Lehre

Sommersemester 2024

History Marketing ist ein verhältnismäßig junges Phänomen auf dem weiten Feld der Geschichtskultur. Es bündelt traditionelle Kompetenzen und Arbeitsfelder von Historiker*innen und verbindet sie mit Fähigkeiten und Tätigkeiten aus den Bereichen Kommunikation, Organisation und Präsentation. History Marketing möchte Geschichte nicht nur, aber auch für Marketingzwecke nutzen. Dafür braucht es Strategien, denn über Geschichte(n) werden zugleich gesellschaftliche Diskurse verhandelt. Anhand verschiedener Beispiele beschäftigen wir uns im Seminar mit Fragen strategischer Geschichtskommunikation: Welche Geschichte(n) werden mit welchen Botschaften für welche Zielgruppen zu welchen Anlässen in welcher Form vermittelt? Den Studierenden werden Kompetenzen zur kritisch-diskursiven Auseinandersetzung mit der Wirkungsweise von Geschichtsbildern im Hinblick auf Inszenierung und Instrumentalisierung vermittelt sowie Fertigkeiten zur Präsentation historischer Inhalte in der Öffentlichkeit.

Vom 10. bis 14. Juni 2024 findet die zweite Summer School der Public History Bremen statt: Im Mittelpunkt steht der Nachlass von Doris Focke in der Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen. Der Briefwechsel mit ihrer Erzieherin, der Dichterin Caroline Rudolphi, gibt Einblicke in Handlungsspielräume von Frauen um 1800 sowie in bremische Kultur- und Geistesgeschichte. Im Rahmen der Summer School werden die Briefe digital transkribiert. Dafür wurde ein Transkriptionsmodul in die Digitalisierungssoftware Visual Library der SuUB Bremen integriert, sodass die Studierenden direkt auf die Digitalisate zugreifen und dort die Briefe bearbeiten können. Die Transkriptionseinheiten sind in ein thematisches Rahmenprogramm eingebettet, um bremische Geschichte umfassend erlebbar zu machen. Neben Methodiken der digitalen Quellenerschließung, multimedialen Darstellungsmöglichkeiten und der Vermittlung partizipativer und kollaborativer Ansätze erhalten die Studierenden Einblicke in Aspekte praktischen Arbeitens und erleben unmittelbar die Schnittstellen von anwendungsorientierter Praxis und wissenschaftlicher Ausbildung.

Im Juli 2004 wurden das Rathaus und der Roland auf dem Marktplatz in Bremen in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen. Diese würdigte damit das Ensemble als Zeugnis für die Entwicklung von bürgerlicher Autonomie und Marktrechten. Das 20-jährige Jubiläum ist Anlass, unter Berücksichtigung erinnerungskultureller Fragen kritisch auf Natur- und Kulturerbestätten in Bremen, Deutschland und weltweit zu blicken: Welche Erinnerung(en) spiegeln sich im Welterbe wider? Welche Erinnerungen lassen sich überhaupt im Welterbe abbilden? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, setzen wir uns u.a. mit der Welterbekonvention von 1972 und den Plänen für das geplante Welterbe-Zentrum in der Unteren Rathaushalle in Bremen auseinander, besuchen die Bremer Welterbetage und analysieren weitere Formen materiellen und immateriellen Erbes. Ziel des Seminars ist es, im Austausch mit Akteur*innen und Multiplikator*innen im außeruniversitären Bereich einzelne Themenschwerpunkte zu kontextualisieren, die Entwicklung öffentlicher Geschichtsrepräsentationen zu hinterfragen sowie deren Instrumentalisierung aufzuzeigen.

Archiv

85 Jahre Novemberpogrome in Bremen

„Wir schritten durch eine schweigende Stadt“, so erinnerte sich der damalige Rabbiner von Bremen, Dr. Felix Aber (1895–1964), 20 Jahre später an die Novemberpogrome 1938 in der Hansestadt und daran, wie er mit mindestens 177 anderen Männern unter den Augen zahlreicher Zuschauender durch die Straßen bis zum damaligen Zuchthaus Oslebshausen marschieren musste. 50 Jahre später riefen u.a. die Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden und die VVN-BdA zu einem Schweigemarsch durch die Bremer Innenstadt auf. 85 Jahre später fragen wir, wie die Stadtgesellschaft in der Vergangenheit an die Geschehnisse erinnert hat und welche Narrative anlässlich des Jahrestags bedient werden. An wen wurde bzw. wird was, wo und wie gedacht? Neben den erinnerungspolitischen Diskursen nehmen wir die historischen Ereignisse in den Blick und recherchieren dazu im Staatsarchiv Bremen. Ziel des Seminars ist es, den 85. Jahrestag der Novemberpogrome in Bremen als Thema der Public History zu untersuchen und zu reflektieren.

Doing Public History

Große Aktenmassen, die auf verstaubten Dachböden oder in feuchten Kellern auf Sie warten, schrecken Sie nicht? Ausgeprägtes Organisationsvermögen, hohe Selbstständigkeit und IT-Affinität sind für Sie keine Fremdwörter? Dann zählen Sie mit Sicherheit zu denjenigen Menschen, die sich für das Berufsfeld Archiv interessieren! Als Archivar*innen verantworten Sie den Erhalt originären Archivguts und bestimmen damit über künftige Narrative mit: Was Sie als Archivar*in kassieren, ist für nachfolgende Generationen vergessen und damit aus dem Gedächtnis der Gesellschaft verschwunden. Welche Einstiegsmöglichkeiten in das Berufsfeld Archiv gibt es für Studierende der Geschichtswissenschaft? Welche Archivtypen gibt es überhaupt? Wir besuchen verschiedene Archive in Bremen und umzu, so dass Sie Ihre berufsspezifischen Fragen vor Ort den jeweiligen Archivar*innen stellen können.

Geschichte und Stadt

Jeder Mensch lebt in seiner Gegenwart, die auf vorausgegangenen Gegenwarten ruht. Nicht alle Zeiten sind ganz vergangen, manche bleiben generationenübergreifend mehr oder weniger wirksam. Dies ermöglicht epochenübergreifende Zugänge zur Public History. Erstmals finden die Public History und die mittelalterliche Geschichte an der Universität Bremen zusammen. Während einer dreitägigen Exkursion nach Osnabrück untersuchen wir gemeinsam beispielhaft die Zeit der mittelalterlichen Bischöfe, des Westfälischen Friedens im Jahr 1648 und des neuzeitlichen Turmbahnhofs. Die Stadt bietet sich zum einen hinsichtlich der jeweiligen Quellenlage, des musealen Angebots sowie weiterer Anwendungsfelder von Geschichtswissenschaft an. Als historischer Raum stellt sie zum anderen den Studierenden vielfältige Möglichkeiten bereit, ein breites Spektrum an Themen und heterogenen Zugängen zur Public History zu bearbeiten. So wollen wir eine epochenübergreifende Public History in die Tat umsetzen.

Sommersemester 2023

Living Memories

Am 15. August jährt sich der Todestag des langjährigen Bremer Rabbiners Dr. Leopold Rosenak zum hundertsten Mal. In Erinnerung an ihn und seine Familie begeben wir uns anhand der Lebenserinnerungen seiner Ehefrau Bella Carlebach-Rosenak auf Spurensuche in Bremen: Wir spazieren durch bekannte Straßen und entdecken dabei unbekannte Orte. Nachdem die Studierenden im vorigen Semester mit der quelleneditorischen Erschließung der Memoiren begonnen haben, entwickeln wir in diesem eigenständigen Praxismodul eine Stadtführung zur Geschichte der Familie Rosenak. Wir fragen, an wen und was wir wie erinnern wollen und wie wir Inhalte vermitteln möchten: Welche Geschichten lassen sich an welchem Ort erzählen? Welche Hintergrundinformationen braucht es, um die Geschichte der Rosenaks vor den Sehenswürdigkeiten Bremens in den historischen Kontext einzuordnen?

#WasWillstDuTun?

Welche Auswirkungen hat die Geschichte der eigenen Familie im Nationalsozialismus auf die sogenannte Gen Z? Das multimediale Projekt der KZ-Gedenkstätte Neuengamme #WaswillstDutun? beschäftigte sich genau damit. Wir werden die in der Projektlaufzeit entstandenen Materialien erproben; anschließend entwickeln wir ein eigenes Multimediaprojekt: Ausgangspunkte dafür sind die familiengeschichtlichen Annäherungen an die NS-Geschichte sowie der Besuch zweier historischer Orte: der Geschichtsort Stadthaus in Hamburg sowie die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Ziel der Blockveranstaltung ist es, dass Sie Ihre Analysen, Recherchen und Reflexionen in Bildungsmaterialien übertragen, die von Multiplikator*innen in der historisch-politischen Bildungsarbeit genutzt werden können. Das Projekt soll mit einem Pageflow seinen Abschluss finden.

Public History

Public History boomt – international seit mehr als 40 Jahren, in Deutschland seit etwa zehn Jahren. Landauf, landab werden derzeit öffentliche Geschichtsdarstellungen in den Medien beobachtet, diskutiert und analysiert. Doch was genau wird mit dem Begriff Public History eigentlich beschrieben? Im Seminar fragen wir nach zentralen Begriffen, Theorien und Methoden einer geschichtswissenschaftlichen Disziplin, die sich mit der Präsentation von Geschichte in verschiedenen Medien, Institutionen und Formen beschäftigt. Die Teilnehmer*innen erhalten Einblicke in Methoden wie Visual History, Sound History und Oral History und werden diese auf ihre Praxistauglichkeit hin untersuchen. Ziel des Seminars ist es, die Studierenden auf ihre Rolle als Vermittler*innen von akademischer Geschichtswissenschaft mit praxeologischer Geschichtsvermittlung vorzubereiten.

Wintersemester 2022/23

Sozial, weiblich, jüdisch

Im Zentrum des Seminars stehen Pionierinnen der deutschen Frauenbewegung wie Bertha Pappenheim, Henriette May oder Cora Berliner, die im Kontext ihrer Zeit an der Schnittstelle zwischen Wilhelminismus, Erstem Weltkrieg und Antisemitismus verortet werden. Konzeptionell folgen wir der Historischen Biografieforschung und dem Gender-Diskurs deutsch-jüdischer Geschichtsschreibung. Ziel der Lehrveranstaltung ist es, Kategorisierungen wie „sozial“, „weiblich“, „jüdisch“, deren Wirkungsweisen und Einflüsse, zu analysieren sowie die Inszenierung und Instrumentalisierung von Biografien zu reflektieren, um anschließend selbst Erzählform und Narrativ für eine Biografie zu finden.

„Lebens Erinnerungen“

Bella Rosenak, geb. Carlebach (1876–1961) war die Ehefrau des langjährigen Bremer Rabbiners Dr. Leopold Rosenak (1868–1923). Für ihre Nachkommen hat sie in den 1950er Jahren in New York ihre „Lebens Erinnerungen“ niedergeschrieben. Ziel des Seminars ist es, die Geschichte der Familie Rosenak „aus der Anonymität der Geschichte zu holen“ (Natan Sznaider): Wir werden das Typoskript quelleneditorisch erschließen und dabei die Lebenswege einzelner Familienmitglieder im Staatsarchiv Bremen recherchieren. Bei der Quellenanalyse wird es darum gehen, die Narrative von Bella Rosenak herauszuarbeiten: Worauf konzentrierte sich ihr Interesse? Was und wie schrieb sie zu zentralen Fragen europäisch-jüdischer Geschichte? Wie erinnerte sich die aus Deutschland Vertriebene an ihr Leben in Bremen vor der Shoah?

Doing Public History

Welche beruflichen Möglichkeiten gibt es für Studierende der Public History? Was können sie bereits während des Studiums tun, um danach ihren Traumjob als Rechercheur*in, Redakteur*in oder Referent*in zu bekommen? Diese und andere Fragen rund um die Themen Praxis- und Berufsorientierung für Historiker*innen werden mit Vertreter*innen verschiedener Arbeitsfelder diskutiert. Die Praktiker*innen haben u.a. Public History in Berlin, Bremen oder Köln studiert; sie erzählen von ihren Berufswegen und ermöglichen auf diese Weise Einblicke in so unterschiedliche Arbeitsfelder wie Archiv, Gedenkstätte oder Museum.

Sommersemester 2022

History Marketing

History Marketing gilt als eines der dynamischsten Berufsfelder für Historiker*innen. Dabei ist es ein vergleichsweise junges Phänomen auf dem weiten Feld der Geschichtskultur. Es verbindet traditionelle Kompetenzen von Historiker*innen wie Recherchieren und Schreiben mit anderen Fähigkeiten aus den Bereichen Projektmanagement, Kommunikation und Präsentation. Im Vordergrund der Lehrveranstaltung steht die praktische Durchführung eines realen Projekts: die für Mitte Juni geplante Summer School der Public History Bremen. In Projektteams haben Sie die Chance, sich als Autor*innen, Redakteur*innen, Eventmanager*innen, Akquisiteur*innen etc. auszuprobieren. Dafür werden Ihnen vorab Techniken vermittelt, Projekte effizient und souverän zu planen und zu steuern. Sie lernen, inhaltlichen und terminlichen Konflikten vorzubeugen sowie unterschiedliche Erwartungshaltungen und Meinungsverschiedenheiten für das Projekt zu nutzen.

Summer School 2022

Vom 13. bis 17. Juni 2022 findet die erste Summer School der Public History Bremen statt: Im Mittelpunkt steht die Leopold Rosenak Collection des Leo Baeck Institute. Der Bestand bietet wertvolles Quellenmaterial für Themen der Migrationsgeschichte, „white slavery“, der jüdischen Geschichte und der Hafenstadt Bremen an der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Herzstück der Summer School ist ein mehrtägiger Transcribathon; das Online-Portal Transcribathon.eu ist eine Crowdsourcing- und Citizen Science-Plattform zur Beschreibung, Annotierung, Transkription und Geo-Referenzierung historischer Sammlungen. Des Weiteren stehen Impulsvorträge, themenbezogene Rundgänge und ein Abendtalk im Haus der Wissenschaft auf dem Programm. Im Rahmen der #PHBSummerSchool2022 lernen Sie Methodiken der Quellenerschließung, multimediale Darstellungsmöglichkeiten sowie Vermittlungsformen partizipativer und kollaborativer Ansätze kennen; zugleich erhalten Sie im gemeinsamen Miteinander Einblicke in Aspekte praktischen Arbeitens.

Praktikumsmentorat

Das Praktikum gewährt Einblicke in fachspezifische Arbeits- und Tätigkeitsfelder und trägt so zur Entwicklung beruflicher Vorstellungen bei. Darüber hinaus vermittelt es vertiefte Kenntnisse über Organisation und Arbeitsweisen eines Berufsfelds und bietet die Möglichkeit, sich ein Netzwerk auf- und auszubauen. Parallel zum Praktikum findet ein begleitendes Mentorat statt. Dabei handelt es sich um ein Angebot zur Unterstützung der Studierenden bei der Reflexion der gesammelten Erfahrungen, die in einem Praktikumsbericht zu verschriftlichen und im Laufe des Semesters zu präsentieren sind. Zugleich bietet es die Möglichkeit, sich in einem institutionalisierten Rahmen mit Kommiliton*innen über praxisorientierte und berufsrelevante Kompetenzen auszutauschen und sich diese wechselseitig zu vermitteln.

Wintersemester 2021/22

Quellen zur deutschen Geschichte

Digital Natives können sich wahrscheinlich kaum noch vorstellen, dass der Brief lange das einzige Medium war, mit dem Menschen unabhängig von Ort und Zeit miteinander kommunizierten. Dabei kommt in Briefen alles zur Sprache, was wir uns heute in Kurznachrichten mitteilen: Kommentare zum Zeitgeschehen oder Lesetipps ebenso wie Gossip oder Freundschaftsanfragen. Im Seminar beschäftigen wir uns anhand ausgewählter gedruckter wie ungedruckter Briefe mit dieser historischen Quellengruppe: Es geht sowohl um das Finden, Lesen, Beschreiben, Auswerten und Erschließen von Briefen als auch um deren Quellenwert für das „lange 19. Jahrhundert“. Das Seminar ist anwendungsorientiert, führt aber auch in methodische Fragen ein. Ziel ist es, Sie mit dem notwendigen Handwerkszeug für Historiker*innen vertraut zu machen sowie Ihnen Einblicke in die Briefkultur des 19. und 20. Jahrhunderts und darüber in die Themenvielfalt deutscher Geschichte zu vermitteln – um dann am Ende des Seminars ganz besondere Brieffunde zu entdecken.

Digitale Vermittlung und Erinnern

Die Corona-Pandemie hat bei vielen Gedenkstätten zu einem Schub in der Digitalisierung geführt. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Hamburg hat zum Beispiel digitale Formate sowie Vor- und Nachbereitungsmodule für einen Besuch entwickelt, die auch nach dem Ende der Pandemie die bislang buchbaren Bildungsangebote vor Ort nachhaltig ergänzen sollen. Im Rahmen des Seminars werden wir zu Proband*innen: Wir testen und evaluieren die in den vergangenen Monaten von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme erarbeiteten Online-Bildungsformate für junge Erwachsenengruppen und analysieren sie aus Sicht der Public History. Sofern es die pandemische Situation zulässt, besuchen wir die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, um zu erproben, welche zu vermittelnden Inhalte durch einen digitalen Ortsbesuch und welche durch einen „physischen“ Besuch des historischen Orts zu einer nachhaltigeren Lernerfahrung beitragen. Ziel des Seminars ist es, sich den Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation für die Gedenkarbeit und die Erinnerungskultur anzunähern.

Jüdische Geschichte und Public History

„Im Jahr 2021 leben Jüdinnen*Juden nachweislich seit 1700 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands“, so steht es auf der Website des extra gegründeten Vereins, der unter der Dachmarke #2021JLID die Jubiläumsfeierlichkeiten bundesweit koordiniert. Ziel sei es, jüdisches Leben sichtbar und erlebbar zu machen und dem erstarkenden Antisemitismus etwas entgegenzusetzen. Am Beispiel ausgewählter Orte und Veranstaltungen betrachten wir, was und wie überhaupt gefeiert wird. Dabei werden wir auf Schlüsselmomente der deutsch-jüdischen Geschichte eingehen und den Blick auch auf das 60-jährige Synagogen-Jubiläum der Jüdischen Gemeinde Bremen richten. Wir fragen nach Gegenwartsbezügen und Geschichtstraditionen und untersuchen Narrative und Vermittlungsdiskurse verschiedener Akteur*innen und Institutionen. Ziel dieses Master-Seminars ist es, das Festjahr 2021 als Gegenstand der Public History zu analysieren und Jüdische Geschichte als Geschichte in der Öffentlichkeit zu begreifen.

Sommersemester 2021

Doing Public History

Welche beruflichen Möglichkeiten gibt es für Geschichts-Studierende jenseits von Universität und Schule? Was können sie bereits während des Studiums tun, um danach ihren Traumjob als Rechercheur*in, Redakteur*in oder Referent*in zu bekommen? Diese und andere Fragen rund um die Themen Praxis- und Berufsorientierung für Historiker*innen diskutieren Sie mit Vertreter*innen verschiedener Arbeitsfelder. Die Praktiker*innen aus Bremen, Hamburg, Lübeck und Berlin erzählen von ihren Berufswegen und ermöglichen Ihnen Einblicke in so unterschiedliche Arbeitsfelder wie Archiv, Agentur, Gedenkstätte und Museum.

Was ist Oral History?

Oral History-Interviews sind audio- oder audiovisuelle Befragungen oder Gespräche mit Zeitzeug*innen, bei denen das subjektive Erleben der Menschen im Vordergrund steht. Oral History ist eine Methode, die sich in der deutschen Geschichtswissenschaft mittlerweile einen Platz erkämpft hat. Die Public History verwendet Oral History-Interviews nicht nur als Quelle, sondern nutzt sie auch für die Vermittlungsarbeit. Hierfür produzieren Public Historians ihre Quelle mitunter selbst – eine Vorgehensweise, die die Kritik an der „Erfahrungswissenschaft“ (Alexander von Plato) erneut aufleben lässt. In der Blockveranstaltung lernen Sie nach einer theoretischen Annäherung verschiedene Oral History-Projekte kennen; dabei liegen die thematischen Schwerpunkte auf der Industriekultur des Ruhrgebiets und der Solidarność-Bewegung.

Bahlsen, Oetker und Co.

Der Umgang von Unternehmen mit ihrer Vergangenheit ist bis heute nicht immer offen und transparent, vor allem wenn es um Kriegswirtschaft, Zwangsarbeit oder „Arisierungen“ geht. Die Seminarteilnehmer*innen beschäftigen sich mit diesen Themen exemplarisch anhand mikrohistorischer Untersuchungen zu Familienunternehmen wie Freudenberg, Merck oder Oetker. Der Fokus der Veranstaltung liegt auf den Kontinuitäten und Brüchen mittelständischer Unternehmen mit ihrer NS-Vergangenheit seit 1945: Wie verlief die „individuelle Vergangenheitsbewältigung ökonomischer Eliten“ (Grieger 2019)? Wie sieht die Vergangenheitsbearbeitung der in der Regel inhabergeführten Unternehmen heute aus? Halten sie an Entlastungsnarrativen fest oder folgen sie einem kritischeren Gegennarrativ? Welche Unterstützung und Vermittlungsarbeit können dabei Historiker*innen leisten?

Wintersemester 2020/21

Was ist Public History?

Geschichte in der Öffentlichkeit boomt. Öffentliche Geschichtsdarstellungen in unterschiedlichsten Medien werden beobachtet und analysiert. Geht es um Geschichte in der Öffentlichkeit und für die Öffentlichkeit, hat sich international die Bezeichnung „Public History“ eingebürgert, in Deutschland wird äquivalent von „Angewandter Geschichte“ gesprochen, in Bremen von „Geschichte in der Öffentlichkeit“. Doch was genau wird mit diesen Begriffen eigentlich beschrieben? Die Seminarteilnehmer*innen fragen nach den zentralen Begriffen, Theorien und Methoden einer „Public History“, die sich als Subdisziplin der Geschichtswissenschaft versteht, und entwickeln diese für das „Bremer Modell“ weiter. Ziel des Seminars ist es, Theorien der „Angewandten Geschichte/Public History“ auf ihre Praxistauglichkeit hin zu untersuchen und die Studierenden darüber hinaus auf ihre Rolle als Vermittler*innen von akademischer Geschichtswissenschaft mit praxeologischer Geschichtsvermittlung vorzubereiten.

50 Jahre Universität Bremen

Aufbauend auf den vorangegangenen Seminaren zur 50-jährigen Geschichte der Universität Bremen im Jahr 2021 twittern die Seminarteilnehmer*innen in diesem eigenständigen Praxismodul Bremer Universitätsgeschichte(n). Nach einem Überblick zur Universitätsgeschichte und ihren Quellen und einer Einführung in autoChirp für Twitter werden Daten, Themen und Bilder für die Timeline zum Universitätsjubiläum ausgewählt. Ziel des Seminars ist es, gemeinsam eine Twitter-Timeline zu entwickeln, die für die Öffentlichkeitsarbeit der Universität im Jubiläumsjahr genutzt werden kann. Darüber hinaus lernen die Student*innen, soziale Medien im akademischen Kontext anzuwenden, vertiefen dabei ihre Kompetenzen, Wissenschaftsgeschichte in die Öffentlichkeit zu vermitteln und erweitern ihr Wissen über die Geschichte der Universität Bremen.

Lernort Online-Archiv

Im Mai 2019 startete das Online-Archiv der Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den Alliierten als International Tracing Service (ITS) im hessischen Arolsen eingerichtet, um die Schicksale von Verfolgten des NS-Regimes zu klären, hat sich die Einrichtung zu einem Dokumentations-, Informations- und Forschungszentrum zur Geschichte von NS-Verfolgung, NS-Zwangsarbeit und der Shoah entwickelt und gehört seit 2013 zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Heute werden aus den Dokumenten alle Inhalte erfasst, die für Suche, Dokumentation, Forschung und Bildung interessant sein könnten – bei rund 30 Millionen Originaldokumenten eine gigantische Aufgabe. Anhand von Listenmaterial aus Konzentrationslagern werden im Seminar Schicksale von NS-Verfolgten recherchiert und Vermittlungstools entwickelt, die einer breiten Öffentlichkeit Möglichkeiten des aktiven Gedenkens bieten. Ziel des Seminars ist es, Wissen über NS-Verfolgung in die heutige Gesellschaft zu bringen und einen Beitrag zu den aktuellen Debatten um Erinnerung und Rassismus zu leisten.

Aktualisiert von: Anna Leinen