Studienqualität wird abschließend anhand von vier Stufen ("sehr niedrige Qualität", "niedrige Qualität, "mittlere Qualität" und "hohe Qualität") festgelegt. Am Prozess der Studienauswahl und -bewertung sind immer zwei Personen beteiligt, die ihre Entscheidung zunächst unabhängig voneinander treffen. Jede Nichtübereinstimmung in der Beurteilung wird unter Einbezug einer dritten Person diskutiert (vgl. Egger & Smith 2005, 27). Eine Durchführung von Metaanalysen wird als optional angesehen. Durch die zu erwartende hohe Differenziertheit gesundheitsfördernder und präventiver pflegerischer Interventionen werden Metaanalysen nur für abgrenzbare Interventionen und klar definierte klinische Subgruppen getätigt.

Erwartete Ergebnisse und deren Relevanz:

Mit dem zu erstellenden Review wird das Tätigkeitsspektrum Pflegender im Kontext von Gesundheitsförderung und Prävention deutlich. Dabei wird zu erkennen sein, welche pflegerischen Interventionen als gesundheitsförderlich bzw. präventiv anzusehen sind und welche davon mit Effektivität belegt sind. Die Ergebnisse werden im Kontext der international unterschiedlichen Qualifizierungsniveaus reflektiert und auf ihre Übertragbarkeit auf die bundesdeutsche Pflegelandschaft überprüft. Davon ausgehend werden evidenzbasierte, handlungsleitende Empfehlungen zur Entwicklung präventiver und gesundheitsfördernder Strategien in der Pflege ableitbar, die konkrete Antworten auf praxisrelevante Fragen liefern.
Die Ergebnisse werden verdeutlichen, wie pflegerisches Handeln systematisch zu Verbesserung und Erhalt von Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität von Menschen beitragen kann. Sie werden auch zeigen, welche Rahmenbedingungen, Kompetenzen und Wechselspiele mit anderen Professionen und Disziplinen möglich sind. Damit kann die Rolle der Pflegenden modifiziert und verändert werden. Insbesondere im Kontext chronischer Erkrankungen und der Langzeitpflege gelten Pflegende häufig als tägliche Verwalterinnen der pflegebedürftigen Patienten und Klienten. Die Darstellung der Evidenz gesundheitsfördernder und präventiver Pflegeinterventionen kann diese "Einbahnstraße" und das damit verbundene Berufsbild hinterfragen und neu ausrichten. Gleiches gilt für den Auftrag von Institutionen, in denen Pflegende tätig sind. Die Projektergebnisse können nicht zuletzt wichtige Wirksamkeitsnachweise zur Entwicklung und Etablierung neuer Aufgabengebiete und Handlungsfelder für Pflegende liefern und damit die Bedeutung professioneller Pflege z.B. in den Bereichen Public Health Nursing, Community Nursing oder Family Health Nursing belegen und deren Auf- und Ausbau in Deutschland stärken.

Online-Zugriff zum Abschlussbericht und zur Online-Übersicht der Ergebnisse (aufbereitet in einer Datenbank durch das ZQP):
http://zqp.de/index.php?pn=press&id=401

Literatur:
Brieskorn-Zinke, M. (2003): Die Rolle der Pflege in Public Health/ Gesundheitsförderung – Versuch einer Systematisierung. In: Pflege, 02/2003, S. 66-74
Egger, M.; Smith, G. D. (2005): Principles of and procedures for systematic reviews. In: Egger, M.; Smith, G. D.; Altmann, D. G. (Eds.): Systematic Reviews in Health Care: Metaanalysis in Context. London: BMJ Publishing Group, p. 23-42
Egger, M.; Smith, G. D.; Altmann, D. G. (Eds.) (2005): Systematic Reviews in Health Care: Meta-analysis in Context. London: BMJ Publishing Group
Gebert, A. (2007): Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege. In: Hurrelmann, K.; Klotz, T.; Haisch, J. (Hrsg.): Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung. Bern: Huber, S. 243-253
Hasseler, M.; Meyer, M. (2006): Prävention und Gesundheitsförderung? Neue Aufgaben für die Pflege. Hannover: Schlütersche
Hasseler, M. (2006): Potenziale pflegerischer Berufe in Prävention und Gesundheitsförderung. In: Prävention und Gesundheitsförderung, 03/2006, S. 166-173
Hurrelmann, K.; Klotz, T.; Haisch, J. (Hrsg.) (2007): Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung. Bern: Huber
Meyer, M.; Schiel, A. (2006): Nutzen und Wirksamkeit der Prävention als neues Aufgabenfeld profes-sioneller Pflege: eine internationale Literaturanalyse. In: Hasseler, M.; Meyer, M. (Hrsg.): Prävention und Gesundheitsförderung? Neue Aufgaben für die Pflege. Hannover: Schlütersche Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2007): Gutachten 2007. Kooperation und Verantwortung – Voraussetzungen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung. Deutscher Bundestag. Drucksache 16/6339. Berlin
Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2003): Gutachten 2003. Finanzierung, Nutzerorientierung und Qualität. Deutscher Bundestag. Drucksache 15/530. Berlin
Sackett, D. L., Straus, S. E., Richardson,W. S., Rosenberg,W., & Haynes, R. B. (2000). Evidence-Based Medicine (2nd ed.). London: Churchill Livingstone.
Schliehe, F.; Schmidt-Ohlemann, M. (Hrsg.) (2010): Rehabilitation zwischen Tradition und Innovation. Bericht über den Jubiläumskongress - 100 Jahre DVfR - der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e.V. Interdisziplinäre Schriften zur Rehabilitation. Band 17. Stuttgart: Gentner Verlag
Stöckel, S.; Walter, U. (Hrsg.)(2002): Prävention im 20. Jahrhundert. Historische Grundlagen und ak-tuelle Entwicklungen in Deutschland. Weinheim: Juventa
Ströbel, A.; Weidner, F. (2002): Pflegeprävention – Herausforderung und Notwendigkeit. In: Dr. med. Mabuse, 137 (Mai/Juni 2002), S. 36-40
Winter, H. J.; Kuhlmey, A. (2002): Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege. In: Stöckel, S.; Walter, U. (Hrsg.): Prävention im 20. Jahrhundert. Historische Grundlagen und aktuelle Entwicklungen in Deutschland. Weinheim: Juventa, S. 266-272




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