Projekte
Forschung in der Theoretischen Philosophie
Ausgangspunkt vieler unserer Forschungs- und Lehrtätigkeiten sind theoretisch-philosophische Fragestellungen, die sich aus dem Kontext von Einzelwissenschaften ergeben oder sich inhaltlich mit ihnen berühren. Die einzelnen Teammitglieder haben dementsprechend nicht nur philosophische, sondern auch einzelwissenschaftliche Qualifikationen (Physik, Mathematik, Geschichte, Ingenieurswissenschaften). Die diversen inner- und vor allem interdisziplinären Projekte, an denen die Professur bspw. im Bereich der Zeitforschung, Raumfahrt, Musik und Datenwissenschaft beteiligt ist, zielen nicht nur auf fachwissenschaftliche Resultate ab, sondern auch darauf, die gesellschaftliche Relevanz des Untersuchten kritisch zu reflektieren.
Philosophie der Zeit
Zeit tritt in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf: unter anderem als physikalische Zeit, als wahrgenommene Zeit, als gesellschaftlich-intersubjektive Zeit und als historische Zeit. Dementsprechend war und ist das Thema Zeit immer wieder der Gegenstand von grundlegenden Diskussionen in unterschiedlichen philosophischen Teildisziplinen – von der Metaphysik über die Wissenschaftsphilosophie und die Philosophie des Geistes bis hin zur Philosophiegeschichtsschreibung und zur Ethik. Vergleichsweise wenig behandelt werden allerdings die Verbindungen und Gemeinsamkeiten dieser Diskussionen. Es ist das Ziel dieses Projektes, diese Lücke zumindest teilweise zu füllen. Mehr erfahren.
Im Kontext der Quantenmechanik werden die Bedingungen untersucht, unter denen Quantensysteme so etwas wie eine objektive und für einen Beobachter prinzipiell zugängliche Zeitskala generieren können – also um die allgemeinen Voraussetzungen dafür, dass etwas als Quantenuhr fungieren kann. Mehr erfahren.
Für Menschen ist Zeit etwas Verleiblichtes (embodiment), doch wie sie tatsächlich wahrgenommen und erlebt wird, hängt auch mit kulturellen Bedingungen zusammen. Indem Zeit auch kulturspezifische Formen annimmt, wird sie zu etwas Lokalem, Pluralem und Historischem. Das Ziel des Projekts ist die Erforschung der vielfältigen Formen ‘menschlicher Zeit‘ (Temporalitäten) innerhalb der Stadt Bremen zwischen 1400 und 1600. Die Hauptthese ist, dass Bremen, und vormoderne Städte im Allgemeinen, hierfür sinnvoll als ‘lokale Zeitzonen‘ konzeptualisiert werden können, innerhalb derer Zeit für Menschen lokalspezifische Formen annahm und somit unikal erfahren und wahrgenommen wurde. Mehr erfahren.
Philosophie und Wissenschaften
Das Hören wird leider oft marginalisiert. In der Philosophie und auch in der Gesellschaft fällt uns zwar „Offensichtliches ins Auge“, aber wir tun uns häufig schwer, „genau hinzuhören“ und gemeinsam zu „stimmigen“ Ergebnissen zu gelangen. Dieses Projekt möchte dieser Marginalisierung in unterschiedlicher Weise innerphilosophisch, interdisziplinär und auch klanglich-musikalisch entgegenwirken. Mehr erfahren.
Wie verändern Technik, digitale Methoden und insbesondere auch die Raumfahrt unsere Welt und unsere Erfahrungen? Was kann man im Weltraum lernen, was wir nicht auch “zu Hause” auf der Erde lernen könnten? Können wir zum Beispiel dem Klimawandel vom Weltraum aus begegnen? Und welche neuen Möglichkeiten ergeben sich für so unterschiedliche Disziplinen wie die Pharmazie und die Architektur, wenn mittels digitaler Methoden sowohl Moleküle als auch Gebäude neu entworfen werden können? Und vor allem: Was bedeutet das für unsere eigenen Erfahrungsprozesse? -- Diesen und ähnlichen Fragen widmen sich unsere verschiedenen Teilprojekte. Mehr erfahren.
Dieses Projekt analysiert und verteidigt die Bedeutung, die begriffsgeschichtlicher Sachkenntnis in den Einzelwissenschaften zukommt. Diese Kenntnis ist sowohl von intrinsischem als auch instrumentellem Wert, denn sie erlaubt es, die innere Dynamik dessen, was man als Wissenschaftler macht, besser zu verstehen und gegebenenfalls aktiv zu beeinflussen. Mehr erfahren.
Dieses Projekt behandelt ausgewählte Begriffe und Problemstellungen, die am Beginn der abendländischen philosophischen Tradition stehen und in der Folge prägend wurden für diverse geistesgeschichtliche Entwicklungen. Es werden jeweils historisch-systematische Verbindungen aufgezeigt zwischen den Ansätzen einzelner Vorsokratiker und zentralen Auseinandersetzungen neuzeitlicher Philosophie und Naturforschung. Mehr erfahren.
Dieses Projekt untersucht emergente Eigenschaften insbesondere in der Chemie und inwiefern diese graduell oder „schlagartig“ mit einer zunehmenden Anzahl von Teilchen zustande kommen. Dabei werden auch die Konsequenzen dieser Unterschiede für die Bildung von entsprechenden Eigenschaftsbegriffen und für das Aufkommen verschiedener Erklärungsebenen diskutiert. Mehr erfahren.
Kritisches Denken
"Kritisches Denken in den Wissenschaften" – das klingt wie eine Tautologie! Denn Wissenschaft und Forschung haben es vermeintlich immer mit kritischer Reflektion zu tun. Es wird untersucht und hinterfragt, statt die Dinge einfach so zu nehmen, wie sie scheinen. Oder ist das vielleicht nur ein Ideal? Die tägliche Praxis mag tatsächlich anders aussehen. Zahlreiche Sachzwänge wie etwa ökonomische Belange, Finanzierungs- und Zeitbeschränkungen sowie Druck von den Fachkollegen erschweren es oft, sich kritisch auseinanderzusetzen mit den verwendeten Methoden, den vorausgesetzten Begrifflichkeiten und den gezogenen Schlussfolgerungen. Mehr erfahren.
Die gegenwärtigen Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz und des Machine Learning, aber auch die steigende Bedeutung des allgemeinen Umgangs mit großen Datenmengen, führen direkt auf wichtige Fragenstellungen der theoretischen Philosophie, insbesondere der Erkenntnistheorie: Welche Rolle spielt beispielsweise „Transparenz“ in rechnergestützten Erkenntnisprozessen und was genau ist damit gemeint? Wann kann man von genuin „neuen“ Erkenntnissen sprechen? Mehr erfahren.
Globale Philosophie
Philosophische Lehre in westlichen Universitäten wird oft zurecht dafür kritisiert, sich fast ausschließlich mit westlichen AutorInnen zu befassen. Dies hat mehrere Nachteile: zum Einen kann es dazu beitragen, Stereotype über PhilosphInnen als Menschen mit westlichem Erscheinungsbild weiterzugeben und bei Studierenden mit anderen Hintergünden ein Gefühl der nicht-Zugehörigkeit zu erzeugen. Zum anderen ist die Nichtbeachtung anderer Traditionen aber auch ein inhaltlicher Verlust, eine verpasste Chance fruchtbare Perspektiven einzubringen. Mehr erfahren.
Die Idee der Afrikanischen Philosophie entstand unter streibaren Bedingungen: nicht-Afrikaner, die für Afrika sprechen wollten, und Afrikaner, die dies in Frage stellten. Das Projekt untersucht, welche Formen von Wissen aus diesem eng gefassten intellektuellen Horizont hervorgingen und wie die damit verbundenen Widersprüche die afrikanische Philosophie prägten. Mehr erfahren.
Soziale Erkenntnistheorie
Der Austausch von Informationen ist ein fester Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, und ein Teil dessen, was uns zusammenhält. Wir vertrauen dabei in der Regel anderen und nehmen Informationen von ihnen an. Diese Tatsache fußt darauf, dass wir voraussetzen, dass sich unsere Mitmenschen an bestimmte Standards gebunden fühlen, etwa den, nicht zu lügen. Im Rahmen dieses Projektes wird die Grundlage solcher Standards und ihr gesellschaftlicher Nutzen betrachtet. Mehr erfahren.
Unsere sozialen Identitäten sind begleitet von positiven und negativen Vorurteilen, die auch Vorstellungen darüber beinhalten, was wir wissen können. Die Zuschreibung von Wissen oder Nichtwissen an soziale Gruppen ist jedoch nicht immer nur auf Vorurteile zurückzuführen, sondern kann auch theoretisch begründet sein - so etwa in der Standpunkt-Erkenntnistheorie. Dieses Projekt untersucht die Auswirkungen solcher Zuschreibungen von Nichtwissen. Mehr erfahren.
Abgeschlossene Projekte
Ein wichtiger Teil von Philosophischer Arbeit ist das Fragenstellen. Den Blick dabei zu weiten und das Reflektieren über die eigene als auch fremde Disziplinen möglich zu machen, ist eines der Ziele der Philosophie. Vor allem die philosophische Auseinandersetzung mit Einzelwissenschaften hat sich die Theoretische Philosophie in Bremen zu ihrer Aufgabe gemacht. Der Austausch mit unterschiedlichen akademischen Fachhintergründen ermöglicht es, gegenseitig den Blickwinkel zu weiten und ermöglicht das Entstehen von spannenden Einsichten. Mehr erfahren.
Versucht man sich an einer konzeptuellen Klärung innerhalb der Physik, dann stößt man auch auf daraus resultierende Fragen der Metaphysik und Wissenschaftstheorie. Viele unserer Projekte lassen sich daher als klassische Projekte der Philosophie der Physik einordnen – etwa die zur Epistemologie und Metaphysik von Raum und Zeit. Mehr erfahren.
Dem Klimawandel vom Weltraum aus begegnen? Zusammen mit der OHB, dem Bremer Raumfahrtunternehmen, und weiteren internationalen Institutionen aus der Raumfahrt- und Umweltforschung ist die Theoretische Philosophie der Universität Bremen teil eines Konsortiums zum Thema space-based geoengineering. Wir diskutieren ergebnisoffen, inwiefern wir dem Klimawandel aus dem All heraus begegnen können und sollten. Mehr erfahren.
Inwiefern sind Aussagen über die Geometrie und Form (Topologie) von Raum und Zeit konventionell – gerade nicht wörtlich zu nehmende Behauptungen über Tatsachen, sondern (wie Konventionalisten behaupten) Ausdruck eines nicht-faktischen, auf menschlichen Setzungen beruhenden Theorieelementes? Wir untersuchen neue Ansätze dieser provokanten These und ihr Status in gegenwärtigen Theorien der Physik.
Die Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel werden in Wissenschaft und Alltag inflationär gebraucht und so scheint es überall Paradigmenwechsel in der Wissenschaft zu geben. Aber inwiefern ist das Konzept für andere Disziplinen als der Physik, an welcher Kuhn das Konzept entwarf, passend? Mehr erfahren.
Die Suche nach einer empirisch adäquaten Theorie der Quantengravitation – also einer Theorie, die einen Gültigkeitsbereich abdecken soll, in dem traditionell sowohl quantenmechanische als auch gravitative Aspekte relevant sind – zieht sich nun schon seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts hin. Das Projekt behandelt methodologisch-konzeptuelle Fragen in der Theorieentwicklung und -verfolgung einer Theorie der Quantengravitation: Können Kandidaten bereits vor dem eigentlichen Experiment sinnvoll getestet bzw. miteinander verglichen werden? Wie systematisch sind die bekannten Kandidaten gefunden worden? Sind sinnvolle Richtungen der Theorieentwicklung aus rein kontingenten aber inhaltlich ungerechtfertigten Gründen außer Acht gelassen worden? Mehr erfahren.
Eines unserer derzeitigen wissenschaftsphilosophischen Schwerpunkte befasst sich mit sogenannten super-empirischen Theorietugenden, d.h. über die empirische Adäquatheit hinausgehende Theoriekriterien (mit Schwerpunkt auf Formen von Einfachheit und Vereinheitlichungskraft), die für die Theorienauswahl und -beurteilung eine wichtige Rolle spielen. In konkreten Anwendungen auf physikalische Theorien untersuchen wir verschiedene Explikationen dieser Kriterien. Die resultierenden Fallstudien werfen kritisches Licht auf den Status dieser Theorietugenden und erlauben eine nuancierte, praxisorientierte Beurteilung dieser Kriterien.
Hermann Weyl (1885-1955) gilt als einer der wichtigsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Dieses Projekt widmet sich seinen philosophischen Schriften und zeigt die Einheitlichkeit seines Denkens auf. Insbesondere werden die Bedingungen, unter denen Weyl zu Bezugnahmen auf Husserl und den Deutschen Idealismus im Kontext seiner mathematischen und physikalischen Arbeiten kommt, systematisch rekonstruiert. Als wichtige Voraussetzung erweisen sich dabei die akademischen Umgebungen aus seiner Studienzeit in Göttingen und insbesondere die Konstellation mit dem Fichte-Experten Fritz Medicus während ihrer gemeinsamen Zeit an der ETH Zürich von 1913 bis 1930. Mehr erfahren.
In diesem Projekt geht es um eine kritische Auseinandersetzung mit den verschiedenen und zugleich jeweils erfolgreichen theoretischen Zugängen in der gegenwärtigen Quantenfeldtheorie. Der momentane Zustand der Physik wird vor dem Hintergrund einer Symbolphilosophie diskutiert, die ansatzweise auf Arbeiten von Hermann von Helmholtz und Heinrich Hertz zurückgeht und dann insbesondere von Ernst Cassirer entwickelt wurde. Mehr Erfahren.
In diesem Projekt werden systematische Zusammenhänge von Wahrnehmung, Bewusstsein und Zeit untersucht. Dabei wird auf Arbeiten von Leibniz und Husserl zurückgegriffen; allerdings nicht aus philologisch-exegetischen Gründen, sondern um (mit Wittgenstein formuliert) eine "übersichtliche Darstellung" zu gewinnen. Denn die Arbeiten von Leibniz und Husserl haben spätere Diskussionen stark beeinflusst und dienen in vielen Aspekten weiterhin als sinnvolle Orientierung. Mehr erfahren.
Dieses Projekt behandelt historisch-systematische Verbindungen von gegenwärtigen Ansätzen aus der Physik mit einzelnen naturphilosophischen Ansätzen aus der frühen Neuzeit und der klassischen deutschen Philosophie. Den Hauptgegenstand der Untersuchung bilden der Materie- und der Feldbegriff. Mehr erfahren.
KNOW ist ein ebenso einfaches wie leistungsstarkes Werkzeug, um in großen Gruppen und mit unterschiedlichen Medien (von Text über Bilder hin zu Videos) kollaborativ zu arbeiten. Es ersetzt die linearen Datenstrukturen wie Listen durch ein Browser-integriertes online Whiteboard und erlaubt gleichzeitig das einfache Publizieren der Inhalte.
Die Idee zu KNOW entstammt einem interdisziplinären Lehrprojekt. Es ging darum, die typischerweise textfokussierte Arbeit in der Philosophie mit der bildbasierten Arbeit in der Architektur zu verbinden und diesen Prozess – also die Integration verschiedener Wissensformen – direkt sichtbar zu machen und diese auch mit den Studierenden zu reflektieren.
Das Projekt ist eine Zusammenarbeit mit Kollegen aus den Bereichen Webdesign (Lamm&Kirch, Leipzig/Berlin) und Architektur (Hannes Mayer, ETH Zürich). Weitere Details finden Sie unter www.ethz.ch/know