Im Mittelpunkt des Jubiläums-Symposiums steht die Auseinandersetzung mit einigen der Schlüsselfragen im Werk von Dieter Senghaas. Wie Gewaltkonflikte verregelt, Rüstungsdynamiken eingehegt, kulturelle Unterschiede überbrückt und sozioökonomische Ungleichheiten eingedämmt werden können, scheint angesichts neuer Kriege (Ukraine-Russland, Nahost, Mittel- und Ostafrika), neuer Großmächtekonstellationen und neuer antiliberaler, nationalistischer Projekte nicht mehr so klar zu sein, wie das noch in Zeiten der Ost-West-Konfrontation oder in der liberalen Hochphase der 1990er Jahre der Fall war. Die Ansprüche, Weltprobleme kooperativ und im Rahmen von internationalen Organisationen und Abkommen zu lösen, werden heutzutage nicht einmal mehr in liberalen Demokratien ernst genommen und verteidigt. Stattdessen beschädigen rechtspopulistische und nationalistische Parteien die Werte von Freiheit und Gleichheit selbst. Infolgedessen finden sich in der internationalen Politik kaum noch demokratische Allianzen, um sich autokratischen Herrschaftsansprüchen zu widersetzen. Derzeit scheint völlig unklar, wie sich unter diesen Bedingungen global formulierte Ansprüche auf Gerechtigkeit, Solidarität und nachhaltige Entwicklung auf friedvolle Art und Weise überhaupt umsetzen lassen.
Die Veranstaltung versteht sich als Beitrag der Bremischen Sozialwissenschaften zu laufenden Debatten um die Chancen und Risiken der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. Dabei nimmt sie vor allem die Dynamik von militärischen, politischen und ökonomischen Hierarchien in der Weltgesellschaft in den Blick und fragt nach der Fähigkeit der bestehenden politischen Organisationen, jahrzehntelang gewachsene Konfliktdynamiken zu bewältigen und ein friedliches, kooperatives Zusammenleben in Zeiten von politischen und ökologischen Umwälzungen zu ermöglichen.
Mit dieser Veranstaltung würdigt das InIIS und die DSF das Leben und Werk eines der international bekanntesten und geachteten Friedens- und Konfliktforschers, der seit 1978 an der Universität Bremen lehrt und forscht. In dem von Eckhard Jesse und Sebastian Liebold herausgegebenen Buch „Deutsche Politikwissenschaftler – Werk und Wirkung“ wird Dieter Senghaas als herausragender Wissenschaftler charakterisiert, der „eine ganze Generation von Menschen in der Friedensforschung, in der Friedensbewegung und in der entwicklungspolitischen ‚Szene‘ geprägt“ hat. Gleichzeitig stellen sich auch die Senghaas’schen Bedingungen für regelgebundene und friedensorientierte politische Gemeinschaften, wie er sie in seinem zivilisatorischen Hexagon formuliert hat, ganz neu. Angesichts des Klimawandels und der ökologischen Zerstörungen, die er mit sich bringt, müssen diese Bedingungen um ökologische Faktoren menschlichen Zusammenlebens ergänzt werden. Diese neuen ökologischen Fragen müssen dabei so gestellt werden, dass sie auch in der sozialwissenschaftlichen Friedens- und Konfliktforschung erörtert und erforscht werden können.
Das Programm ist hier abrufbar.

