Kritische Analyse der Deutschkurse in der Erwachsenenbildung
"Werdet doch bitte so wie wir gern wären" Der Deutschkurs in den Migrationsgesellschaften Deutschland und Österreich zwischen Disziplinierung und Ermächtigung - Eine bildungswissenschaftliche und hegemoniekritische Analyse
Gegenwärtig wächst die Zahl an Menschen, die sich nach einer Fluchterfahrung in den Rahmenbedingungen deutscher und österreichischer Asylverfahren bewegen müssen, täglich. Virulent werden dabei nicht nur die Fragen nach angemessenen Unterkünften und einer Grundversorgung. Auch die Notwendigkeit, genügend Räume und ausgebildetes Personal zur Vermittlung grundlegender Sprachkompetenzen im Deutschen zur Verfügung zu stellen, wird immer wieder als zentrale Forderung formuliert. Eine solche Sprachverfügung ist für migrierte und geflüchtete Menschen im Kontext der Migrationsgesellschaften Österreich und Deutschland eine der Grundlagen zur Erweiterung des eigenen Handlungs- und Bewegungsspielraums. Gleichzeitig dient der hohe Anspruch an die gerade eben Angekommenen, gleich die deutsche Sprache zu lernen, auch einer Stabilisierung der hegemonialen Verhältnisse und ist damit zumindest ambivalent.
Im Rahmen der qualitativ angelegten Studie wird die gegenwärtige Situation des Deutsch Lehrens und Lernens unter haupt- und ehrenamtlichen Bedingungen im Kontext institutionell verankerter Kurse in Deutschland und Österreich unter verschiedenen hegemoniekritischen Fragestellungen betrachtet. Ziel ist es, auf der Makroebene (der Organisation) die Kräfteverhältnisse aufzudecken, innerhalb derer das System der Deutschkurse aufgestellt ist, und auf einer Mikroebene (im Kursraum) nachzuvollziehen, welche Normalitätsannahmen aktuell unter dem Stichwort "Deutschkurse für Migrant*innen und Geflüchtete" sowohl in ehrenamtlichen als auch in professionellen Zusammenhängen verhandelt und vermittelt werden, und die damit einhergehenden Anrufungen kritisch im Hinblick auf die Lern- und Subjektivierungsprozesse zu befragen.
Als theoretische Folie der Analyse dienen postkoloniale Theorieansätze Gayatri Chakravorti Spivaks, hegemoniekritische Überlegungen Antonio Gramscis sowie die macht- und diskursanalytischen Herangehensweisen Michel Foucaults.
Empirisch werden im Rahmen einer Methodentriangulation drei verschiedene Perspektiven als Grundlage genommen. So werden a) Interviews mit hauptamtlich für die Organisation von Deutschkursen Tätigen sowie mit ehrenamtlichen und hauptberuflichen Deutschkursleiter.innen durchgeführt, b) Deutschkurse teilnehmend beobachtet sowie c) Lehrwerke analysiert, die staatlicherseits für Deutschkurse lizensiert wurden.
Das umfangreiche Datenmaterial wird mit der kritischen Diskursanalyse (Wodak) ausgewertet. Die Ergebnisse werden laufend in einzelnen Artikeln veröffentlicht.