Myriam Macé hilert dort einen Vortrag mit dem Titel “« Scrutant le génotype à travers le phénotype » - Fotografien als Erinne-rungsträger einer südkoreanischen Kindheit im Comic Hanbok von Sophie Darcq (2023)”.
Abstract:
Mit diesen Worten beschreibt Fabrice Neaud einleitend das Langzeitprojekt und Erstlingswerk von Sophie Darcq, in dem sie sich mit ihrer Adoptionsgeschichte auseinandersetzt. Wie äußere Erscheinung, Selbstwahrnehmung und Identitätskonstruktion mit genetischer Herkunft verwoben sind, untersucht die Autorin anhand von Kindheitserinnerungen, die sich ausschließlich in Form von Fotografien erhalten haben. Als Kleinkind gemeinsam mit ihren drei Schwestern von einem französischen Paar adoptiert, nehmen die vergessenen frühen Jahre in Südkorea erst durch gefundenes Bildmaterial allmählich Gestalt an. Zwanzig Jahre nach ihrer Reise als junge Erwachsene zu den biologischen Wurzeln erzählt sie in ihrer Bande Dessinée von dieser Spurensuche.
Formal-ästhetisch kombiniert Darcq unterschiedliche Stile – von minimalistischen Linien bis hin zu fotorealistischen Portraits von Familienmitgliedern. Wann erkennt sie in minutiös nachgezeichneten Gesichtszügen einen Ausdruck ihres Genotyps? Wann erscheint der Phänotyp als bloße Oberfläche – und wann wird er zum Träger innerer, erinnerter oder imaginierter Identität? Wann lässt sie Gesichter verschwimmen, in Schatten tauchen oder ganz verschwinden?
In meinem Vortrag möchte ich untersuchen, wie Sophie Darcq bildnerische Mittel einsetzt, um ihre verlorene südkoreanische Kindheit in einer Pluralität von Darstellungsformen zu rekonstruieren. Dabei interessiert mich auch, wie ihre Arbeit in die Tradition und Weiterentwicklung autobiografischer Erzählformen im Comic einzuordnen ist. Welche Rolle spielt die Fotografie dabei als Medium persönlicher Erinnerung – gerade in ihrer fragmentarischen und lückenhaften Beschaffenheit? Theoretische Überlegungen etwa von Roland Barthes (1980) zur Beziehung von Bild und Erinnerung werden als konzeptuelle Bezugspunkte mit einfließen.

