Forschung

Deutschsprachige Literatur von AutorInnen osteuropäischer Herkunft

Internationale Tagung an der Universität Bremen, 9.-11. November 2017


Handbuch „Postkolonialismus und Literatur“. Erscheint in Ko-Herausgeberschaft mit Dirk Göttsche (Nottingham) und Gabriele Dürbeck (Vechta) 2017 im Metzler Verlag

Das Handbuch Postkolonialismus und Literatur verbindet die Einführung in die postkoloniale Theorie und ihre Aufnahme in den Literatur- und Kulturwissenschaften mit einer kritischen Zwischenbilanz der deutschsprachigen und internationalen Forschung zum Thema. Es bietet damit erstmals einen umfassenden Überblick über dieses internationale und interdisziplinäre Forschungsfeld. Es gliedert sich in einen Theorieteil, einen lexikalischen Teil mit Grundbegriffen der postkolonialen Forschung, einen Teil zur Literatur- und Mediengeschichte des Kolonialismus und Postkolonialismus in den betroffenen Kulturräumen Europas sowie einen Anhang mit historischen Überblicken und weiterführenden Informationen. Das Handbuch richtet sich an wissenschaftliche Leserinnen und Leser, möchte aber auch für interessierte Laien und insbesondere Studierende der Kulturwissenschaften, der Germanistik, Anglistik, Romanistik, Komparatistik und anderer literaturwissenschaftlicher Fächer eine verlässliche Basis zur Auseinandersetzung mit der deutschen und europäischen Kolonialgeschichte, ihren kulturellen Resonanzen und Folgen sowie ihrer postkolonialen Aufarbeitung in Literatur und Kultur der Gegenwart bereitstellen. Die Vermittlung sachlicher Informationen, historischer und diskursiver Zusammenhänge sowie aktueller Forschungsstände in diesem nicht leicht überschaubaren und vielstimmigen Forschungsfeld bildet den Schwerpunkt des Handbuchs. Zugleich will es gezielt Akzente setzen, interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern und in Theorie und Sachforschung Innovationen anstoßen.


Arbeit und Muße um 1800

Habilitationsprojekt, Dr. Jan Gerstner

Ausgehend von den weitreichenden Transformationsprozessen um 1800 widmet sich das Projekt mit der Arbeit und ihren jeweiligen Gegenbegriffen (Muße, Müßiggang, Faulheit) einem Komplex, an dem sich jener Wandel paradigmatisch und bis heute folgenreich niederschlägt. Die Transformation des Begriffs und der Organisation der Arbeit betrifft die Literatur auf unterschiedlichen Ebenen, von der sozialen Stellung des Schriftstellers bis zum Umgang mit überkommenen literarischen Formen. Im Zentrum des Projekts stehen vor diesem Hintergrund klassische literarische Entwürfe der Nicht-Arbeit und Muße. Als besonders ergiebig erweist sich dabei aus mehreren Gründen die Idylle und die mit ihr zusammenhängenden Topoi und Assoziationskomplexe. Zum einen lassen sich die Transformationen der Schreibweisen und Konzeptionen von Idyllen, bis hin zur Auflösung des Genres, im untersuchten Zeitraum mit den Wandlungen des Phänomens und Begriffs der Arbeit vermitteln. Es wird in diesem Zusammenhang herausgearbeitet, in welchem Ausmaß die Idylle im ausgehenden 18. Jahrhundert zum Medium der Diskussion gesellschaftlicher und diskursiver Umbrüche wird. Zum anderen ist die Verbindung von Arbeit/Nicht-Arbeit und Idylle (bzw. mit ihr verwandter Topoi der Muße oder des Müßiggangs) vor dem weiteren Hintergrund von Prozessen der Verzeitlichung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu betrachten. In welcher Beziehung steht die Auseinandersetzung mit einer primär räumlich geprägten und von einer statischen Zeitlichkeit gekennzeichneten ästhetischen Form wie der Idylle zur Herausbildung von Konzepten des Fortschritts oder einer auf Quantifizierbarkeit von Zeit angelegten Organisation von Arbeit? Wie wird umgekehrt das Verhältnis von ästhetischer Erfahrung und Erwerbsleben in dieser Konstellation bestimmt? Welche Beziehungen gehen schließlich Fortschrittskonzepte, literarische Topoi und die lebensweltliche Erfahrung verschiedener Arbeits- und Mußeformen ein? In der Untersuchung verschiedener Textsorten wie Reiseberichten, ästhetischen Reflexionen und literarischen Texten im engeren Sinne verfolgt das Projekt entlang dieser Fragen wesentliche Momente der Genese einer modernen Arbeitsgesellschaft und ihrer konstitutiven Gegenentwürfe.


Postkolonialität und Exil: Deutschsprachige Literatur und kulturelle Differenz in den Amerikas

Habilitationsprojekt, Dr. Linda Maeding

Im lateinamerikanischen Exil wurden die aus dem Dritten Reich Vertriebenen nach 1933 vielerorts mit den Spuren der europäischen Kolonisierung konfrontiert. Das Projekt setzt die Exilerfahrung ins Verhältnis zu postkolonialer Theoriebildung, um die Produktivität dieser Konstellation in der Analyse von Werken deutschsprachiger Autoren in den Amerikas zu explizieren und die in den Texten angelegte Wahrnehmung kultureller Differenz auf ihre strukturelle Verbindung zu europäischen Zwangs- und Gewalterfahrungen hin zu befragen. Dafür soll auch der innerhalb der germanistischen postkolonialen Studien kaum berücksichtigte Beitrag lateinamerikanischer Autoren zur Bestimmung von (Post-)Kolonialität und Moderne aufgearbeitet werden: Seit den späten 30er Jahren betrieben die lateinamerikanischen Intellektuellen ebenso wie das Exil eine intensive Auseinandersetzung mit der europäischen Moderne.

Zwar ist die deutschsprachige Exilliteratur per se keine postkoloniale Literatur. Die kulturtheoretischen Auseinandersetzungen über die Codierung und Effektivität kultureller Differenz und den Umgang mit Alterität betreffen aber auch das deutschsprachige Exil im (post-)kolonialen Kontext seiner Aufnahmeländer und das Exilsubjekt in der Doppelrolle als Europäer in kolonialer Tradition und selbst Gewalt ausgesetztem Flüchtling. Zudem kann die Exilliteratur mit „postkolonialem Blick“ gewinnbringend betrachtet werden, weil in ihr einschlägige Situationen und Diskurse konfiguriert werden: am offensichtlichen interkulturelle Begegnungen, Sprachübernahmen und identitäre Hybridisierungen im Kontext gesellschaftlicher Machtasymmetrien. Die Überkreuzungen empirischer und theoretisch sowie poetologisch konzipierter Inter- bzw. Transkulturalität werden an Autoren wie Paul Zech, Gustav Regler und Egon Schwarz verfolgt.


Spiegelzeiten – Spiegelräume. Temporalität, Räumlichkeit und Historizität in (post-)kolonialen Literaturen

Dissertationsprojekt, Simone Brühl

In der Auseinandersetzung mit (post-)kolonialen Literaturen sind die Kategorien Raum und Zeit grundlegend: Imaginationen des ‚Anderen‘ sind, so scheint es, an räumliche und zeitliche Distanzierungsfiguren gebunden. Die Rückversetzung des ‚Primitiven‘ in eine ungeschichtliche Vorzeit, wie sie Hegel vornimmt, ist dabei paradigmatisch. Die Kolonie wird zu einem fernen Ort, an dem eine andere Form von Zeitlichkeit herrscht; den Kolonisierten wird die Zeitgenossenschaft mit den Kolonisierenden abgesprochen. Unterdessen überlagern sich im kolonialen Raum ‚europäische‘ Diskurse und Konzepte von Temporalität und Räumlichkeit. Als Spiegel und ‚Anderes‘ des Westens ist er Heterotopie und -chronie zugleich.

Während Analysen zur räumlichen Verfasstheit des Kolonialismus und zu deren textuellen Repräsentationen seit dem spatial turn in den 1980er Jahren große Beachtung in der postkolonial interessierten Literaturwissenschaft finden, bleiben Untersuchungen der temporalen – und damit verbunden: historiographischen – Konstitution des Anderen Randphänomene. Dennoch formen Zeitregime den Diskurs über das ‚Andere‘. Raumzeitliche Ordnungen strukturieren nicht nur die literarische Repräsentation des ‚Eigenen‘ und des ‚Fremden‘, sondern sie fungieren auch als poetologische Organisationsprinzipien vieler Texte. Am Beispiel von deutsch- und englischsprachigen Romanen des 20. Jahrhunderts sollen die chronotopische Verfasstheit kolonialer Strukturen und ihre ästhetischen Manifestationen untersucht werden.


Schreiben als Selbst(er)findung. Selbstauslegungen in deutschsprachiger Literatur von Autoren mit irakischem Hintergrund.

Disserationsprojekt, Sarah Fortmann-Hijazi

Die deutschsprachige Literatur von bi- und plurikulturellen Autoren ist in den vergangen Jahrzehnten, trotz anhaltender Marginalisierungen, vermehrt ins Blickfeld der germanistischen Forschung gerückt. Davon fast ausgeschlossen ist die deutschsprachige Literatur von Autoren mit Bezug zur arabischen Welt. Somit versucht das Dissertationsprojekt ein Forschungsdesiderat zu füllen, indem bisher kaum beachtete Texte von Autoren mit irakischem Hintergrund untersucht werden. Im Zentrum der Arbeit stehen die Werke des deutsch-kurdischen Autors Sherko Fatah, des österreichisch-irakischen Autors Semier Insayif und des irakischen Exilautors Abbas Khider. In allen ausgewählten Texten spielt das Gehen, die Fortbewegung, eine zentrale Rolle. Wenngleich die Orte, an denen sich die Figuren bewegen, stark voneinander abweichen, so drückt sich im Gehen die gemeinsame Suche nach und Auseinandersetzung mit der irakischen Identität aus. Dabei gilt es insbesondere zu schauen, wie an die von Gewalt und Verfolgung dominierten Biographien der Figuren erinnert wird. Und weiter wird gefragt, welche narrativen, formal-ästhetischen und sprachlichen Verfahren die Autoren zur Darstellung verschiedener Krisenerlebnisse (Verlust von Verwandten und Heimat, Verlust von Erinnerungen, Schreib- und Sprachkrise) anwenden und welche Formen und Strategien selbstbezüglichen Schreibens hierüber in den Texten hervortreten.

Utopie im Exil. Literarische Figurationen des Imaginären

Internationale Tagung an der Universität Bremen, 14.-16. April 2016
Kooperation mit Marisa Siguan (Barcelona)

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/tagungen/


Idyllen in Gegenwartsliteratur und -medien

22.-23. September 2015
Finanzierung: Stiftung Erneuerbare Freiheit und Zentrale Forschungsförderung der Universität Bremen
Kooperation mit Christian Riedel (Flensburg)

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/tagungen/


Arno Schmidt und der Kanon

Internationale Tagung an der Universität Bremen, 23.-25. September 2014
Kooperation mit Sabine Kyora (Oldenburg)
Finanzierung: Thyssen Stiftung

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/aktuelles/


Das Gedächtnis des Kolonialismus in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

Internationaler Workshop an der Universität Bremen, INPUTS Denkplatz, 16.-17. Juni 2014
Kooperation mit David Simo (Yaoundé), Christof Hamann (Köln) und Michael Hofmann (Paderborn)
Finanzierung: DFG

Nähere Informationen: http://www.fb10.uni-bremen.de/inputs/professuren/denkplatz2014.aspx


Germanistik als Sprach-, Kultur- und Geschichtswissenschaft: Der ‚neue deutsche (Kolonial-)Roman‘ und die postkolonialen, kulturwissenschaftlichen und interkulturellen Studien

Humboldt-Kolleg in Lomé (Togo), 12.-16. April 2014
Kooperation mit Adjaï Oloukpona-Yinnon (Lomé) und Anna Babka (Wien)
Finanzierung: Alexander von Humboldt-Stiftung, Universität Bremen, Universität Wien

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/aktuelles/


Reiseliteratur der DDR. Bestandsaufnahme und Modellanalysen

Internationale Tagung im Literaturforum im Brecht-Haus, Chausseestr. 125, 10115 Berlin-Mitte, 5.-7. März 2013 
Kooperation mit Michael Hofmann (Paderborn)
Finanzierung: Thyssen Stiftung

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/tagungen/


(Post-)Colonialism Across Europe: Transcultural History and National Memory

Internationale Konferenz an der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit der Universität Nottingham (Dirk Göttsche), 13.-15. September 2012
INPUTS (Institut für Postkoloniale und Transkulturelle Studien)
Finanzierung: DFG

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/tagungen/


Orient-Diskurse in der deutschsprachigen Literatur von 1890 bis zur Gegenwart

Internationale Tagung am Institut für kulturwissenschaftliche Deutschlandstudien, Universität Bremen, 19.-21.1.2012
Kooperation mit Michael Hofmann (Paderborn)

Nähere Informationen: http://www.deutschlandstudien.uni-bremen.de/tagungen/


Perspektiven der postkolonialen Studien

Internationale Tagung an der Universität Bremen 15.-16.9.2011
Kooperation mit Gabriele Dürbeck (Vechta)
Finanzierung: DFG

Programmflyer