Projektdetails
Entwicklung eines Praxiscurriculums bzw. individualisierter Lehrpläne für die Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung an der Bremer Krankenpflegeschule (BKS)
Beschreibung
Kurzbeschreibung
Zielsetzung
Die strukturellen, politischen und ökonomischen Veränderungen im Gesundheitswesen und der sich abzeichnende Fachkräftemangel stellen neue Anforderungen an Pflege, auf die auch Betriebe der praktischen Ausbildungseinrichtungen für zukünftig Pflegende reagieren müssen.
An der Bremer Krankenpflegeschule der freigemeinnützigen Krankenhäuser e.V. ist in den letzten Jahren mit Unterstützung des Instituts für Public Health und Pflegeforschung, Abt. Qualifikations- und Curriculumforschung, ein innovatives, bildungstheoretisch fundiertes und lernfeldorientiertes Curriculum für eine zukunftsorientierte schulische Ausbildung entstanden, das sich am Verständnis der in der Abteilung entwickelten Interaktionistischen Pflegedidaktik (Darmann-Finck 2010) orientiert. Es ist situationsorientiert, fächerübergreifend und praxisnah ausgerichtet und zielt insbesondere auf die Förderung von auf aktuellem pflegewissenschaftlichen Wissen gründender Problemlösungskompetenz, von Urteils- und Kommunikationsfähigkeit in Pflegesituationen und kritischer Reflexionskompetenz hinsichtlich gesellschaftlicher Widersprüche. Die Auszubildenden werden auch auf neue pflegerische Aufgabenfelder, etwa im Bereich Beratung und Anleitung von Patienten mit chronischen Erkrankungen und ihren Angehörigen, Prävention und Gesundheitsförderung, Rehabilitation sowie Schnittstellen- und Entlassungsmanagement, vorbereitet.
Vom Gelingen eines Transfers zwischen Theorie und Praxis ist es in hohem Maße abhängig, ob die in der Berufsfachschule angebahnten Kompetenzen auch im beruflichen Handeln wirksam oder ob in der Pflegepraxis lediglich vorgefundene Handlungsroutinen übernommen werden. Um Denken und Handeln besser zu verknüpfen, soll das schulische Lernen durch gezielte Gestaltung des betrieblichen Lernens in den Dreischritt Handeln – Lernen (Reflexion und Abstraktion) – Handeln eingebettet werden. Aufgabe des Praxiscurriculums ist es, eine systematische Planung betrieblichen Lernens in Abstimmung mit einem Curriculum für die schulische Ausbildung und den Lernangeboten der praktischen Einsatzbereiche sicherzustellen.
Ziel des Projekts ist die partizipative Entwicklung eines Curriculums für die praktische Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung in enger Kooperation mit den Lernorten der betrieblichen und der fachschulischen Ausbildung. Dies stellt vor dem Hintergrund einer komplexen und sehr unterschiedlichen Einsatzplanung in den drei kooperierenden (freigemeinnützigen) Häusern (Rotes Kreuz Krankenhaus, St. Joseph-Stift, DIAKO) inhaltlich und strukturell eine besondere Herausforderung für die beteiligten Akteure dar. Der Lösungsansatz liegt in der differenzierten Erarbeitung und Beschreibung je individueller Ausbildungspfade der Lernenden, wobei jeder Pfad von der Abfolge der einzelnen Module der betrieblichen Ausbildung abhängig ist und die Lernmöglichkeiten des jeweiligen Lernortes die zu erreichenden Ziele bestimmen. Damit soll eine Entwicklungslogik im geplanten Ausbildungsverlauf der einzelnen Lernenden für alle Beteiligten transparent und evaluierbar werden. Das Praxiscurriculum wird in unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten Versionen für die unterschiedlichen Nutzer konzipiert – hierfür muss ein geeignetes Dokumentationssystem unter Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung entwickelt werden.
Das Praxiscurriculum wird folgende Bestandteile aufweisen (vgl. Bohrer 2005):
- Informationstexte zu pädagogischen und didaktischen Grundlagen des Lernens in der Praxis
- Konkrete Zielformulierungen für die angestrebten handlungsbezogenen Kompetenzen in den einzelnen Einsätzen – differenziert nach Einsatzort und Einsatzzeitpunkt
- Aus diesen Kompetenzzielen abgeleitete Ausbildungspläne für die praktische Ausbildung, mit der zeitlichen und inhaltlichen Gliederung der praktischen Ausbildung, strukturiert und abgestimmt auf die einzelnen Praxiseinsätze
- Konkrete Aufgabenstellungen für die verschiedenen praktischen Einsatzorte -Lernaufgaben, Anleitungssituationen, Praxisbegleitungen, Fallbesprechungen u.ä.
- Formulare (Gesprächsprotokolle, Beobachtungs- und Bewertungsbögen, Standards für Praxisanleitungen und –begleitungen)
- Organisatorische Informationen zur Lernortkooperation
Methodisches Vorgehen
Studien kommen zu dem Ergebnis, dass curriculare Neuerungen häufig nur selektiv übernommen werden und führen dies größtenteils darauf zurück, dass die Implementation oftmals zu wenig vorbereitet und begleitet wird. Nachhaltig sind solche Ansätze, bei denen Lehrerinnen und Lehrer, Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter bzw. andere professionell Pflegende ausgehend von einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrer eigenen beruflichen Praxis selbst an der Konstruktion eines innovativen Curriculums beteiligt sind. Um allen Akteuren die Chance zu geben, sich in die dabei stattfindenden schulinternen Aushandlungsprozesse mit ihren Vorstellungen und Werten einzubringen, übernimmt das Institut für Public Health und Pflegeforschung, Abt. Qualifikations- und Curriculumforschung in der Prozessbegleitung zum einen die Aufgabe der externen Moderation und unterstützt außerdem durch Prozessstrukturierung und inhaltliche und methodische Impulse sowie Feedbackschleifen.
Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts orientiert sich somit am Konzept von Curriculumforschung als Handlungsforschung.
Erwartete Ergebnisse und deren Relevanz
Durch den gemeinsamen Prozess der Entwicklung und Implementation eines Praxiscurriculums ist eine Qualitätsentwicklung der Pflegeausbildung an der BKS hinsichtlich der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu erwarten, die auch auf die Handlungskompetenz der anleitenden Pflegekräfte und damit auf die pflegerische Versorgung zurückwirken kann.
Darüber hinaus sind durch wissenschaftliche Begleitung der Entwicklung und Implementierung und erste Evaluationen eines Praxiscurriculums weiterführende Erkenntnisse hinsichtlich förderlicher und hinderlicher Faktoren für die strukturierte Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz auf der Meso- und Mikroebene zu erwarten. Diese Erkenntnisse werden auch für die Gestaltung von anderen Ausbildungsgängen in der Gesundheitsbildung von Relevanz sein.
Neben dem Beitrag zur Kompetenzentwicklung der Auszubildenden wird mit diesem Implementierungsprozess so ein wesentlicher Beitrag für die Curriculumdiskussion in der Pflegepädagogik geleistet.
Literatur
Bohrer, Annerose (2005): Lernort Praxis. Brake: Prodos.
Darmann-Finck, Ingrid (2010): Interaktion im Pflegeunterricht. Frankfurt/Main: Lang.