ALMED

Akustische und Linguistische Merkmale zur Früherkennung kognitiver Defizite

Die demographische Entwicklung Deutschlands geht mit einer Zunahme geriatrischer Erkrankungen einher. Deren häufigster Vertreter ist die Demenz, eine chronisch progrediente Erkrankung, die von Verlusten der Selbständigkeit in allen Bereichen des Lebens geprägt ist. Da bislang keine kurativen Therapien bekannt sind, kommt frühzeitigen sekundärpräventiven Maßnahmen eine hohe Bedeutung zu. Aktuelle diagnostische Verfahren erfordern eine eingehende Untersuchung durch Fachärzt*innen, die aus Kosten- und Zeitgründen nicht flächendeckend angeboten werden kann. Durch wissenschaftliche Studien ist die Sprachfähigkeit als wichtiger Indikator einer demenziellen Erkrankung belegt.

Das Ziel des Projektes ALMED ist es, maschinelle Methoden zu identifizieren und zu entwickeln, anhand derer die Sprachfähigkeit einer Person in Echtzeit und vollautomatisch auf prototypische Indikatoren kognitiver Defizite hin analysiert und die Ergebnisse so präsentiert werden, dass sie von Fachärzt*innen zur Diagnose kognitiver Defizite als hilfreiche Informationsquelle herangezogen werden können. Die Entwicklung und Evaluierung der vollautomatisierten Sprachanalysemethode erfolgt auf Basis von Daten und Erfahrungen aus der etablierten interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE), in der von mehr als 1.000 Proband*innen über einen Zeitraum von 20 Jahren neben medizinischen, psychiatrischen und neuropsychologischen Parametern 10.000 Stunden spontansprachliche Interviews gesammelt wurden. Im Projekt ALMED soll auf Basis dieser Daten eine wissenschaftlich fundierte Auswahl zuverlässiger, robuster akustischer und linguistischer Merkmale aus Sprache vollautomatisch extrahiert werden, auf ihr Potential zur frühzeitigen Erkennung kognitiver Defizite detailliert untersucht und geeignete Präsentationsformen gefunden werden. Darüber hinaus erschließen die im Laufe des Projektes erzeugten Verschriftungen der Interviews für Geriatriker*innen und Gerontolog*innen eine einmalige Ressource, auf deren Basis neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Sprache und Demenz auf einer repräsentativen Stichprobe erwartet werden. Die automatisierte Sprachanalyse erweitert das Potential bisheriger Methoden und Verfahren, denn sie kann sowohl unmittelbar in der zwischenmenschlichen Kommunikation erfolgen, als auch mittelbar über Distanzen hinweg oder zeitversetzt im Nachhinein eingesetzt werden. Darüber hinaus bietet die Automatisierung eine detaillierte Analyse und Auswertung der Sprachfähigkeit, die unabhängig von den zeitlichen Ressourcen der Fachärzt*innen erfolgen kann. Es besteht damit die berechtigte Hoffnung, dass durch die automatisierte Unterstützung zukünftig eine kostengünstige und flächendeckende Früherkennung kognitiver Defizite ermöglicht wird und den Betroffenen somit Therapien zu einem Zeitpunkt angeboten werden könnten, zu dem der Krankheitsverlauf noch beeinflussbar ist, Begleitumstände moderiert und Komplikationen abgemildert werden können.

Partner: Prof. Dr. med. Johannes Schröder, Universitätsklink Heidelberg, Sektion Gerontopsychiatrie

Fördergeber: DFG 2019–März 2023

Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Tanja Schultz, Ayimnisagul Ablimit M.Sc.

Publikationen

Autobiographical Memory in Healthy Aging: a Decade-long Longitudinal Study, Aging, Neuropsychology, and Cognition (Frankenberg, C., Knebel, M., Degen, C., Siebert, J.S., Wahl, H.-W, & Schröder, J. , 2021)

Verbal fluency in normal aging and cognitive decline: Results of a longitudinal study (Frankenberg, C., Weiner, J., Knebel, M., Abulimiti, A., Toro, P., Herold, C. J., Schultz, T., & Schröder, J. 2021), Computer speech & language, 68.

Automatic Speech Recognition for ILSE-Interviews: Longitudinal Conversational Speech Recordings covering Aging and Cognitive Decline (Ayimunishagu Abulimiti, Jochen Weiner, Tanja Schultz), In Proc. Interspeech 2020, 2020.

Cerebral correlates of autobiographical memory in MCI and AD: Evidence from a positron‐emission tomography study. Alzheimer's Dement (Frankenberg, C., Schröder, J., Haberkorn, U., Degen, C., & Buchsbaum, M.S., 2020)

Perplexity – a new predictor of cognitive changes in spoken language? – results of the Interdisciplinary Longitudinal Study on Adult Development and Aging (ILSE) (Frankenberg, C., Weiner, J., Schultz, T., Knebel, M., Degen, C., Wahl, H.-W., & Schroeder, J., 2019 ). Linguistics vanguard: multimodal online journal, 5(2).

Manual and Automatic Transcription in Dementia Detection from Speech (Jochen Weiner, Mathis Engelbart, Tanja Schultz), In INTERSPEECH 2017 – 18\textsuperscriptth Annual Conference of the International Speech Communication Association, 2017.

Towards Automatic Transcription of ILSE – an Interdisciplinary Longitudinal Study of Adult Development and Aging (Jochen Weiner, Claudia Frankenberg, Dominic Telaar, Britta Wendelstein, Johannes Schröder, Tanja Schultz), In Proceedings of the Tenth International Conference on Language Resources and Evaluation (LREC'16), 2016.

Speech-Based Detection of Alzheimer's Disease in Conversational German (Jochen Weiner, Christian Herff, Tanja Schultz), In INTERSPEECH 2016 – 17th Annual Conference of the International Speech Communication Association, 2016.

Detection of Intra-Personal Development of Cognitive Impairment From Conversational Speech (Jochen Weiner, Tanja Schultz), In 12th ITG Conference on Speech Communication, 2016.

Aktualisiert von: koehne