Forschung

Rekonstruktive Forschung zur Transformation von Schule und Unterricht

Im Mittelpunkt der Forschung des Arbeitsbereichs Schultheorie und empirische Schulforschung stehen Fragen der Transformation von Schule im Rahmen gesellschaftlicher Modernisierung und bildungspolitischer Reform. Insbesondere geht es hier im Anschluss an differenz- und praxistheoretische Entwürfe um Analysen zum Struktur- und Funktionswandel von Schule, der sich schultheoretisch als Komplex von Grenzverschiebungen zwischen Schule und angrenzenden Feldern (Familie, Freizeit, Peers, außerschulische Bildungsangebote) fassen lässt. Fokussiert werden dabei Ordnungsbildungen in pädagogischen Praktiken, ohne allerdings die Ebene der Institution, die einzelschulspezifischen Entwicklungsprozesse und das organisationale Handeln der Akteure außer Acht zu lassen. Die zentrale Frage lautet, wie sich Veränderungen durch Unterrichts- und Schulentwicklung auf die Ausformung von Lernkulturen, das professionell-pädagogische Handeln und die Prozesse der Subjektkonstitution auf Seiten der Lernenden auswirken.

Das Zusammenspiel von Schul- und Unterrichtsentwicklung, pädagogischer Professionalisierung und Lern- bzw. Bildungsprozessen wird also aus einer schultheoretisch justierten Sichtweise erforscht. Grundlagentheoretisch liegt ein besonderes Gewicht auf der Entwicklung einer analytischen Theorie schulischer Anerkennungsverhältnisse als Medium pädagogischen Handelns und seiner Effekte und darauf bezogen auf einer praxistheoretischen Erweiterung der Modellierung schulischen Unterrichts.

Ein weiterer Schwerpunkt des Arbeitsbereichs ist die Forschung zu Umgang und Herstellung von sozialer Ungleichheit im Vollzug schulischer Praxis. Ungleichheit - und weiter gefasst Heterogenität - wird in unterrichtlichen Prozessen, pädagogischen Praktiken und didaktischen Inszenierungen zugleich reproduziert und hervorgebracht. Es wird davon ausgegangen, dass jedes pädagogische Handeln in Schule und Unterricht Differenzen erzeugt. Auch und gerade im programmatisch an Differenzsensibilität orientierten individualisierenden Unterricht werden Unterschiede nicht nur wertschätzend anerkannt und egalisiert, sondern produziert und transformiert, indem sie auf pädagogische Normen bezogen werden. So kompensiert ein reformierter Unterricht nicht nur Ungleichheiten, sondern führt auch zu neuer Hierarchisierung, Abwertung und Exklusion. Ein wesentliches Ziel ist es, diese Widersprüchlichkeit und Ambivalenz pädagogischer Praxis und Praktiken zu rekonstruieren.

Methodologisch orientieren sich die Forschungsprojekte des Arbeitsbereichs am Spektrum rekonstruktiver Methoden der qualitativen Schul- und Unterrichtsforschung. Der besondere Schwerpunkt liegt hier auf der Entwicklung videobasierter Forschungsmethoden - die auch im Rahmen des forschenden Lernens und der Fallarbeit in der Lehre eingesetzt werden - im Zusammenhang ethnographischer Zugänge zum Feld der Schule.