Projektdetails

Wissenschaftliche Begleitforschung zur Einführung der Prüfrichtlinie (PRL) für Regelprüfungen nach §20 Abs. 9 Selbstbestimmungsstärkungsgesetz (SbStG) des Landes Schleswig-Holstein

Laufzeit: 15.10.2012 - 14.09.2013
Forschungsteam:

Prof. Dr. Stefan Görres (Projektleitung);

 

Dr. Jaqueline Bomball;

 

Dr. Martina Stöver;

 
Projekttyp: Drittmittelprojekt

Beschreibung

Hintergrund:

Das „Gesetz zur Stärkung von Selbstbestimmung und Schutz von Menschen mit Pflegebedarf oder Behinderung - (Selbstbestimmungsstärkungsgesetz - SbStG)“ des Pflegegesetzbuchs Schleswig-Holstein (Fassung vom 17. Juli 2009) regelt für Menschen mit Pflegebedarf oder Behinderung die:

  • „Wahrung und Förderung ihrer Selbständigkeit, Selbstbestimmung, der Selbstverantwortung, der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“,
  • den „Schutz ihrer Würde und Privatheit sowie ihrer Interessen und Bedürfnisse vor Beeinträchtigungen“
  • die „Sicherung einer Qualität des Wohnens, der Pflege und der Betreuung, die dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entspricht“,
  • die „Wahrung ihrer Interessen als Verbraucherinnen und Verbraucher“ sowie
  • die „Einhaltung der den Trägern von Diensten und Einrichtungen ihnen gegenüber obliegenden Pflichten“ (vgl. SbStG §1).

Diese Ziele werden durch die Aufsichtsbehörden (ehemals Heimaufsicht) des Landes Schleswig-Holstein im Sinne des Gesetzes in den stationären Einrichtungen (Altenpflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe) geprüft. Die Prüfungen wurden bisher von den 16 Aufsichtsbehörden des Landes nach jeweils eigenen Kriterien vorgenommen. Um eine Einheitlichkeit in der Qualität von Pflege und Betreuung und die Rechte von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen im Sinne des Gesetzes (SbStG) zu schützen und voranzutreiben, aber auch um der Forderung nach Entbürokratisierung für die stationären Einrichtungen und Aufsichtsbehörden nachzukommen, hat das Referat Pflegeversicherung, Wohn-pflegerecht, Pflegeinfrastruktur des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein die Entwicklung der „Prüfrichtlinie für Regel-prüfungen nach § 20 Abs. 9 SBSTG in Schleswig-Holstein“ veranlasst. Diese Prüfrichtlinie ist seit April 2012 in Kraft getreten und wird seit dem als einheitliches Instrument bei Regelprüfungen durch die Mitarbeiter:innen der Aufsichtsbehörden eingesetzt.

Neben den Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden des Landes Schleswig-Holstein prüfen parallel auch die Mitarbeiter:innen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) anhand der für sie geltenden „Qualitätsprüfungs-Richtlinien – MDK-Anleitung, Transparenzvereinbarung“ (letzte Fassung von 2009). Während es zwischen MDK-Prüfungen und Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden durchaus auch unterschiedliche Zielsetzungen gibt, weisen diese aber in verschiedenen Punkten Überschneidungen auf. Die getrennten Zuständigkeiten der beiden Prüfinstanzen bedeuten für die Praxis, dass zwei unterschiedliche Prüfungen mit unterschiedlichen Prüfinstrumenten in den stationären Einrichtungen zum Einsatz kommen. Eine Vereinheitlichung und eine Annäherung dieser Instrumente würden ebenfalls der Bürokratievermeidung entgegenkommen.

Für die wissenschaftliche Begleitung der Implementation der Prüfrichtlinie in die Praxis hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein das IPP unter Leitung von Prof. Dr. Stefan Görres um ein entsprechendes Angebot angefragt.

Zielsetzung:

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Prüfrichtlinie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein anhand einer wissenschaftlichen Begleitforschung hinsichtlich ihrer inhaltlichen Entsprechung mit dem SbStG, ihrer Umsetzung, Handhabbarkeit und ggf. Änderungs- und Anpassungsbedarfe zu evaluieren. Darüber hinaus sollen die Schnittstellen zu den MDK-Prüfrichtlinien und Potentiale zur Zusammenarbeit mit dem MDK herausgearbeitet und Entbürokratisierungspotentiale identifiziert werden. Ein abschließendes Ziel liegt darin, impulsfördernde Parameter zu generieren und diese zur Förderung einer nachhaltigen Kooperationsbereitschaft zwischen Aufsichtsbehörden und MDK erfolgreich einzusetzen.

Folgende forschungsleitende Fragestellungen werden zugrunde gelegt:

1. Entspricht die Prüfrichtlinie (PRL) dem Auftrag des Gesetzes?

  • Ist die Prüfrichtlinie für eine Vereinheitlichung der Durchführung der Überprüfung nach dem SbStG geeignet?
  • Entsprechen die Prüfinhalte der PRL dem Prüfauftrag nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SbStG (P u. S-Fragen)? – Wird die PRL dem Gedanken der Selbstbestimmung und Teilhabe gerecht?
  • Berücksichtigt die PRL die Besonderheiten von Einrichtungen der Eingliederungshilfe?
  • Ist die Ergebnisdarstellung klar und einfach möglich?

2. Führt die PRL zu Entbürokratisierung?

  • Führen die Prüfkriterien zu genügend Transparenz für alle Beteiligten?
  • Schaffen die Prüfkriterien Klarheit an die Anforderungen der Dokumentation?
  • Werden durch die Prüfkriterien neue Dokumentationsanforderungen gestellt?
  • Gibt es weitere Möglichkeiten mit der PRL zur Vereinfachung der Dokumentation beizutragen?
  • Welche Prüfkriterien führen zu einem Mehraufwand der Einrichtungen, der allein der PRL geschuldet ist? Und darüber hinaus:
  • Wie gestaltet sich die Umsetzung der Prüfrichtlinie in die Praxis?
  • Wie wird die Handhabbarkeit der PRL von den Akteuren beurteilt?
  • Welche Vorteile sehen Vertreter:innen der stationären Einrichtungen und der Aufsichtsbehörden im Einsatz der PRL?
  • Welcher Optimierungsbedarf wird bei der Umsetzung der PRLggf. deutlich?

3. Unterstützt die PRL eine arbeitsteilige Zusammenarbeit mit dem MDK?

  • Entspricht die PRL der nach § 20 Abs. 1 Satz 6 Schwerpunktsetzung der Struktur- und Prozessqualität?
  • Ist die PRL geeignet, die Anforderungen nach § 20 Abs. 2 zu erfüllen (möglichst gleichzeitige und arbeitsteilige Überprüfung mit dem MDK)?
  • Können Überschneidungen mit dem MDK verringert werden?
  • Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen PRL und dem MDK-Prüfinstrument?
  • Inwiefern bestehen Schnittstellen zwischen der PRL und dem MDK-Prüfinstrument?
  • Welche Ansatzpunkte zu einer möglichen Kooperation zwischen MDK und Aufsichtsbehörden werden ggf. deutlich?
  • Trägt die angestrebte gleichzeitige Überprüfung von Aufsichten und MDK zu einer Entbürokratisierung bei?
  • Ist die gleichzeitige Überprüfung ein arbeitsorganisatorisch geeignetes Verfahren?

4. Formulieren von Handlungsempfehlungen

Methodisches Vorgehen:

Zur Erreichung dieser Ziele wird ein Mix aus qualitativen und quantitativen Methoden vorge-schlagen.

Dokumentenanalyse: Die Beantwortung der ersten Forschungsfrage (Entspricht die Prüfrichtlinie dem Auftrag des Gesetzes?) erfolgt anhand einer Dokumentenanalyse. Dazu werden die Inhalte der PRL mit den Anforderungen des SbStG abgeglichen.

Beobachtungen: Begleitung und Überprüfung der Anwendung der PRL: Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage (Führt die PRL zu Entbürokratisierung?) werden die Mitarbeiter/innen der Aufsichtsbehörden, die Beteiligten der stationären Einrichtungen, sowie der Projektbeirat (Akteure des Landespflegeausschuss, der Aufsichtsbehörden und des MDK’s) als relevante Zielgruppen identifiziert. In einem ersten Schritt werden hierzu Begleitungen und Überprüfungen der Anwendung der PRL vor Ort (SGB XI und SGB XII Einrichtungen) vorgenommen. Dabei kommt eine Checkliste für Beobachtungen / teilstandardisierter Fragebogen zum Einsatz. Angestrebt wird eine Stichprobe aus städtischen und ländlichen stationären Einrichtungen. Idealerweise sollte es gelingen mit jeder Aufsichtsbehörde eine Begehung durchzuführen.

Online-Fragebogenerhebung: Die gewonnenen Daten aus den Beobachtungen dienen als Basis der Erstellung eines Fragebogens als Überprüfungsinstrument, der bei allen verantwortlichen Mitarbeiter/innen der stationären Einrichtungen per Online-Vollerhebung (n = 600 bis 700 Einrichtungen) eingesetzt wird. Auch hier stehen die Umsetzung, Handhabbarkeit, Akzeptanz, mögliche Schwierigkeiten und die Synergiepotentiale der PRL zum MDK-Instrument im Fokus.

Die dritte Forschungsfrage (Unterstützt die PRL eine arbeitsteilige Zusammenarbeit mit dem MDK?) wird als Querschnittsthema sowohl innerhalb der Dokumentenanalyse als auch innerhalb der Beobachtungen und der Online-Fragebogenerhebung beantwortet.

Weiterhin wird innerhalb von 5 Treffen mit dem Projektbeirat das Wissen dieser Experten:innen in die Beurteilung dieser Fragestellung einfließen.
Das methodische Vorgehen verteilt sich dementsprechend auf drei Arbeitspakete:

  • Vor- und Planungsphase
  • Erhebungs- und Auswertungsphase
  • Abschlussphase

In der Vorphase erfolgt die Kontaktaufnahme mit den Aufsichtsbehörden und den Mitgliedern des Projektbeirates. Um eine Akzeptanz und Beteiligung der Akteure bei der Evaluation zu gewährleisten, wird eine einführende Informationsveranstaltung zur Vorstellung der Evaluationsschwerpunkte durchgeführt. Des Weiteren werden in der Vorphase die Dokumentenanalyse (PRL und MDK-Richtlinien) die Instrumentenerstellung und ein erstes Treffen mit dem Projektbeirat geplant.

In der Erhebungs- und Auswertungsphase liegt der Fokus auf den 16 Begehungen und der daraus abzuleitenden Erstellung des Onlinefragebogens und der Durchführung der Onlinebefragung. Die Durchführung der Onlinebefragung setzt das Vorliegen eines entsprechenden E-Mail Verteilers der stationären Einrichtungen voraus. Eine Präsentation von Zwischenergebnissen erfolgt nach 6 Monaten. Ferner erfolgen in dieser Phase weitere Treffen mit dem Projektbeirat sowie die Auswertung der Daten.

In der Abschlussphase werden alle erhobenen Daten (Dokumentenanalyse, Beobachtungen, Online-Vollerhebung und Treffen mit dem Projektbeirat) zusammengeführt und hand-lungsleitende Empfehlungen innerhalb des Projektberichtes verfasst. Es erfolgt eine abschließende Präsentation und Diskussion der Ergebnisse.




Aktualisiert von: IPP-Content